Herz aus Glas (German Edition)
Grace?
Sie wollen Antworten, Miss Wagner, hatte Grace gesagt . Sie finden sie auf den Klippen.
So wie es aussah, sollte sie recht behalten.
»Ich habe gesehen, wie Juli dir den Pfad entlang gefolgt ist«, erklärte David. »Da bin ich euch hinterher.«
»Ich habe vorhin nach dir gesucht, Taylor, weil ich dich etwas fragen wollte.« Henry trat jetzt neben David. »Aber du warst nicht in deinem Zimmer. Stattdessen habe ich das hier dort entdeckt!« Er hielt den Gegenstand hoch, den er in der Hand hatte. Es war Charlies Rebecca- Ausgabe! »Du hast das Spielchen mit dem Buch getrieben, hast es gegen eine zweite, identische Ausgabe ausgetauscht, es erst weggenommen und dann wieder auftauchen lassen, um Juli weiszumachen, dass sie den Verstand verliert. Du hast Zugang zu Medikamenten. Wie hast du ihr White Rage verabreicht? Mit der Milch, die du Grace jeden Abend hast bringen lassen?«
Ich wollte etwas einwenden, aber in meinem Kopf war nur noch Leere und ich vergaß, was ich hatte sagen wollen, bevor ich den Mund aufmachen konnte. Henry redete immer noch. Seine Stimme wurde jetzt zunehmend zornig.
»Du hast die ganze Zeit versucht, auch David in den Selbstmord zu treiben, gib es zu, Taylor!« Er langte in seine Jackentasche und zog etwas hervor, das mit allerlei Kabeln versehen war, die durch seine Finger baumelten. Aber er machte keine Anstalten zu erklären, worum es sich dabei handelte. Stattdessen sagte er: »Du wolltest dich an ihm rächen, stimmt es, Taylor?«
Taylor schüttelte den Kopf, es war eine verlorene, fassungslose Geste. »Ich habe nichts dergl…«
»Halt's Maul!«, brüllte Henry sie an. Sein Gesicht war rot vor Wut. David streckte die Hand aus und legte sie ihm auf den Oberarm, um ihn zu stoppen.
Taylor klammerte sich noch immer an mich. Der Felsen unter unseren Füßen knisterte jetzt nicht mehr. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?
Henry sprach nun beherrschter weiter. »Du hast mit technischen Mitteln dieses Wispern beim Herrenhaus erzeugt.« Er hielt das Kabelgewirr hoch, während er das sagte. »Diese kleinen Lautsprecher hast du schon vor Wochen überall angebracht, nicht wahr? Damit hast du David gequält.«
»Ich habe nichts davon getan!«, schrie Taylor und wich ein Stück rückwärts. Ich konnte nicht anders, ich musste ihr folgen, weil sie mich immer noch nicht losließ. Ängstlich warf ich einen Blick über die Schulter. Das Meer unter uns war weiß, Felsen ragten spitz aus den schäumenden Fluten.
Henry ließ sich nicht beirren. »Aber dann hast du mitbekommen, dass er sich in Juli verliebt hat, und du hast deinem Plan eine andere Richtung gegeben.«
Davids Augen waren dunkel vor Schmerz und Angst. Ich suchte seinen Blick, hielt mich daran fest, weil es das einzige war, was mir in diesem Moment noch Halt geben konnte.
»Als Juli das Rebecca- Buch gekauft hat, ist dir klar geworden, um wie viel besser dieser neue Plan ist, stimmt es, Taylor?«, redete Henry weiter. Warum hörte er nicht endlich auf? Sah er nicht, dass er Taylor nur dazu trieb, immer weiter an die Kante zu gehen? »Versucht nicht die Haushälterin in diesem Buch, die junge Frau in den Wahnsinn zu treiben? Dies hat dich auf die Idee gebracht, wie du David noch mehr leiden lassen konntest. Indem du Juli in den Selbstmord treibst, genau wie die Figur in dem Roman!«
»Warum, Taylor?«, flüsterte David.
Endlich bekam ich die Zähne auseinander. »Charlie!«, krächzte ich. »Sie war ihre Tochter!«
Sowohl auf Henrys als auch auf Davids Gesicht erschien ein Ausdruck vollkommener Verblüffung. Es war deutlich zu erkennen, dass keiner von beiden dies geahnt hatte. In meinem Hinterkopf murmelte eine leise Stimme, aber ich wusste nicht so recht, was sie mir sagen wollte. Aus irgendeinem Grund fiel es mir schwer, all das zu glauben, was Henry und David Taylor hier an den Kopf schleuderten. Mein Blick huschte von den beiden zu Taylor und wieder zurück.
Sie sah fassungslos aus, aber es schien eher Fassungslosigkeit über die Anschuldigungen zu sein als darüber, enttarnt worden zu sein.
»Ihr irrt euch!«, flüsterte sie und wie zum Beweise dafür, dass sie die Wahrheit sagte, gab sie mich endlich frei. Ich stolperte von der Kante weg, in Davids Arme. »Gott sei Dank«, hauchte er und zog mich an sich.
Henry jedoch trat Taylor ein Stück entgegen. Zornig hielt er ihr den Lautsprecher hin und drückte auf einen kleinen Knopf. Eine geisterhafte Frauenstimme ertönte.
»Spring, Juli«, wisperte sie. »Er
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