Herrscherin des Lichts
ziemlich absurd anmutete.
Es genügte. Seltsamerweise genügte es, einfach neben ihr zu liegen, in fast völliger Stille, und das Gefühl der Sicherheit zu genießen, das Aylas Nähe ihm vermittelte. Er bemühte sich, die Fähigkeit, sich in jeder beliebigen Sprache zu verständigen, wiederzufinden, doch sie war bis auf einige spärliche Reste verschwunden. Er konnte nur noch ihren Namen sagen, und der hörte sich aus seinem Mund recht misstönend an, trotzdem zauberte sein unbeholfener Versuch ein Lächeln auf ihr Gesicht.
Er dachte, sie sei mittlerweile wieder eingeschlafen, als sie unvermittelt stammelte: „Ich kann nicht … rückwärtsgehen.“ Dann wurde ihre Aussprache klarer, als konzentriere sie sich angestrengt darauf, die Worte in der menschlichen Sprache korrekt zu formen. „Kein Zuhause.“
Malachi hob ihr Kinn an und küsste sie sanft. Was für ein eigenartiger Impuls das war, den Mund auf den eines anderen Wesens zu pressen, so etwas Seltsames tun zu wollen. „Du wirst bei mir bleiben. Dein Zuhause ist bei mir“, flüsterte er und zog ihre Hand auf die linke Seite seiner Brust, wo sein Herz schlug, sodass sie verstand.
Wo sich dieses Zuhause befinden würde, räumlich, das müsste sich erst noch zeigen. Keller würde bald zurückkommen. Die komplizierten, ungeschriebenen Gesetze des Umgangs der Menschen miteinander verboten es ihm, zu verlangen, dass der Bio-Mech sie beide bei sich wohnen ließ, sosehr er diese einfache Lösung auch favorisieren mochte. Es bliebe ihm nichts anderes übrig, als einen Ort zu finden, an dem sie sicher waren, und er fürchtete, so einen Platz gäbe es für sie in der Darkworld sehr wahrscheinlich nicht.
Sie könnten auf dem Streifen leben. Er hatte viele Sterbliche gesehen, die das taten, nachts zusammengekauert an den Straßenrändern schliefen, tagsüber um Essen und allerlei Plunder bettelten, der sich vielleicht noch zu Geld machen ließ. Es sah nicht allzu schwierig aus.
Keller würde sie ganz bestimmt bleiben lassen, bis Malachi einen Plan hatte, wie es weitergehen sollte. Der Mensch war viel zu anständig, um sie einfach hinauszuwerfen. Und er verfügte über Kontakte, die ihnen bei der Suche nach einer neuen Bleibe helfen konnten. Es hatte seine Vorteile, jemanden wie Keller zu kennen.
„Du weißt so vieles nicht.“ Ayla berührte seine Schläfe, ihr Gesichtsausdruck war niedergeschlagen. Er ließ seine Flügel auf die Decken sinken, und das schummrige Licht der Lampe in einer Ecke der Werkstatt drang in ihren vom Rest des Raumes abgetrennten Unterschlupf. Eine dunkle Schürfwunde an ihrer Wange, die er vorher nicht bemerkt hatte, erweckte seine Aufmerksamkeit und ließ ihn erbost die Augen zusammenkneifen. „Was ist das?“
Ayla verdeckte die Schramme eilig mit einer Haarsträhne, wobei sich ihre Finger in dem zerzausten Wirrwarr verhakten. Er packte sie beim Handgelenk und zog ihren Arm nach unten. „Was ist das?“, fragte er noch einmal.
Sie machte ein Geräusch wie das einer Feuersbrunst, die über ein Feld hinwegfegte, das sie für ihn als „Garret“ übersetzte. Ein roher Beschützerinstinkt wallte in ihm hoch, wollte ihn auf die Füße springen und aus der Werkstatt stürzen lassen, um das Monster zu finden, das sie geschlagen hatte, und ihm das Fleisch von den Knochen zu reißen.
Als Todesengel waren ihm viele Formen der Gewalt begegnet. Und er verspürte eine unbändige Lust, diesem Garret jede einzelne davon angedeihen zu lassen.
Dann flackerte Aylas Bild in seinem Gedächtnis auf, im Eingang ihrer Unterkunft in der kleinen Elfensiedlung stehend und ihm nachschauend. Da war ihr Gesicht noch glatt und weiß und unversehrt gewesen. Der Elf, den er auf seiner Flucht gegendie Wand geschleudert hatte, das musste dieser Garret sein. Er musste sie verprügelt haben, nachdem er wieder aus seiner Ohnmacht aufgewacht war. Und er hatte es wegen Malachi getan.
Er stand auf, anschließend half er ihr, ebenfalls aus ihrem provisorischen Bett zu kriechen, und hakte sie unter, damit sie sich beim Gehen auf ihn stützen konnte. Sie humpelte neben ihm in den Werkstattraum, wo er sie auf den Tisch setzte. Sie gab einen zischenden Laut von sich, als ihre nackte Haut mit der eiskalten Metallplatte in Berührung kam, und Malachi lachte. Er konnte nicht anders, auch wenn sie ihn dafür böse anfunkelte.
Über die Wunde an ihrer Wange hinaus waren auch ihre Knie mit Kratzern und roten Striemen übersät, ihre Füße voller Blasen, teilweise aufgeplatzt
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