Herz aus Eis
würde, dass er sich ändern würde. Noch vor ihrem ersten Hochzeitstag hatte er sie erneut betrogen. Und betrog sie wieder und wieder.
Die Scheidung artete in eine Schlammschlacht aus. Nico begann eine Kampagne, um sie in der Öffentlichkeit als oberflächliches egoistisches Biest hinzustellen. Ein verwöhntes kleines Mädchen, das ihn nur kontrollieren und bloßstellen wollte.
Bis die Scheidung rechtskräftig wurde, war Elizabeth mit den Nerven völlig am Ende. Sie konnte sich selbst nicht mehr ertragen. Natürlich stimmte nichts von dem, was Nico über sie behauptete, aber die Klatschpresse stürzte sich gierig darauf, und die Öffentlichkeit glaubte jedes Wort. Letztendlich verabscheute Grace Elizabeth Stiles ihren Namen, ihren Reichtum, ihr Leben.
Sie siedelte nach England über, änderte ihren Namen und begann die Ausbildung zur Krankenschwester. Hier wollte sie ein anderer Mensch werden. Ein solider, beständiger, praktischer Mensch.
Doch jetzt war sie wieder in Griechenland, und sie spürte, wie diese beiden so unterschiedlichen Lebensstile hier aufeinanderprallten.
Elizabeth hätte niemals hierher zurückkommen dürfen. Sie hätte niemals wieder in einen Helikopter steigen dürfen. Und ganz bestimmt hätte sie nicht zustimmen dürfen, währendeines Gewitters auf einer mittelalterlichen Burg zu übernachten!
Langsam wie die Ballerina einer Spieluhr drehte sie sich einmal um die eigene Achse. Wo mochte Kristian sein? Sah sie ihn heute noch einmal, oder würde sie bis morgen früh allein bleiben?
Das Licht begann zu flackern, dann herrschte plötzlich tiefste Dunkelheit. Ein Stromausfall! Elizabeth tastete sich zum Bett und setzte sich. Sicherlich würde der Strom gleich wieder eingeschaltet werden. Oder einer der Bediensteten würde mit einem Kerzenleuchter kommen.
Doch nichts geschah. Weder kam das Licht zurück noch ein Diener mit Kerzen. Die Minuten vergingen. Dehnten sich …
Ohne Licht konnte Elizabeth nicht auf ihre Armbanduhr sehen, aber sie war sicher, dass inzwischen mindestens eine Stunde vergangen war. Sie war es leid, hier zu sitzen und zu warten. Außerdem hatte sie Hunger. Wenn niemand kam, um ihr zu helfen, dann würde sie eben jemanden suchen müssen.
Sie richtete sich auf und streckte die Arme vor. Da, das war die Truhe am Fußende des Bettes … ein Tisch … Stuhl … autsch, die Wand! Und endlich auch die Tür.
Auf dem Gang war es noch düsterer, falls überhaupt möglich, und totenstill. Jeder vernünftige Mensch wäre jetzt zurück ins Zimmer gegangen und hätte sich ins Bett gelegt, um den morgigen Tag abzuwarten, doch Elizabeth war einfach zu hungrig.
Langsam und vorsichtig tastete sie sich den Korridor entlang. Die Treppe musste hier irgendwo sein, allerdings hatte sie keine Ahnung, wie weit entfernt sie noch war.
Plötzlich hörte sie etwas. Nein, das war kein Knarren von Treppenstufen, es war auch keine Tür, die aufgezogen wurde. Da atmete jemand. Und schluchzte leise.
Etwas … jemand wartete auf der Treppe auf sie! Elizabeth lauschte angestrengt. Ihre Nackenhärchen richteten sich auf. Da, das Atmen wurde lauter, schwerer. Ein erstickter Aufschrei… etwas schabte an der Wand entlang …
Sie hielt es nicht länger aus. In Panik drehte sie sich um und floh zurück zu ihrem Zimmer. Doch noch während sie rannte, wurde ihr klar, dass sie nicht einmal wusste, wo ihre Suite lag. Wie viele Türen gab es hier auf dem Korridor? Und welche davon führte in ihr Zimmer? Sie konnte sich nicht daran erinnern, ob sie ihre Tür offen gelassen hatte oder nicht.
Vor Angst klopfte ihr das Herz zum Zerspringen. Sie hatte das Gefühl, sich im Kreis zu bewegen. Oh, warum war sie so dumm gewesen und hatte ihr Zimmer überhaupt verlassen!? Wenn dieses Etwas auf der Treppe ihr nun nachstellte, sie verfolgte …
Hinter ihr ertönte ein lautes Geräusch, etwas fasste nach ihrem Arm. Entsetzt schrie sie auf.
„Elizabeth.“
„Kristian.“ Ihre Stimme bebte vor Angst, auch wenn unendliche Erleichterung sie durchflutete. „Helfen Sie mir. Bitte helfen Sie mir.“
Schon zog er sie schützend in seine Arme. „Was ist denn?“
„Da hinten ist irgendetwas.“ Sie brachte die Worte kaum über die Lippen. Sie zitterte so stark, dass ihre Zähne klapperten. Sie schmiegte die Wange an seine Brust und sog tief seinen beruhigenden Duft ein. „Etwas Unheimliches.“
„Das bilden Sie sich nur ein“, sagte er und zog sie fester an sich.
Die Angst war so real, noch verstärkt durch die
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