Herrin Der Stürme - 2
würde, daß du ihn gegen seinen Willen vergewaltigt hast.«
Cassandra wurde rot. »Dennoch, wäre ich stärker und fähig gewesen, mein Verlangen zu unterdrücken …«
»Cassandra, es ist geschehen und kann nicht rückgängig gemacht werden. Alle Schmiede in Zandrus Schmiedewerkstätten können ein zerbrochenes Ei nicht wieder heil machen. Du bist nicht der Hüter von Allarts Gewissen. Jetzt kannst du nur nach vorn blicken. Vielleicht ist es ganz gut, daß er dich eine Weile verlassen muß. Es wird euch beiden die Gelegenheit geben zu entscheiden, was ihr in Zukunft tun wollt.« Cassandra schüttelte den Kopf. »Wie kann ich allein eine Entscheidung treffen, die uns beide angeht? Es ist an Allart zu sagen, was danach geschieht. Er ist mein Ehemann und mein Fürst!«
Renata wirkte plötzlich gereizt. »Diese Einstellung ist es, die die Frauen dahin gebracht hat, wo sie jetzt sind! Im Namen der Seligen Cassilda, Kind, hältst du dich immer noch für eine Gebärmaschine und ein Spielzeug der Begierde? Wach auf, Mädchen! Glaubst du, Allart begehrt dich nur aus diesen Gründen?«
Cassandra blinzelte verblüfft. »Was kann eine Frau sonst sein?« »Du bist keine Frau!« sagte Renata zornig. »Du bist noch ein Kind! Jedes Wort, das du sagst, bezeugt das! Hör mir zu, Cassandra. Als erstes bist du ein menschliches Wesen, ein Kind der Götter, eine Tochter deines Clans, die Laran besitzt. Glaubst du, du hättest es nur, um es an deine Söhne weiterzugeben? Glaubst du ernsthaft, du besäßest für Allart keinen anderen Wert, als den, sein Bett zu teilen und ihm Kinder zu schenken? Mein Gott, Mädchen, das könnte er von einer Konkubine haben, oder einer Riyachiya …«
Cassandras Wangen erglühten in zornigem Rot. »Es ziemt sich nicht, über solche Dinge zu reden!«
»Sondern nur, sie zu tun?« erwiderte Renata wutentbrannt. »Die Götter haben uns als denkende Geschöpfe erschaffen. Meinst du, sie hätten die Frauen nur als Zuchttiere ausersehen? Wenn das so ist – warum haben wir dann einen Verstand, Laran, und Zungen, um unsere Gedanken zu äußern? Man hätte uns dann doch nur hübsche Gesichter, Geschlechtsorgane, Bäuche, um die Kinder auszutragen, und Brüste, um sie zu ernähren, zu geben brauchen. Glaubst du, die Götter hätten nicht gewußt, was sie tun?«
»Ich glaube nicht, daß es überhaupt Götter gibt«, gab Cassandra zurück, und die Bitterkeit in ihrer Stimme war so groß, daß Renatas Zorn verrauchte. Auch sie hatte diese Art von Bitterkeit erfahren. Sie war noch immer nicht ganz frei davon.
Sie legte ihre Arme um das Mädchen und sagte sanft: »Cousine, wir haben keinen Grund, uns zu streiten. Du bist jung und unerfahren. Wenn du lernst, dein Laran zu benutzen, wirst du vielleicht anders über das denken, was du bist – nicht nur als Allarts Frau. Möglicherweise wirst du eines Tages Herrin deines eigenen Willens und Gewissens sein, und dich nicht darauf verlassen, daß er die Entscheidungen für euch beide trifft. Und du wirst ihm auch nicht mehr die Bürde deiner Sorgen zusätzlich zu den seinen auferlegen.«
»Daran habe ich nie gedacht«, gestand Cassandra und barg ihr Gesicht an Renatas Schultern. »Wäre ich stärker gewesen, hätte ich ihm diese Bürde nicht auferlegen müssen. Ich habe ihm die Schuld an meiner Verzweiflung, die mich in den See getrieben hat, gegeben. Dabei hat er nicht mehr getan, als seinem Empfinden zu folgen. Wird man mich lehren, stark zu sein, Renata? So stark wie du?«
»Stärker, hoffe ich, Chiya«, sagte Renata und küßte sie auf die Stirn. Aber ihre Gedanken waren finster. Für sie habe ich Ratschläge, aber mit meinem eigenen Leben werde ich nicht fertig. Jetzt flüchte ich zum dritten Mal vor der Ehe und stürze mich auf diese unbekannte Arbeit in Aldaran, wo es um ein Mädchen geht, das ich nicht kenne und mich nicht im geringsten interessiert. Ich sollte hierbleiben und meinem Vater den Gehorsam verweigern, statt nach Aldaran zu gehen und einer Unbekannten beizubringen, das Laran zu steuern, mit dem ihre närrischen Vorfahren sie beglückt haben. Was bedeutet mir dieses Mädchen, daß ich mein eigenes Leben vernachlässige, um ihr zu helfen? Aber sie konnte sich ihrem Status nicht entziehen. Sie war eine Leronis, mit der Begabung geboren, und konnte sich glücklich schätzen, die Turmausbildung erhalten zu haben. Schon deswegen war sie verpflichtet, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um anderen, die weniger Glück gehabt hatten, zu helfen, mit ihrer
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