Herrscherin des Lichts
Elfe.
„Willst du nicht auch reinkommen?“, forderte Garret sie auf, in seiner Stimme ein winziger Anflug von Ungeduld.
Je schneller sie im Wasser war, sagte sie sich, desto schneller konnte sie ihre scheußlichen Flügel seinem kritischen Blick entziehen. Es wäre nicht das erste Mal, dass er sie sah, aber wenn es ihr gelang, sie zu verbergen, bevor er einen Kommentar zu deren Aussehen abgeben konnte, würde ihr die Peinlichkeit erspart bleiben.
Das Wasser war angenehm kühl und klar. Zum ersten Mal ließ sie sich vom Rand in ein Bassin rutschen, ohne dabei daran zu denken, wie die Nässe ihre Kleidung aufweichen würde, die dann stundenlang kalt und klamm an ihrer Haut klebte, bis sie wieder getrocknet war. Sie hatte, so wie Garret, ihre Sachen ausgezogen und im Gras liegen lassen. Nun sank sie hinab, bis ihr Kopf vollständig unter Wasser war, öffnete die Augen und beobachtete, wie ihre Haare dicht über ihr auf der Oberfläche trieben wie rostfarbener Seetang. Als sie wieder auftauchte, war Garret direkt neben ihr, amüsiert lachend. „Ich hatte ganz vergessen, dass du wahrscheinlich nicht so oft hier bist wie ich.“
Sie schwamm zu einem niedrigen Felsvorsprung in der Nähe des Wasserfalls. „Ich habe nicht viel Zeit.“
„Ab jetzt wirst du sie haben“, versprach Garret und tauchte unter. Er schwamm an ihre Seite und zog sich hoch, um sich neben sie auf den Felsen zu setzen. „Wir können herkommen, sooft du willst. Von mir aus sogar jeden Tag, wenn es dich glücklich macht.“Bei diesen Worten wurde ihr schwer ums Herz. Sie konnte nicht von sich behaupten, jemals wirklich glücklich gewesen zu sein, jedenfalls nicht so, wie er es meinte. Nicht einmal als Kind. Der glücklichste Tag ihres Lebens war der gewesen, an dem ihre Sippe – ihre echte Sippe – sie widerwillig in ihren Kreis aufgenommen hatte. Und selbst da wurde jeglicher Anflug von Freude durch das Wissen getrübt, dass sie, auf vielerlei Weise, nach wie vor eine Außenseiterin blieb.
Garret strich sanft einige lose Haarsträhnen hinter ihre Ohren, dann nahm er ihr Gesicht in seine schlanken Hände. „Ich weiß, manchmal muss es dir so erscheinen, als könnte ich an nichts anderes denken als an mich. Aber ich bin jetzt seit fünf Jahren dein Mentor, und du hättest kaum so lange überlebt, wäre ich tatsächlich so eigensüchtig, wie du glaubst. Ich sehe deinen Schmerz, jeden Tag, und er ist in all dieser Zeit permanent unerträglicher geworden. Ich möchte dich nicht in dieser Verfassung sehen, nie mehr.“ Er beugte sich vor, bis seine Lippen nur Millimeter von ihren entfernt waren. „Lass mich ihn dir nehmen, Ayla. Lass mich dich glücklich machen.“
Es war vermutlich die letzte Chance auf ein besseres Leben, die sie bekommen würde. Und während sie in Garrets Augen blickte, so freundlich und ausnahmsweise absolut ehrlich, wuchs in ihr der Wunsch, wahrhaft glücklich zu sein. Mit ihm.
Sie packte die Gelegenheit beim Schopf.
Im Bruchteil einer Sekunde hatte sie sich in seine Arme geworfen, ihre nassen Körper drängten sich eng aneinander, und er zog sie auf seinen Schoß. Es hätte den Funken eines Gefühls in ihr auslösen können, aber die für sie völlig neue Erfahrung, von einem anderen auf diese Weise berührt zu werden, und das beunruhigende Bewusstsein, dass dieser andere Garret war, ihr Mentor, jemand, den sie bisher nur als solchen gesehen hatte und weniger als männlichen Elfen, machte jegliche potenzielle Regung sofort zunichte. Abgesehen von einem winzigen Kribbelnin ihrem Bauch bei dem Gedanken, dass sie kurz davorstand, etwas zu erleben, das bisher unerreichbar fern und geheimnisvoll für sie gewesen war.
Natürlich hatte Garret sie schon öfter berührt, beim Training, um ihr einen bestimmten Bewegungsablauf zu zeigen oder die korrekte Haltung einer Waffe. Die Art, wie er sie jetzt berührte, war anders. Besitzergreifend und hungrig. Er hielt sich nicht allzu lange bei nur einem Teil ihres Körpers auf. Sein Mund glitt von ihrem Hals hinunter zu ihren Brüsten, seine Hände wanderten rastlos über ihre Hüften. Dabei redete er die ganze Zeit leise auf sie ein, sein warmer Atem ganz dicht an ihrer Haut. Er gelobte, ihr ein guter Gefährte zu sein, versuchte sie zu beruhigen, bat sie, keine Angst zu haben. Sie verspürte keine Angst, behielt dies aber für sich, denn sie fürchtete, er könne darüber enttäuscht sein.
Es geschah alles so plötzlich, dass sie es kaum richtig mitbekam. Ein seltsames Summen
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