Herz aus Eis
übernehmen?Meine Arbeit zurücklassen, um an Ihre Seite zu eilen? Meinen Sie, für mich ist das ein Urlaub hier? Nein, weiß Gott nicht! Ich kam her, weil niemand anders mehr zu Ihnen kommen wollte. Und weil Ihre Freundin Sie so unbedingt wieder gesund und munter zurückhaben will.“ Mit weichen Knien erhob Elizabeth sich. „Da wir gerade von Ihrer Freundin reden … Sie sollten sie anrufen. Meine Arbeit hier ist erledigt. Ab jetzt kann Cosima sich um Sie kümmern!“
9. KAPITEL
Elizabeth rannte aus dem Restaurant, vorbei an den Tischen mit den anderen Gästen. Doch kaum war sie ins Freie getreten und spürte die kühle Abendluft auf dem Gesicht, wurde sie überwältigt von Scham.
Sie hatte soeben Kristian Koumantaros versetzt, einen der mächtigsten Männer Griechenlands.
Ein kühler Wind hatte eingesetzt und pfiff um das Gebäude. Elizabeth fröstelte und schlang die Arme um sich.
Zudem hatte sie einen blinden Mann allein gelassen, der ohne Hilfe nicht einmal den Ausgang finden würde. Und sie war inmitten eines Dinners davongerannt. Ein Sakrileg, denn eine Mahlzeit war für die Griechen fast ebenso heilig wie die Familie.
Elizabeths Beherrschung fiel mehr und mehr in sich zusammen. Ihre Gefühle für ihn waren so stark, und es fiel ihr immer schwerer, in seiner Nähe zu sein. Sie war überempfindlich und reagierte dementsprechend. Deshalb musste sie gehen. Wie sollte sie ihm helfen, mit seinen Emotionen umzugehen, wenn sie nicht einmal ihre eigenen unter Kontrolle halten konnte?
In London würde alles anders sein.
In London würde sie Kristian nicht mehr sehen.
In London konnte sie ihre Fassung zurückgewinnen.
Trostlosigkeit erfüllte sie jäh. Elizabeth schüttelte den Kopf. Der Gedanke, in wenigen Tagen aus seinem Leben zu verschwinden, ließ einen bitteren Geschmack auf ihrer Zungezurück.
Wie sollte sie ihn zurücklassen können? Und doch … wie sollte sie bleiben können?
Und im Moment stand sie hier draußen vor Kristians Lieblingsrestaurant, während er allein dort drinnen saß. Grundgütiger, was für ein Chaos!
Sie musste zurückgehen und sich entschuldigen. Durchgefroren holte sie tief Luft und ging wieder hinein.
Er saß noch immer an dem Tisch, mit abgewandtem Gesicht. An seiner Blässe konnte sie erkennen, dass er ebenso aufgewühlt war wie sie.
Mit sinkendem Mut setzte sie sich wieder auf ihren Stuhl. „Es tut mir leid“, flüsterte sie und musste gegen ihre Tränen kämpfen. „Unendlich leid. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“
„Es ist nicht Ihre Schuld. Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.“
„Irgendwie scheint alles falsch zu laufen.“
„Es liegt nicht an Ihnen. Es liegt an mir.“ Kristian senkte die Lider. Er suchte nach den richtigen Worten: „Ich wusste, dass Sie mich irgendwann verlassen würden. Ich hatte es nur nicht so bald erwartet.“
Sie blickte in sein Gesicht, in das Gesicht, das sie liebte. Liebte. Und wenn das Wort sie auch überraschte, gestand sie sich doch ein, dass es der Wahrheit entsprach. „Kristian, ich verlasse Sie nicht. Ich kehre nur zu der Arbeit zurück, die in meiner Firma auf mich wartet.“
Lange schwieg er, dann hob er sein Weinglas an. „Könnten Sie Ihr Büro nicht hierher verlegen?“
„Für wie lange?“
„Für immer.“
Sie verstand nicht, was er meinte. „Kristian, nicht ich habe dieses Wunder an Ihnen vollbracht, sondern Sie selbst. Es war Ihre Entschlossenheit, Ihre Anstrengung, Ihr Training.“
„Gesund zu werden war mir egal – bis Sie kamen. Jetzt will ich gesund werden.“
„Weil Sie sich im Heilungsprozess befinden.“
„Dann lassen Sie mich nicht allein, solange die Heilung noch nicht vollendet ist.“
Sie schloss die Augen. Hoffnung und Qual durchzuckten sie gleichzeitig. „Wenn ich mein Büro hierher verlege, wenn ich bleibe, um Ihnen weiter zu helfen …“
„Ja?“
Elizabeth schüttelte den Kopf. „Was passiert, wenn Sie wieder ganz gesund sind?“ Sie war froh, dass er die Tränen in ihren Augen nicht schimmern sehen konnte. „Wenn Sie von mir erhalten haben, was Sie brauchen, was wird dann aus mir? Packe ich dann meine Koffer und verlege mein Büro wieder nach London zurück?“
Er schwieg mit harter Miene.
„Sie müssen verstehen, Kristian, manchmal ist es für mich eine Qual, in Griechenland zu sein.“ Sie spielte verzweifelt mit ihrer Serviette. Das musste sich schrecklich anhören. Aber so wenig sie ihn verletzen wollte … sie musste auch sich selbst schützen. Von ihm
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