Herrscher
ich bei Hofe ankam, war er schon tot.«
»Ich glaube, Kregant-Desweite war wie die meisten seiner Art. Washavoki töten gern.«
Sevren sah wenig Sinn darin, ihm zu widersprechen. Was hat er außer unseren Kriegen schon von uns gesehen?
Am Spätnachmittag waren sie am Pass. Hinter dem Kamm führte die Straße bergab, doch der Schnee lag hier noch höher. Sevren sah sich zum Absitzen gezwungen und führte Skymere durch die Spur, die Zna-yat für sie austrat. Der Schnee reichte ihm bis an den Bauch, und die Wehen waren höher als sein Kopf. Ohne den vor ihm gehenden Ork wäre er vermutlich umgekehrt.
Sie kamen nur langsam voran und waren beim Einbruch der Nacht noch weit vom Familiensitz der Yat entfernt. Sevren nahm an, dass Zna-yat, wäre er nicht bei ihm gewesen, den Weg fortgesetzt hätte, doch er schlug vor, ein Lager für die Nacht aufzuschlagen. Während Sevren sich um sein Pferd kümmerte, brach Zna-yat Äste von einem Baum ab und zündete ein Feuer an, das kurz darauf brannte.
Als Sevren sah, dass Zna-yats Abendessen aus alten Wurzelresten bestand, bestand er darauf, sein Brot und seinen Käse mit ihm zu teilen. Sie schmolzen Schnee und kochten eine Kräutersuppe, die Sevren mit einem Schuss Branntwein anreicherte.
Zna-yat nippte vorsichtig an dem Getränk. »Schmeckt fast wie Falfhissi.« Er lächelte. »Ein Festmahl! Und es wärmt!«
»Wir werden seine Wärme heute Nacht brauchen.« Sevren hüllte sich fester in seinen Umhang. Sein Blick fiel kurz auf den finsteren Berg. »Dort war ich mit Muth Mauk. Ich dachte, sie würde sterben. Ich war sehr traurig.«
Zna-yat trank noch einen Schluck Branntwein. Dann schaute er Sevren an, denn der Geruch seines Atur war stärker geworden.
»Sie hat mich angeschaut, als hätte sie meinen Geist gesehen«, fuhr Sevren fort. »Ist das möglich?«
»Vielleicht. Sie ist keine normale Mutter.«
»Hai.« Sevren nippte an seinem Getränk und blickte eine Weile ins Feuer. »Du hast dich geirrt, Zna-yat. Ich liebe nicht ihren Körper. Nicht nur, meine ich. Wir haben nie …« Er kannte das entsprechende Wort nicht. »Wir haben nur …« Er machte das Geräusch eines Kusses. »Aber nicht oft. Ich liebe ihre … ihren großen Geist.«
»Ich verstehe dich. Du solltest Muth Mauk treffen. Aber es wird schwer für dich werden.«
»Hai. Das glaube ich auch.«
Am nächsten Morgen standen Sevren und Zna-yat in der Dämmerung auf und setzten ihren Weg fort. Am frühen Nachmittag erreichten sie den Yat-Familiensitz. Dort angekommen, ließ Zna-yat seinen Reisegefährten in einer Kammer am Eingang zurück, da er glaubte, Dar müsse zuerst über Sevrens Ankunft unterrichtet werden. Er begab sich zum Hanmuthi der Königin, wo er von Nir-yat begrüßt wurde. »Es freut mich, dich zu sehen, Bruder.«
»Dein Anblick erfüllt meinen Brustkorb, Schwester. Es ist sicher gut, bei dir Platz zu nehmen und zu reden, doch zuvor muss ich Muth Mauk sprechen.«
»Sie ist bei der Wissenshüterin«, erwiderte Nir-yat und setzte eine ernstere Miene auf. »Sie möchte ihre Geschichte niederschreiben, bevor der Rat sich trifft.«
»Ich bringe Nachrichten aus Taiben. Und Sevren ist bei mir.«
»Ich melde ihr, dass ihr da seid«, sagte Nir-yat. Sie huschte aus dem Raum.
Kurz darauf kehrte sie mit Dar zurück. Dar lächelte zwar, als sie sie Zna-yat sah, doch sie wirkte besorgt. »Muth’la möge dich segnen, Zna-yat. Wie ich höre, bringst du Neuigkeiten. Wo ist Sevren?«
»Er wartet ganz in der Nähe. Vielleicht möchtest du ihn im Großen Saal begrüßen, damit er sieht, was aus dir geworden ist.«
Dar lächelte; seine Gewitztheit schien ihr zu gefallen. »Das ist eine gute Idee.« Sie drückte ihn impulsiv an sich. »Du hast mir gefehlt, Bruder.«
»Du hast mir auch gefehlt.« Als Dar ihn losließ, fiel Zna-yat auf, dass sich ihre Augen mit Wasser gefüllt hatten.
»Was also gibt es Neues?«, fragte Dar. »Wie steht es mit dem Vertrag?«
»Bah Simi ist nun Stellvertreter der Königin.«
»Was?!« Zna-yat sah, dass Dars Gesicht rot wurde. Der Geruch ihres Zorns machte die Luft stechend. »Dieser blöde …« Sie sprach nun in der Zunge der Washavoki, und obwohl Zna-yat ihre Worte nicht verstand, merkte er doch, dass sie böse und zornig klangen. Dann wechselte Dar wieder ins Orkische. »Wie konnte Girta nur so töricht sein? Wer hat ihm diese Vollmacht erteilt? Kein Washavoki hat das Recht, für mich zu sprechen! Gehorchen die Söhne ihm etwa?«
»Thwa, nur die schwarzen Washavoki.
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