Herrin des Blutes - Thriller
Viele von ihnen hatten einst dem US-Militär angehört. Jack Paradise hatte sie rekrutiert, und nun standen sie unter seinem Kommando und waren die erste Verteidigungslinie gegen den Feind, von dem Jack sicher wusste, dass er sie eines Tages attackieren würde.
Als Chad sich der Tür der nächstgelegenen und zugleich größten Hütte näherte, trat der bewaffnete Wachmann, der schwere Schutzkleidung trug, einen Schritt zur Seite, um ihm Einlass zu gewähren. Er erkannte den höheren Rang, den Chad innerhalb der Hierarchie von Camp Whiskey innehatte, mit einem einzelnen knappen Kopfnicken an.
Chad war für die anderen Überlebenden von Unten nach wie vor ein Held. Sie erinnerten sich alle noch gut an die entscheidende Rolle, die er bei der Revolte im Haus des Blutes gespielt hatte. Was vollkommen in Ordnung war. Aber die Ehrerbietung, mit der sie ihm begegneten, empfand er als unangenehm.
Das hier war der einzige Ort auf der Welt, an dem er sich wahrhaft wohlfühlte.
Chad klopfte an die Holztür und kündigte sein Erscheinen lautstark an. Er öffnete und trat ein. Im Inneren war es dunkel und vor den Fenstern hing ein schwerer, dunkler Baumwollstoff. Die einzige bescheidene Beleuchtung stammte von der roten Glühbirne einer gusseisernen Bodenlampe und den flackernden Flammen einer Handvoll Kerzen. Rund um die Köpfe der Personen, die sich an einem Tisch in der Mitte des Raumes versammelt hatten, waberten dünne Rauchschwaden. Chad nahm den Geruch von Cannabis, Tabak und Bourbon wahr. Leise Sitar-Musik drang aus den winzigen Lautsprechern eines Gettoblasters, der auf einer mit Gewehren vollgestopften Kiste stand.
Jim quittierte Chads Ankunft mit einem trägen Winken. »Chad. Setz dich zu uns.«
Chad nickte, ging auf den Tisch zu und zog einen Korbstuhl gegenüber von Jim zu sich heran. »Wie ich sehe, seid ihr gerade tief in eure tägliche Meditation versunken.« Er setzte sich auf den knarrenden Stuhl und stellte seine Bierflasche auf der staubigen Holzplatte ab. »Heute schon irgendwelchen neuen universellen Wahrheiten auf die Spur gekommen?«
Jims Augen waren hinter einer dunklen Sonnenbrille verborgen, aber seine Mundwinkel verzogen sich ganz langsam zu einem halbherzigen Lächeln. »Was wir hier tun, Chad, ist, uns einem uralten Ritual hinzugeben, das Kennern unter der Bezeichnung ›sich bis zum Abwinken zudröhnen‹ bekannt ist. Du solltest dich uns anschließen.«
Jack Paradise griff nach einem Glas, das zwei Fingerbreit mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt war, und gluckste amüsiert, bevor er einen Schluck nahm. »Jim dröhnt sich zu. Ich für meinen Teil bevorzuge einen langsam anschwellenden Genuss.« Er starrte auf das Glas, das er mit seinen beiden großen Pranken umfasst hielt. In seine Augen war ein gequälter Ausdruck getreten. »Immerhin könnte die Kacke hier jeden Moment anfangen zu dampfen.«
Jack hockte neben Jim auf der anderen Seite des Tisches. Direkt gegenüber von Jack saß Wanda Lewis, während ihrer Zeit Unten als Wütende Wanda bekannt. Wandas dunkles Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie trug figurbetonte Kleidung in gedeckten Tönen. Zwischen zwei Fingern ihrer rechten Hand glühte eine dünne, braune Zigarette. Sie sah Chad mit einem sanften, benebelten Lächeln an und sagte: »Und ich würde nicht unbedingt sagen, dass ich zugedröhnt bin, aber ich bin ganz sicher nicht sonderlich nüchtern.« Sie lachte, lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und führte ihre Hand zum Mund, um einen Zug von der Zigarette zu nehmen. »Könnte aber durchaus sein, dass sich das in nicht allzu ferner Zukunft ändert.«
Jetzt entdeckte Chad die schlichte Plastik-Bong, die in der Mitte des Tischs stand. Es war die Art von Haschpfeife, die sich ein Erstsemester für 15 Dollar in einem Hanfladen auf dem Campus kaufen würde. Daneben lagen eine 45er-Automatik, ein passendes Magazin und eine geöffnete Schachtel mit Munition. Chad beobachtete, wie Jim das leere Magazin an sich nahm und mit Patronen fütterte. Er ging dieser Aufgabe sehr langsam und gewissenhaft nach, offensichtlich wild entschlossen, sie trotz seines ziemlich zugedröhnten Zustands mit höchster Präzision zu verrichten. Als er fertig war, sicherte er die Waffe und legte sie zurück auf den Tisch.
Jim nahm die Sonnenbrille ab und steckte sie in die Brusttasche seines Hemds. Er stierte Chad mit blutunterlaufenen, aber nüchternen Augen an. »Also, was hast du auf dem Herzen, mein Freund?«
Chad griff nach der
Weitere Kostenlose Bücher