Herz aus Eis
verbracht“, wich sie aus und vermied damit, ihre Ehe überhaupt zu erwähnen.
„Die Studentin mit dem Rucksack auf dem Rücken in den Semesterferien?“
Elizabeth verzog das Gesicht. „Jeder liebt Griechenland.“
„Was gefällt Ihnen am besten?“, hakte er nach.
Mindestens ein halbes Dutzend Dinge fiel ihr sofort ein. Das Meer, die Leute, das Klima, das Essen, die Strände, die Sonne. Aber Griechenland bedeutete für sie auch Schmerz. Viele Menschen, die sie für Freunde gehalten hatte, hatten sich nach der Scheidung von ihr abgewandt, hatten sie über Nacht fallen lassen.
Ein Kloß bildete sich in ihrer Kehle, sie drängte die aufsteigenden Tränen zurück. Es war schon so lange her. SiebenJahre. Sie durfte nicht zulassen, dass ihre Scheidung ihr die Freude an diesem wunderbaren Land verdarb.
„Fällt Ihnen nichts ein?“
„Es ist nur … mir gefällt alles“, tapfer lächelte sie, um die Traurigkeit zu verscheuchen. „Was mögen Sie denn besonders an Ihrem Land?“
Kristian dachte einen Moment nach, dann hob er sein Glas. „Die Menschen und ihre Lebensfreude.“
Elizabeth stieß mit ihm an und nippte dann an ihrem Glas. Der rote Wein schmeckte erstaunlich gut. Sie kannte sich besser mit griechischen Weißweinen aus, Nico hatte Weißwein bevorzugt. „Wissen Sie etwas über diesen Wein? Er ist gut.“
„Er stammt von einem hiesigen kleinen Weingut und wird aus ayroyitiko -Trauben gekeltert. Sie werden hier auf dem Peloponnes angebaut.“
„Ich wusste gar nicht, dass es hier Weinberge gibt.“
„In ganz Griechenland gedeiht Wein. Die bekanntesten Weine kommen von den Inseln Samos und Kreta.“
„Das sind aber Weißweine, nicht wahr?“
„Auf Samos, ja, da wächst die moshato -Traube. Viele Snobs, die sich für Weinkenner halten, lieben den Wein von Samos.“
Fast hätte Elizabeth gekichert. Ihr Exmann Nico war der ultimative Weinsnob gewesen. In einem Restaurant bestellte er den teuersten Wein auf der Karte, und wenn er ihm nicht schmeckte, ließ er die Flasche wieder zurückgehen. Recht häufig hatte Elizabeth den Verdacht gehabt, dass absolut nichts verkehrt mit dem Wein war. Dass Nico nur seine Macht ausspielen wollte.
„Trinken Sie lieber Weißwein?“, fragte Kristian jetzt.
„Nein, nicht wirklich. Ich hatte … Freunde, die Weißwein den Vorzug gaben. Ich fürchte, über die roten Trauben weiß ich gar nichts.“
Kristian stützte die Arme auf den Tisch. „Ein spezieller Freund?“, fragte er vielsagend. „Ein Mann?“
„Ja.“
„Grieche?“
„Ja, ein Grieche.“
Er lachte angespannt. „Griechische Männer können sehr besitzergreifend sein. Ich nehme an, dieser Mann wollte mehr von Ihnen als nur Freundschaft?“
Sie lief purpurrot an. „Das ist schon lange her.“
„Es hat ein unschönes Ende genommen?“
Elizabeth senkte den Kopf und schluckte. Warum sollte sie Nico schützen? „Ja“, gab sie zu. „Ein sehr unschönes sogar.“
„Und deshalb sind Sie griechischen Männern gegenüber voreingenommen.“
„Nein!“, sehr überzeugend klang sie nicht.
„Aber mir gegenüber?“
Sie lachte leise. „Vielleicht.“
„Deshalb haben Sie mir also diese Flotte von Schlachtfregatten geschickt.“
Jetzt lachte sie ganz offen. Er war amüsant. Und er faszinierte sie. Wäre er nicht ihr Patient, würde sie sogar zugeben, dass sie ihn äußerst attraktiv fand. „Wollen Sie mir damit sagen, dass Sie diese gestandenen Schwestern nicht verdient haben?“
„Ich will Ihnen damit sagen, dass ich nicht bin wie die meisten griechischen Männer.“
Ihr stockte der Atem, sie riss die Augen auf. Mit diesen Worten hatte er alles verändert – die Stimmung, den Abend, das Mahl – und hatte den Raum mit einer nahezu unerträglichen Spannung gefüllt. Plötzlich war sie sich seiner Gegenwart übermäßig bewusst. Hatte auch ein ganz neues Empfinden für sich selbst. Und für die Tatsache, dass sie beide allein hier in diesem Raum saßen.
„Man kann eine Weinsorte nicht nach einer einzigen Flasche beurteilen. Ebenso können Sie nicht alle griechischen Männer nicht wegen einer einzelnen, wenn auch noch so enttäuschenden Erfahrung verteufeln.“
Sie glaubte, kaum noch atmen zu können. Verzweifelt suchte sie nach einem sicheren Thema, sie brauchte dringend Abstand. „Welchen Wein bevorzugen Sie?“
„Das ist alles eine Geschmackssache“, er hielt inne. „Ich mag viele Weine. In meinem Keller liegt die Zehneuroflasche neben der Zweihunderteuroflasche. Und so manch
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