Herrin Der Stürme - 2
genetische Manipulationen unseres Samens zu züchten! Aber das mit meinen eigenen Söhnen und Töchtern tun? Willkürlich ein Leben zerstören, das ich selbst gegeben habe? Der Gedanke daran macht mich krank!« »Ich bin nicht der Bewahrer deines Gewissens, oder Cassandras«, sagte Renata. »Das ist nur eine Möglichkeit. Es wird andere geben, die dir besser gefallen. Aber ich halte sie für das kleinere Übel. Ich weiß, daß ich eines Tages zur Heirat gezwungen und verpflichtet werde, meiner Kaste Kinder zu gebären. Ich werde mich dann vor zwei Alternativen gestellt sehen, die mir fast gleichermaßen grausam erscheinen: meiner Kaste Monster zu gebären, oder sie noch in meinem Leib zu vernichten.« Allart konnte ihr Entsetzen sehen.
»Ich bin Überwacherin geworden, um nicht unwissentlich zu diesem Zuchtprogramm beizutragen, das diese Monstrositäten in unser Volk gebracht hat. Jetzt, da ich weiß, was ich tun muß, ist es noch weniger erträglich geworden. Ich bin kein Gott, daß ich bestimmen könnte, wer leben und wer sterben wird. Vielleicht haben du und Cassandra letztlich doch richtig gehandelt, indem ihr kein Leben gebt, das ihr später wieder entziehen müßtet.«
»Und während wir auf diese Wahlmöglichkeiten warten«, sagte Allart bitter, »laden wir Batterien auf, damit Müßiggänger mit Luftwagen spielen können. Wir erleuchten ihre Häuser, damit sie sich die Hände nicht mit Harz schmutzig zu machen brauchen. Wir fördern Metalle, um anderen die Arbeit zu ersparen, sie zutage zu bringen, und schaffen immer schrecklichere Waffen, mit denen man Leben vernichtet, über die wir nicht den Schatten eines Rechts haben.«
Renata erblaßte. »Nein! Das habe ich nicht gehört. Allart, ist das dein Vorausblick, wird wieder Krieg ausbrechen?«
»Ich habe es gesehen und unbedacht ausgesprochen«, sagte Allart und schaute sie verzweifelt an. Die Klänge und Bilder des Krieges waren schon da und verwischten die Gegenwart. Er dachte: Vielleicht werde ich im Gefecht getötet und davor bewahrt, weiterhin mit dem Schicksal oder meinem Gewissen zu hadern!
»Es ist dein Krieg und nicht meine Angelegenheit«, sagte Renata. »Mein Vater hat mit Serrais keinen Streit und keinen Bündnisvertrag mit Hastur. Wenn der Krieg erneut ausbricht, wird er nach mir schicken und verlangen, daß ich nach Hause zurückkehre und heirate. Oh, gnädiger Avarra, da gebe ich dir Ratschläge, wie du und deine Frau eure Ehe führen sollt, und habe selbst weder den Mut noch die Vernunft, meiner eigenen entgegenzusehen! Ich wünschte, ich hätte deinen Vorausblick, Allart, um zu wissen, welche der Wahlmöglichkeiten mir das geringste Übel bringt.«
»Ich wünschte, ich könnte es dir sagen«, entgegnete er und ergriff einen Augenblick lang ihre Hände. Sein Laran zeigte jetzt deutlich, daß Renata und er zusammen nach Norden ritten … wohin? Zu welchem Zweck?
Das Bild verblaßte und wurde durch einen Wirbel von neuen ersetzt: dem schwebenden Flug eines großen Vogels – war es wirklich ein Vogel?
-, dem entsetzten Gesicht eines Kindes, erstarrt im Glanz von Blitzen. Ein Regen herabfallenden Haftfeuers, ein großer Turm, der zusammenbrach, zermalmt wurde, zu Schutt zerschmettert. Renatas Gesicht, von Zärtlichkeit entflammt, ihr Körper unter seinem… Von den wirbelnden Bildern benommen, versuchte Allart, die sich anhäufenden Zukunftsmöglichkeiten zu verdrängen.
»Vielleicht ist das die Antwort«, meinte Renata mit plötzlicher Heftigkeit. »Ungeheuer zu züchten und sie auf unser Volk loszulassen, immer schrecklichere Waffen zu bauen, unser verfluchtes Volk wegzuwischen und die Götter ein neues erschaffen zu lassen, das nicht den entsetzlichen Fluch des Laran trägt!«
Es war plötzlich so still, daß Allart die Morgengeräusche erwachender, zirpender Vögel und die weichen, feuchten Laute der Wolkenwellen an den Ufern von Hali hören konnte. Renata zog zitternd den Atem ein. Aber als sie weitersprach, war sie wieder ruhig, ganz die disziplinierte Überwacherin.
»Aber das ist weit entfernt von dem, was mir dir zu sagen auferlegt worden ist. Um unserer Arbeit willen, du und Cassandra dürft nicht wieder im selben Matrixkreis arbeiten, bis mit euch alles in Ordnung ist; bis ihr Liebe gegeben und empfangen habt und euch einig seid, ohne Wankelmut und Begehren Freunde sein zu können. Im Moment könnt ihr vielleicht in verschiedenen Kreisen untergebracht werden. Immerhin gibt es hier achtzehn, und ihr könntet getrennt arbeiten. Aber wenn
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