Herz-Dame
vorderen Bereich des Saals war ein kleines Podium aufgebaut, und nachdem etwa eine halbe Stunde vergangen war, trat ein grauhaariger Mann darauf zu, den Grace sofort als den Eigentümer des Verlags erkannte.
Er klopfte kurz an das Mikrofon, um sich bemerkbar zu machen, und begrüßte dann die Anwesenden. Anschließend folgte eine kleine Ansprache; er gab einen kurzen Rückblick auf das vergangene Jahr im Verlag und erwähnte ein paar besondere Highlights.
»Und zu guter Letzt habe ich noch eine spezielle Nachricht für Sie«, kündigte er schließlich an. »Wie Sie alle bemerkt haben dürften, werde ich auch nicht jünger, und ich denke, es ist an der Zeit, Platz für meinen Nachfolger zu machen. Durch seine Arbeit im Verlag ist er Ihnen allen kein Unbekannter, und ich freue mich Ihnen mitteilen zu dürfen, dass er in wenigen Wochen die Leitung übernehmen wird – mein Sohn Dylan.«
Kapitel 25
E than Taylor machte eine Handbewegung zur Seite, und völlig entgeistert sah Grace, wie Dylan hinter ein paar anderen Leuten hervorkam und sich jetzt zu seinem Vater ans Podium stellte. Lächelnd richtete er ebenfalls ein paar Worte an die Gäste, und Grace hatte auf einmal das Gefühl, als würde der ganze Raum beginnen, sich zu drehen. Wie durch Watte drangen Dylans Worte an ihr Ohr, während die Gedanken in ihrem Kopf so wilde Saltos schlugen, dass selbst ein geübter Akrobat sich dabei vermutlich das Genick gebrochen hätte.
Gleichzeitig wurde ihr so einiges klar. Ihre plötzliche Versetzung von Justins Ressort in die Lokalredaktion, das wenig überraschte Gesicht des Personalchefs, als sie ihre Kündigung abgeben wollte, die Unbekümmertheit, mit der Dylan die Hotelsuite geordert hatte, ihre Teilnahme an den Redaktionskonferenzen – jetzt begriff sie, wieso das alles so leicht gegangen war.
Sie hätte sich selbst dafür ohrfeigen können, dass sie nicht eher darauf gekommen war; ihr war zwar bekannt gewesen, dass der Verlagschef ebenfalls Taylor hieß, aber den Namen gab es wie Sand am Meer, und sie hätte im Traum nicht daran gedacht, dass Dylan mit ihm verwandt sein könnte.
Fassungslos starrte sie Dylan an, der sich jetzt unter Applaus wieder vom Podium entfernte, und eine unbändige Wut stieg in ihr auf.
»Grace, was ist denn los?«, fragte Sheila in diesem Moment, als sie den Gesichtsausdruck ihrer Freundin bemerkte.
»Frag doch deinen Freund, der kann dir das sicher erklären«, fauchte Grace leise und warf Justin einen verärgerten Blick zu.
Irritiert schaute Sheila von Grace zu Justin, der ein ziemlich zerknirschtes Gesicht machte.
»Grace, ich …«, wollte er ansetzen, doch sie fiel ihm sofort ins Wort.
»Hör auf, ich will es gar nicht wissen«, sprudelte sie erbost heraus, »ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht, mich die ganze Zeit für dumm zu verkaufen.«
Tränen stiegen ihr in die Augen, sie wollte sich auf dem Absatz umdrehen und zum Ausgang stürzen, wollte nur noch weg, weit weg von allem, was mit Dylan zu tun hatte.
Doch im gleichen Moment, als sie herumfuhr, prallte sie mit jemandem zusammen, und als sie sich entschuldigen wollte, hörte sie zu allem Überfluss Dylans vertraute Stimme.
Er begrüßte Justin und Sheila und warf ihr dann einen der amüsierten Blicke zu, die sie nur zu gut kannte.
»Hallo Grace, das ist aber ein stürmischer Empfang«, sagte er spöttisch.
»Du … du …«, stammelte sie zornig, doch im gleichen Moment fiel ihr Blick auf eine elegant gekleidete Blondine, die an Dylans Arm hing, und die giftige Antwort, die sie ihm gerade an den Kopf werfen wollte, blieb ihr im Hals stecken.
Ohne zu überlegen holte sie aus und gab Dylan eine schallende Ohrfeige.
Danach drehte sie sich wortlos um, und verließ unter den erstaunten Blicken der Umstehenden den Saal, bemühte sich dabei unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte so würdevoll wie möglich hinauszugehen, obwohl sie am liebsten schreiend davongerannt wäre.
Draußen sprang sie in eines der Taxis, die rund um die Uhr vor der Stadthalle bereitstanden, nannte dem Fahrer hastig ihre Adresse, und ließ sich völlig aufgewühlt in das Polster der Rückbank sinken.
Zu Hause angekommen warf sie sich bäuchlings auf ihr Bett und hieb wütend mit den Fäusten auf ihr Kopfkissen ein, während ihr Tränen des Zorns und der Enttäuschung übers Gesicht liefen.
Noch immer konnte sie nicht richtig begreifen, was sich auf der Feier abgespielt hatte, sie sah Dylan lächelnd aufs Podium treten, sah die blonde Frau an seinem Arm und sein
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