Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
verlieren? Wenn er jetzt abzieht, ist seine gesamte Unternehmung der letzten vier Jahre gescheitert. Er müsste als geschlagener und bankrotter Feldherr nach Rom zurückkehren, seine mühsam gegen Pompeius aufgebaute Machtposition wäre dahin, seine Feinde hätten freie Hand gegen seine Familie. Schlimmer noch: Mit einem derart erstarkten Gegner als Nachbarn wäre auch die bereits befriedete Provinz Gallia Narbonensis nicht mehr sicher. Von anderen außenpolitischen Auswirkungen ganz zu schweigen. Wer würde Rom noch als Weltmacht anerkennen? Wer seinen Schutz und seine Freundschaft suchen? Wer es achten, respektieren und fürchten?
Nein, ein Rückzug würde bedeuten, Rom wäre nach seinem Feldzug schwächer als vorher. Caesars Sicht: Im schlimmsten Fall ist der Tod im Kampf gegen eine Übermacht nichts wirklich Ehrenrühriges.
Zum Entsetzen seiner Legionen beschließt Caesar zu bleiben und sich den Galliern zum Kampf zu stellen.
Dann bricht die Hölle los.
Die Belagerungstruppen werden für mehrere Tage ununterbrochen sowohl von dem herangerückten Entsatzungsheer als auch von den eingeschlossenen Kriegern des Vercingetorix angegriffen. Doch was zuerst wie ein klarer Sieg für die Gallier aussieht, beginnt sichzu einer verlustreichen Angriffsschlacht auf die stark befestigten römischen Positionen zu entwickeln.
Die Verzweiflung der Eingeschlossenen wächst ins Unermessliche angesichts der Tatsache, dass alles, was Gallien an Kampfstärke noch aufzubieten hat, vergebens gegen die zahlenmäßig deutlich unterlegenen Römer anrennt. Allerdings haben diese gleich mehrere Vorteile auf ihrer Seite. Zum einen kämpfen sie mit einer ihnen antrainierten militärischen Disziplin aus befestigten Stellungen heraus. Zum anderen wissen sie, was sie im Falle einer Niederlage erwartet. Die Gallier werden keine Gefangenen machen. Und wenn doch, dann werden die Überlebenden diejenigen, die hier im Kampf sterben, beneiden.
Aber dann betritt zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt ein weiterer Feind der Gallier den Ort des Geschehens. Dieser Feind ist körperlos und kann auch nicht bekämpft werden, denn er steckt in den Köpfen der Kelten. Er ist ein bekannter – auch Caesar bekannter – Teil ihrer Kriegermentalität: Wenn sie im Kampf ihr Ziel nicht beim ersten oder maximal zweiten Anlauf erreichen, dann verlieren sie Lust, Mut und Enthusiasmus. Dass das Gallierheer trotz horrender Verluste und ohne etwas zu bewirken die römischen Positionen über mehrere Tage hinweg immer wieder von Neuem attackiert, ist schon bemerkenswert genug. Doch schließlich siegt das Ursprüngliche, das Keltische in ihnen.
Vercingetorix weiß, dass er verloren hat, als er sieht, wie große Kontingente der vereinten gallischen Streitkräfte den Kampfverband verlassen und sich zerstreuen. Ab jetzt kann er nur noch eines tun. Er bietet seinen Mitstreitern an, ihn hinzurichten oder an Caesar auszuliefern, je nach dem, was nach dem Willen des Römers den Krieg beenden würde.
Am nächsten Tag öffnet sich das Tor von Alesia. Die gallischen Führer reiten in voller Kriegsausrüstung zu Caesars Lager. Als Vercingetorix ihm sein Schwert vor die Füße legt und sich und Gallien ganz und gar dessen Gnade ausliefert, macht er den Feldherrn damit zum mächtigsten Mann Roms. Die noch etwa zwei Jahre lang punktuell aufflammenden Aufstände der Gallier ändern daran nichts. Die andere Seite des Erfolgs: Die Zahl seiner Neider ist nicht kleiner geworden. Im Gegenteil. Als 49 v. Chr. seine Immunität endet, bricht Caesar einen Bürgerkrieg vom Zaun.
Es rettet ihn nicht.
Knapp siebeneinhalb Jahre lang, bis zu Caesars Tod an den Iden des März des Jahres 44 v. Chr., muss Gallien dafür herhalten, Caesar finanziell zu sanieren. Es blutet aus, und zwar in jeder Beziehung. Mehr als eine Million Gallier sind im Krieg gefallen. Eine weitere Million verkauft Caesar in die Sklaverei, um seine leeren Kassen zu füllen. Die Römer übernehmen die Kontrolle über die Bodenschätze und die Landwirtschaft. Wie reich das Land war, zeigt die Tatsache, dass das gallische Gold den Goldpreis um 25 Prozent sinken lässt. Die keltische Kunst in Gallien hört auf zu existieren. Sie war immer eine Kunst der reichen Kriegeraristokratie gewesen, die die notwendigen Mittel hatten, die Materialien einzukaufen und die Handwerker und Künstler zu bezahlen und zu unterhalten. Diese Kriegerfürsten sind nun entweder tot oder übernehmen die Werte und Vorstellungen der neuen Herren. Und so
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