Herz-Dame
spöttisches Grinsen.
»Du verdammter Mistkerl«, schoss es ihr durch den Kopf, während sie ihren Tränen freien Lauf ließ.
Den Sonntag verbrachte sie, indem sie wechselweise am Fenster saß und trübsinnig in den Regen hinausstarrte, der genau zu ihrer Stimmung passte, oder wie ein Tiger im Käfig auf und ab lief und dabei überlegte, was sie jetzt tun sollte.
Sheila versuchte mehrmals sie anzurufen, Grace erkannte ihre Nummer auf dem Display, doch ihr war nicht nach Reden zumute, also drückte sie die Anrufe einfach weg.
Doch Sheila blieb hartnäckig, und irgendwann gab Grace resigniert nach und ging dran.
»Mensch Gracie, warum gehst du nicht ans Telefon? Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht.«
»Das brauchst du nicht, mir geht es gut«, betonte Grace und gab sich Mühe, locker zu klingen.
»Nach der Aktion gestern? Das kannst du deinem Frisör erzählen. – Übrigens ein toller Abgang, den du da hingelegt hast«, erwiderte Sheila trocken.
»Wundert dich das etwa?«
»Ich kann dich ja verstehen«, gab die Freundin zu, »aber ich glaube, du hast da etwas missverstanden.«
»Missverstanden?«, wiederholte Grace empört, »Das glaube ich wohl kaum. Noch vor einer Woche flippt er völlig aus wegen dieser dummen Geschichte mit den Karten, dabei hat er mir die ganze Zeit verheimlicht, dass er der Sohn vom Chef ist. Und als wäre das nicht schon genug, hat er auch noch die Stirn, mit dieser blonden Schnepfe auf dem Ball aufzukreuzen. Von wegen verliebt und verletzte Gefühle, dass ich nicht lache – es hat ja nicht lange gedauert, bis er sich getröstet hat.«
»Das war seine Stiefschwester.«
»Hat er das etwa behauptet? Ich glaube diesem Mistkerl kein Wort mehr«, erklärte Grace zynisch. »Die Sache ist erledigt, morgen knalle ich ihm meine Kündigung auf den Schreibtisch und damit hat es sich. Soll er von mir aus wieder zu Daddy rennen oder sonst was, dieses Mal lasse ich mich nicht mehr einwickeln.«
»Jetzt komm mal wieder runter, es gibt sicher eine ganz simple Erklärung für Dylans Verhalten«, versuchte Sheila die Freundin zu bremsen. »Ich weiß, dass du gekränkt bist, aber das mit der Kündigung solltest du dir noch einmal überlegen, bestimmt lässt sich das alles wieder in Ordnung bringen.«
»Nichts lässt sich mehr in Ordnung bringen«, entgegnete Grace ärgerlich. »Selbst wenn es einen vernünftigen Grund für sein Benehmen geben sollte, ich kann auf keinen Fall weiter mit ihm zusammenarbeiten. Er redet sowieso nicht mehr mit mir und geht mir aus dem Weg, und nach der Ohrfeige gestern Abend glaube ich kaum, dass sich das jemals wieder ändern wird.«
Kapitel 26
» E s wird Zeit, dass ich die ganze Sache endlich hinter mir lasse, der dauernde Schlafmangel bringt mich noch um den Verstand«, dachte Grace kopfschüttelnd, als sie am Montagmorgen nach ihrer Ankunft im Büro feststellte, dass sie das bereits vorbereitete Kündigungsschreiben zu Hause liegengelassen hatte.
Hektisch wühlte sie in ihrer Tasche herum, doch der Briefumschlag war nicht zu finden, stattdessen hielt sie plötzlich die Herz-Dame in der Hand, die sie in Justins Küche eingesteckt hatte.
Missmutig warf sie die Karte wieder hinein und stopfte die Tasche in ihren Schreibtisch.
Genervt setzte sie sich an ihren PC und begann ein neues Schreiben aufzusetzen. Sie war so sehr darauf konzentriert, dass sie nicht bemerkte, wie Dylan plötzlich hinter sie trat und über ihre Schulter hinweg einen Blick auf ihren Monitor warf.
»Darf ich fragen, was du da machst, oder knallst du mir dann gleich wieder eine?«, fragte er süffisant, und sie zuckte zusammen.
»Das wirst du schon merken«, erwiderte sie patzig.
Obwohl ihr klar war, dass er genau gesehen hatte, was sie schrieb, klickte sie schnell mit der Maus auf den »Minimieren-Button« des Schreibprogramms und drehte sich zu ihm um.
»Was willst du?«
Dylan machte ein unbeteiligtes Gesicht, doch sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er nur mit Mühe ein Grinsen unterdrückte.
»Ich fahre jetzt zu meinem Bekannten bei der Polizei, um zu hören, ob es etwas Neues gibt. Danach wollte ich mich noch einmal bei den Sozialeinrichtungen umsehen, vielleicht ist Bob in der Zwischenzeit irgendwo aufgetaucht. Seitdem er vor uns weggelaufen ist, habe ich nichts mehr von ihm gehört, und ich mache mir allmählich Sorgen«, erklärte er. »Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du mitfahren möchtest.«
Überrascht starrte sie ihn an, damit hatte sie nicht gerechnet, schon gar
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