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Herrin des Blutes - Thriller

Herrin des Blutes - Thriller

Titel: Herrin des Blutes - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bryan Smith
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verbalen Vorstößen zunehmend mutiger geworden. Dream wusste, dass Marcy sie auf die Probe stellte, um zu sehen, wie weit sie gehen konnte. Sie bewegte sich auf extrem dünnem Eis. Der Druck, der sich in Dream aufbaute, war immens. Es fehlte nicht mehr viel, um eine Explosion hervorzurufen. Und sie hatte das unbestimmte Gefühl, ihre nächste Explosion würde jeden auslöschen, der sich in Reichweite befand.
    Dream zitterte erneut und sah Marcy an. »Das Biest ist nicht meine Freundin. Eher im Gegenteil.«
    Marcy grinste hämisch. »Da behauptet sie aber was ganz anderes. Sie meint …«
    »Ich weiß, was sie meint.« Dream wandte sich vom Geländer ab und lehnte sich zu Marcy. Über deren Schulter erhaschte sie aus dem Augenwinkel einen Blick auf Alicia. Die schwarze Frau stand knapp 20 Meter links von ihr, den Blick auf den Wasserfall gerichtet. »Und vielleicht glaubt sie sogar selbst daran. Aber sie ist nicht Alicia, noch nicht mal eine Wiedergeburt von ihr. Sie mag vielleicht einen winzigen Rest von Alicias Wesen in sich tragen, einen Teil, der aus meinem Unterbewusstsein stammt. Wenn überhaupt, ist sie ein abgefuckter Klon oder eine Kopie. In diesem … Viech steckt zwar einiges von der Alicia, an die ich mich erinnere, aber es ist alles komplett entartet.« Sie runzelte die Stirn. »Ich weiß auch nicht genau, wie ich das treffender ausdrücken soll.«
    Marcy verzog die Augenbrauen. »Wie bei einem verstümmelten Datentransfer? Statische Störungen oder Interferenzen, die dazu führen, dass ein Teil der Informationen zurückbleibt und andere als kompletter Datensalat ankommen?«
    Dream zuckte mit der Schulter. »Ja, so was in der Art, schätze ich.«
    Marcy nickte, als wüsste sie genau, was Sache war. »Dieser übernatürliche Fluch in dir hat anhand der letzten Erinnerungen an Alicia eine Art Hülle erschaffen und dann eine fehlerhafte Kopie ihrer Psyche in ihr wiederhergestelltes Gehirn runtergeladen.« Sie lachte und schüttelte den Kopf. »Das ist wie in einem ganz miesen Trashfilm. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob ich daran glauben soll, aber eine wandelnde Leiche wäre ähnlich wahrscheinlich.«
    Dream schwieg. Sie spähte erneut über Marcys Schulter in Richtung Alicia. Diese hatte das dünne Cocktailkleid gegen Jeans, ein langärmliges Thermoshirt und eine leichte Jacke eingetauscht, die der ähnelte, die Dream trug. Sie wirkte jetzt fast normal. Und das lag nicht allein an der Kleidung. Sie hatte zwar immer noch zahllose Verletzungen am ganzen Körper und wirkte aufgedunsen, wenn man genau hinsah, aber die offenen Schnittwunden verwandelten sich allmählich in Narben.
    Mit jedem Tag sah sie ein wenig besser aus, und Dream nahm an, dass sie schon bald vollständig wiederhergestellt sein würde. Dass sich ihr Zustand verbesserte, war beunruhigend, wenn auch längst nicht so beängstigend wie die Tatsache, dass andere Menschen die tote Frau nun ebenfalls sehen konnten. Dadurch verringerte sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie halluzinierte oder den Verstand verlor – ein Szenario, das sie entschieden weniger aufwühlte als die Vorstellung, sie habe Alicia durch einen unbewussten Akt roher Magie heraufbeschworen und auf diese Existenzebene zurückgeholt. Erneut formte sich ein Abbild des Mädchens im gelben Regenmantel in ihrem Geist, und einmal mehr musste Dream der Möglichkeit ins Auge blicken, dass sie in der Lage war, diesen Schöpfungsakt zu wiederholen.
    Sie dachte darüber nach. Die tote Frau schien sich von der Kraft zu nähren, die in Dream schlummerte und einen Teil ihrer Energie abzuzapfen, um selbst realer zu wirken. Dass sie in gewisser Weise voneinander abhängig waren, stand außer Frage, aber Dream hatte keine Ahnung, wie tief die Verbindung reichte. Sie fragte sich, ob Alicia sie nach wie vor brauchte, nachdem sie jetzt auch in der körperlichen Welt über Gestalt und Substanz verfügte. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, die Kreatur würde nicht mehr existieren, wenn diese idiotischen Kids sie in jener Nacht einfach umgebracht hätten, anstatt sie zu verschleppen. Dass sie entweder sofort erloschen oder eine Zeit lang in einem undefinierten Stadium der Semi-Existenz verblieben wäre, bevor sie endgültig verblasste.
    Aber nun …
    Nun würde sie bleiben. Sollte Dream einen Kopfsprung von der Rainbow Bridge wagen, würde Alicia hier oben hinter dem Geländer warten. Sie würde zusehen, wie das Wasser Dream verschluckte und mit sich nahm. Dann würde sie diesen Ort verlassen und

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