Herz auf Umwegen
endlich zu schlafen.«
»Hm«, murmelte Katja.
Eine Minute verging. Zwei. Fünf.
»Verdammt“, fluchte Katja. »Ich weiß, es ist nicht hilfreich, darüber zu grübeln. Aber ich kann das nicht steuern …«
»Katja!«, unterbrach Janny sie.
»Ja?«
»Erzähl.«
Katja seufzte tief. »Also gut. Wo soll ich anfangen? Vielleicht damit … Der Mensch kommt bis zu zehn Tage ohne Wasser aus, habe ich mal gehört. Ich schätze, diese zehn Tage halbieren sich, wenn man sie damit verbringt, bis zur Erschöpfung im Wald herumzuirren. Das heißt, wir haben noch etwa vier Tage. Und jeden Tag werden wir schwächer und können weniger Kilometer zurücklegen. Vielleicht sind wir viel zu weit im Waldesinneren, als dass wir es schaffen können.«
»Dann hätte Haakon uns nicht in die Hütte sperren müssen«, meinte Janny.
Das leuchtete Katja ein und sorgte eine Sekunde für Erleichterung. Aber es war nur einer von vielen Gedanken, die sie beunruhigten. »Was, wenn wir im Kreis gelaufen sind, ohne es zu merken«, kam sie mit dem nächsten.
»Wir haben uns doch nach der Sonne gerichtet«, erinnerte Janny.
»Ja, so gut wir konnten. Aber ich vermute, du machst das auch zum ersten Mal.«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir nicht im Kreis gelaufen sind«, sagte Janny beruhigend.
»Na schön, und woran orientieren wir uns, wenn es die nächsten Tage bedeckt ist und regnet?«
Auch darauf wusste Janny eine Antwort. »Regen wäre doch gut. Endlich Wasser.«
»Wasser«, echote Katja. »Ja, das wäre toll.« Doch schon überfiel sie die nächste Schreckensvision. »Aber dann weichen unsere Klamotten völlig durch und wir holen uns eine dicke, fette Grippe. Hier draußen kann das tödlich sein.« Katja begann, bei dem Gedanken an Regen und Kälte zu frösteln.
Janny schienen die Antworten auszugehen. Sie schwieg.
»Ich habe Angst«, flüsterte Katja und war dankbar, als Janny den Arm um ihre Schulter legte und sie an sich zog. Ihr Kopf lag jetzt auf Jannys Oberarm. Sie betrachtete gedankenversunken Jannys Gesichtskonturen.
Gott sei Dank ist sie hier, ging es ihr durch den Kopf. Allein die Vorstellung, hier draußen allein zu sein, ließ Katja schaudern. Janny bemerkte wohl, wie sie zitterte. Sie umgriff mit ihrem anderen Arm Katjas Taille und hielt sie fest. Katja spürte angenehm Jannys Wärme. Um noch mehr davon aufnehmen zu können, bettete Katja ihren Kopf auf Jannys Schulter und schmiegte sich vorsichtig an sie. Als sie fühlte, wie sich Janny versteifte, wollte sie sich, ein »Entschuldigung« brabbelnd, zurückziehen.
»Nein, bleib hier«, flüsterte Janny. »Ich … war nur überrascht«, erklärte sie. »Ich habe nichts dagegen, wenn du bei mir liegst.«
»Wirklich nicht?« Katja hob leicht den Kopf und sah Janny an. »Ich meine, verständlich wäre es, ich war ja ziemlich giftig zu dir.« Ihr Kopf sank zurück auf Jannys Schulter.
»Ich bin nicht nachtragend«, sagte die.
»Du bist mir ein Rätsel, weißt du das?«, murmelte Katja versonnen. »Immer wenn ich denke, ich habe ein ungefähres Bild von dir, tust du etwas, das nicht in dieses Bild passt. Das ist ganz schön nervig.«
Janny wandte den Kopf zu Katja und grinste. »Sorry, ist keine Absicht.«
»Erschwerend kommt natürlich hinzu, dass ich viel zu wenig über dich weiß. Außer dass du … einen ungewöhnlichen Nebenjob hast.«
Janny sah wieder geradeaus. »Der dich stört.«
»Nein, ich … es geht mich nichts an. Ich finde nur, das passt nicht zu dir.«
»Woher willst du das wissen, wenn du, wie du selbst sagst, mich kaum kennst.«
»Hm«, machte Katja. Damit hatte Janny natürlich recht, dennoch. »Ein Gefühl«, sagte sie.
»Oh, jetzt bin ich aber überrascht«, meinte Janny erstaunt.
»Wieso?«
»Das hört sich an, als hättest du gar keine so schlechte Meinung von mir.«
Katja feixte. »Was soll ich sagen. Ich war voreingenommen. Ich dachte, du wolltest mir Grit ausspannen. Jetzt denke ich das nicht mehr und sehe etwas klarer.«
Katja spürte einen sanften Druck von Jannys Arm. »Das freut mich zu hören«, raunte Janny dabei.
»Leider ist mir nun auch klar, wie dumm ich mich die ganze Zeit benommen habe«, gestand Katja. »Du musst mich für eine ziemliche Närrin halten.«
»Nein, ich halte dich lediglich für eine Frau, die sehr gefühlsbetont
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