Herz aus Eis
ruhig und friedlich.
Doch diese Stimme … sie verstummte nicht, wurde stattdessen lauter und lauter. Und dann wurde ihm auch noch die Bettdecke weggezogen.
„Verschwinden Sie!“, knurrte er.
„Mittag ist vorbei, Mr. Koumantaros. In einer Stunde beginnt Ihre erste Therapiesitzung.“
Jetzt fiel es ihm wieder ein. Hier stand nicht nur irgendeine Schwester, sondern Schwester Nummer sieben. Elizabeth Hatchet. Die Schwester aus London. Die, die geschickt worden war, um ihm das Leben zur Hölle zu machen.
Er rollte sich auf den Bauch. „Sie dürfen mich nicht wach machen. Ich hab fast die ganze Nacht wach gelegen.“
„Und ob ich das darf. Ihre Therapie beginnt.“
„Sie sind ja verrückt.“
„Durchaus nicht. Ich bin nicht einmal verärgert, nur bereit, mit dem Therapieprogramm anzufangen.“
„Nein.“
Sie machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten. So oder so würde er die Therapie wieder aufnehmen. „Pano bringt Ihnen das Frühstück. Meiner Meinung nach sollten Sie wie ein zivilisierter Mensch im Esszimmer essen, doch er ließ sich nicht davon abbringen.“
„Der treue Alte.“
Auch darauf ging sie nicht ein. „Allerdings wird es heute das letzte Mal sein. Sie sind weder bettlägerig noch ein Prinz. Sie können zum Essen an einem Tisch sitzen, wie der Rest von uns.“ Sie holte den Rollstuhl ans Bett. „Falls Sie ihn brauchen“, sagte sie. „Ich muss noch ein paar Dinge zusammensuchen.“ Und damit nahm sie die Pillenschachtel vom Nachttisch und verschwand im Bad, suchte in Schubladen und Schränken und fand zwei weitere Fläschchen mit Pillen.
„Was tun Sie da?“ Kristian hatte sich aufgesetzt und lauschte auf die Geräusche.
„Ich hebe Ihren geheimen Vorrat aus.“ Sie kam ins Schlafzimmer zurück und kramte in den Schubladen der Wäschekommode.
„Wovon reden Sie?“
„Als wenn Sie das nicht wüssten.“
„Wüsste ich es, würde ich nicht fragen.“
Sie fand eine weitere Schachtel. „Wie viele Pillen schlucken Sie eigentlich?“
„Minimal …“
„Mit dem Zeug, das ich gefunden habe, könnte man eine Apotheke ausstatten.“
Das machte ihn vorerst mundtot. Schnaubend suchte Elizabeth weiter. Sie fand nichts mehr, nicht in den Polstern des Sessels in der Ecke, nicht in den diversen Schubladen, auch nicht unter der Matratze. Gut. Sie konnte nur hoffen, dass das wirklich alles gewesen war.
„Was jetzt?“ Kristian hatte gehört, dass sie alle Tabletten an sich genommen hatte und nun zu der großen Flügeltür hinaus in den Garten marschierte.
„Ich führe meine Arbeit zu Ende.“ Sie ließ die Türen offen stehen und lief über die sonnenbeschienene Terrasse zum Pool hinüber, wo auch ein Springbrunnen stand.
„Das sind meine Medikamente“, rief er wütend hinter ihr her. „Die brauche ich.“
„Jetzt nicht mehr.“
„Ohne die Pillen kann ich nicht schlafen.“
„Könnten Sie, und zwar mit ausreichend frischer Luft und regelmäßigen Übungen.“ Sie ging schnell, doch nicht so schnell, dass sie im Hintergrund nicht hörte, wie Kristian sich vom Bett in den Rollstuhl hievte.
„Parakalo“ , rief er. „Bitte. Warten Sie.“
Sie blieb tatsächlich stehen. Hauptsächlich, weil sie zum ersten Mal eine Bitte von ihm gehört hatte. Kristian wollte ihr auf die Terrasse nachkommen, stieß aber mit dem Rollstuhl gegen den Türrahmen. Er setzte zurück, und dieses Mal konnte er hindurchrollen. Die Reifen des Stuhls knirschten auf den Steinen.
„Ich habe gewartet“, stellte Elizabeth klar, bevor sie weiterging. „Aber die Pillen werde ich Ihnen nicht zurückgeben. Die sind Gift für Sie.“
Beim Springbrunnen hatte Kristian sie eingeholt. Sie ließ die Deckel der Pillenflaschen abspringen und sah zu ihm hin.
Das schwarze Haar stand vom Schlaf noch wirr in alle Richtungen, die Narbe auf seiner Wange war rot angelaufen vor Wut. Er glich dem Bildnis eines griechischen Kriegers.
„Alles, was Sie Ihrem Körper zufügen, und alles, was Sie in sich aufnehmen, obliegt meiner Verantwortung.“ Sie spürte, dass sie schon wieder kurz davor stand, die Beherrschung zu verlieren. Also drehte sie sich um und warf sämtliche Pillen in den Springbrunnen.
Den Laut des aufspritzenden Wassers deutete Kristian völlig richtig. „Sie haben es also tatsächlich getan.“
„Richtig, ich habe es getan.“
Eine tiefe Falte erschien auf seiner Stirn, und ein ungutes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. „Na schön, Sie wollten es nicht anders. Hiermit erkläre ich
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