Herz aus Eis
wollten nachgeben. Während des letzten Jahres hatte sie sich um einige Probleme kümmern müssen, angefangen mit Fehlplanungen beim Budget bis hin zu exorbitanten Reisekostenabrechnungen, aber auf so etwas war sie wirklich nicht vorbereitet.
„Und ‚First Class Reha‘ sind doch Sie, Miss Hatchet, oder? Es ist Ihre Firma.“
Sie brachte keinen Ton heraus. Ihr Mund war plötzlich staubtrocken.
„Ich habe mich erkundigt, Miss Hatchet.“
Sie wünschte sich, es gäbe einen Stuhl, doch alles Mobiliar war aus dem Weg geräumt worden, um Platz für den Rollstuhl zu schaffen. „Calista ist schon seit Monaten nicht mehr bei Ihnen. Warum haben Sie nicht früher etwas erwähnt?“
„Ich habe bewusst so lange gewartet. Ich wollte wissen, ob der Pflegestandard sich verbessert. Was nicht der Fall war.“
„Weil Sie nicht kooperiert haben!“, ihre Stimme klang schrill.
„Ich bin sechsunddreißig Jahre alt, habe die ganze Welt bereist, leite ein internationales Unternehmen und bin nicht daran gewöhnt, von anderen abhängig zu sein. Zudem habe ich meinen Bruder verloren, drei meiner Freunde, einen Cousin,seine Freundin und deren beste Freundin“, seine Stimme zitterte vor Wut. „Man kann sagen, ich hatte genug, mit dem ich fertig werden musste.“
„Deshalb haben wir ja versucht, Ihnen zu helfen …“
„Indem Sie mir eine dreiundzwanzigjährige Stripperin schicken?“
„Das war sie nicht!“
„Und ob sie das war. Sie erzählte mir stolz, für wie viele einschlägige Zeitschriften sie posiert habe. Natürlich habe ich die Fotos nie gesehen, aber sie schwärmte mir vor, dass die Männer ihre Brüste bewunderten. Die waren nämlich echt.“
Elizabeth begann, innerlich zu beben. Das war übel, äußerst übel. Und es wurde mit jeder Minute schlimmer. „Mr. Koumantaros …“
Er ließ sich nicht aufhalten. „Sie sagten doch, Sie würden die Leute persönlich auswählen und einarbeiten, nicht wahr? Sie behaupten, Sie würden bei allen Schwestern deren Werdegang überprüfen, oder?“
„Anfangs ja. Und das tue ich noch immer, bei allen Bewerbern in England.“
„Aber inzwischen überprüfen Sie nicht mehr jede einzelne Bewerberin persönlich, oder?“
Jeder Muskel in ihrem Körper war angespannt. „Nein“, musste sie zugeben.
Er machte eine kunstvolle Pause. „In Ihren Broschüren behaupten Sie das aber.“
Elizabeth wurde leicht übel. Sie fühlte sich mit dem Rücken an die Wand gedrängt. Im letzten Jahr hatte sie hart gearbeitet, hatte unzählige Probleme gelöst und mehr erreicht als je zuvor. „Unser Pflegedienst hat sich im letzten Jahr enorm vergrößert, fast verdoppelt. Ich muss mich um sehr viele Dinge kümmern …“
„Wer redet sich denn jetzt heraus?“
Sein Spott trieb ihr das Blut in die Wangen. „‚First Class Reha‘ hat Filialen in sieben Städten, einschließlich Athen.Wir beschäftigen Hunderte von Frauen in ganz Europa. Ich verbürge mich für fast alle von ihnen.“
„Fast?“, höhnte er. „So viel also zu der persönlichen Garantie der Leiterin von ‚First Class Reha‘.“
„Ich werde gerne den Text in unserer Informationsbroschüre umschreiben.“
„Das kann ich mir vorstellen.“ Seine Lippen verzogen sich zu einem zynischen Lächeln. „Nachdem Sie mir die erstklassige Pflege haben zukommen lassen, die ich brauche. Und verdiene“, setzte er hinzu.
Aufgewühlt verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Heißt das, Sie werden heute Nachmittag mit mir zusammenarbeiten?“
„Nein. Das heißt, Sie werden heute Nachmittag mit mir zusammenarbeiten.“ Er wendete den Stuhl und begann langsam auf das Haus zuzufahren. „Jetzt ist es eins, Lunch wird also in einer Stunde serviert. Wir treffen uns hier zum Essen. Dann werde ich Ihnen meine Vorstellungen hinsichtlich der Therapie mitteilen.“
Die nächste Stunde verbrachte Elizabeth wie in einem Schockzustand. Sie konnte einfach nicht glauben, was sie von Kristian gehört hatte. Konnte nicht glauben, dass sie sich so geirrt haben konnte. Sie hatte Calista zum letzten Bewerbungsgespräch nach London eingeladen, die Reisekosten waren von „First Class Reha“ übernommen worden. Die junge Frau hatte Elizabeth mit ihrer Herzlichkeit und Energie beeindruckt. Calista war voller Hingabe für den Beruf, eine Krankenschwester wie aus dem Bilderbuch. Unmöglich, dass sie eine Stripperin sein sollte oder Nacktfotos gemacht hatte. Absolut unmöglich. Calista war ein anständiges griechisches Mädchen aus einer
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