Herz aus Eis
zitterten, Elizabeth musste sich am Geländer festhalten. Die Bewegung ließ die Holztreppen knarren. Die Männer unten in der Halle wandten ihr die Köpfe zu.
Als Nico sie erblickte, war er ebenso schockiert wie sie. „Grace?“ Er sah von ihr zu Kristian und wieder zurück. „Was geht hier eigentlich vor?“
„Ich weiß es nicht“, meinte Kristian. „Sag du es mir.“
„Woher soll ich das wissen?“, Nico runzelte die Stirn. „Für einen Moment dachte ich wirklich, du und Grace … dass ihr zusammen wärt.“
„Welche Grace?“, verlangte Kristian zu wissen.
„Stiles. Meine amerikanische Exfrau.“
Kristian wurde stocksteif. „Hier gibt es keine Grace.“
„Aber natürlich, da steht sie doch“, versicherte Nico. „Auf der Treppe. Langes blondes Haar, schwarzes Kleid.“
Verwirrt drehte Kristian sich zu Elizabeth um, so als könnte er sie sehen. „Das ist nicht Grace, sondern Elizabeth“, erwiderte er grimmig. „Elizabeth Hatchet, meine Krankenschwester.“
„Krankenschwester?“, Nico lachte auf. „Mein guter Koumantaros, man hat dir einen Bären aufgebunden. Deine Elizabeth ist Grace Stiles, meine Exfrau. Und ein infames geldgieriges Biest noch dazu.“
11. KAPITEL
Kristian meinte, einen Schlag in den Magen erhalten zu haben. Regungslos stand er da und rang nach Atem.
Elizabeth war Grace Stiles? Er schüttelte den Kopf, als könnte er damit auch den inneren Tumult abschütteln. Die Frau, in die er sich verliebt hatte, war nicht die, für die er sie hielt. Sie hieß ja nicht einmal Elizabeth. Wahrscheinlich war sie auch keine Krankenschwester.
Ein infames geldgieriges Biest. Nicos Worte hallten Elizabeth in den Ohren. Heiße und kalte Schauer überliefen sie abwechselnd. „Der Einzige, der hier infam ist, bist du“, stieß sie hervor. Mit weichen Knien tat sie einen Schritt auf Nico zu. „Du bist …“, noch einen Schritt, „du bist …“, sie konnte kaum atmen, konnte sich nicht verteidigen, konnte nicht denken.
Nico hatte sie betrogen. Nico hatte die gesamte griechische Presse gegen sie aufgehetzt. Und er nannte sie infam.
Erinnerungen stürzten auf sie ein, Bilder aus ihrer kurzen, unglücklichen Ehe, aus der Zeit nach der Scheidung.
Nico hatte ihr das Leben zur Hölle gemacht. Jahre hatte sie gebraucht, bis sie sich von der Erfahrung mit ihm erholt hatte, bis sie den Schmerz verarbeitet hatte. Sie war nicht nur verletzt, sie war auch wütend gewesen.
Er hatte sie um ihre Liebe betrogen, hatte ihre Träume und Hoffnungen zerstört. Sie hätten ein Paar sein sollen, Mann und Frau, Partner. Doch für ihn war sie nur eine Geldquelle gewesen, Mittel zum Zweck für seine Bedürfnisse.
Jetzt beachtete er sie auch nicht weiter, sondern redete auf Kristian ein, ein überlegenes Grinsen auf dem Gesicht. Einst hatte sie ihn für gut aussehend gehalten, jetzt fand sie nichts Attraktives mehr an ihm. Neben Kristian wirkte er wie ein unreifer Schuljunge.
„Sie wird dich verführen“, hörte sie ihn sagen. „Und dann wird sie dir weismachen, es sei deine Idee gewesen. Sie wird dich in ihr Bett locken und dir sagen, wie sehr sie dich liebt. Doch mit Liebe hat das nichts zu tun. Sie ist nur ein verwöhntes Püppchen, sie wird alles nehmen, was sie von dir kriegen kann, und dann …“
„Das reicht! Ich habe genug gehört.“ Kristian war bleich wie ein Laken. Die Narbe stach aus seinem blassen Gesicht hervor, das Mal, das daran erinnerte, wie viel er vor über einem Jahr verloren hatte.
„Nichts davon ist wahr“, Elizabeth zitterte am ganzen Körper. „Du darfst ihm kein Wort glauben, denn …“
„Ich sagte, genug!“ Kristian drehte sich vehement auf dem Absatz herum und eilte davon.
Irgendwie gelang es Elizabeth, in ihre Suite zurückzukommen. Sie ließ sich auf das Bett fallen und blieb regungslos liegen.
So lag sie da, hatte keine Tränen mehr übrig und fand keinen Schlaf. Mit leeren Augen starrte sie an die Decke. Ihr blieb nur die Hoffnung, dass morgen früh, wenn die Sonne aufging, sich alles als ein böser Traum erweisen würde.
Die Hoffnung war vergeblich.
Ein Hausmädchen klopfte am nächsten Morgen an Elizabeths Zimmertür und teilte ihr mit, der Wagen sei bereit, um sie zum Helikopter zu bringen.
Elizabeth wusch sich nur das Gesicht, ohne in den Spiegel zu sehen. Sie versuchte noch, die Falten aus dem Samtkleid zu streichen, bevor sie nach unten ging, wo ein Butler sie dienstbeflissen zu der Limousine begleitete.
Sie war davon ausgegangen, dass sie allein
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