Herz des Himmels (German Edition)
für kurze Zeit fühlte sie sich noch immer gefangen im Traum. Was war nur geschehen? Sie hob die Hände, um ihre Schläfen zu massieren und hielt inne. Ihre Hände, ihre Arme - übersät von kleinen, rundlichen Bissspuren! Sie ließ die Hände sinken, betrachtete ihre Umgebung. Sie war wieder im Wald, fern von der Lichtung, auf der sie vor wenigen Sekunden, diese Grausamkeiten über sich ergehen lassen musste. Sie lag auf einem Lager aus Laub und ein kleines Feuer, blies helle Funken durch die Nachtluft. Nacht?
„Melora.“
Ihr Augen erfassten Kaine. Er war blass, hatte dunkle Ringe unter den Augen und sein Blick wanderte vorwurfsvoll und zu Meloras Überraschung, auch besorgt, zu ihr herüber. „Kaine?“, sagte sie. Verwirrt sah Melora sich um. Neben ihr lagen Kaithlyn und der Fremde. Sie schienen zu schlafen. Ihre Gesichter sahen gequält und unruhig aus. Kaithlyns Züge erschienen ihr sogar noch blasser, als die des Verletzten an ihrer Seite. Sie fasste Kaithlyn am Arm. Ihre Haut fühlte sich eiskalt an, obwohl sie so nah am Feuer lag und dieses sie eigentlich wärmen müsste. „Kaithlyn?“
Rose kam hinter einem Baum hervor, sie trug einen Stapel krummer Zweige. Überrascht ließ sie das Holz fallen und stürmte auf Melora zu.
„Melora! Du bist endlich aufgewacht!“, entfuhr es Rose erleichtert und sie fiel ihr um den Hals. „Wie geht es dir?“
„G-gut“, sagte Melora und entwand sich Rose´ Umarmung. Wie kam das Mädchen darauf, dass sie Melora anfassen durfte? „Was ist passiert?“
„Die Spinter, erinnerst du dich noch? Sie haben uns angegriffen“, sagte Rose aufgeregt. „Es waren zu viele Schmetterlinge, sie haben uns gebissen und ihr Gift hat uns gelähmt und…hattest du auch einen wirren Traum?“
Rose sah sie begierig an.
„Ja“, sagte Melora kurz und verdrängte die Erinnerung daran. „Die Spinter haben bei mir eine Illusion hervorgerufen, aber ich konnte sie durchschauen und brechen“, wisperte sie fiebrig.
„Du auch, du hast es geschafft!“ Rose warf einen ernsten Blick auf Kaithlyn.
„Wie sind wir davon gekommen?“, fragte Melora durcheinander.
„Harlow war nicht von ihrem Gift betroffen, es wirkt wohl nicht bei Kiankis, jedenfalls, hat sie uns so gut es ging verteidigt, aber eine kleine Katze konnte natürlich nichts gegen sie ausrichten. Ich bin als Erste aufgewacht. Die Spinter waren gerade dabei, uns alle während des Schlafs auszusaugen. Um sie zu vertreiben, habe ich ein Feuer gemacht und euch dann hier her gebracht, wir sind nur ein Stück von der Lichtung entfernt. Kaine wachte als Zweiter auf.
Seitdem warten wir darauf, dass auch ihr endlich zu euch kommt. Ich habe dafür gebetet, dass ihr es schafft. Ich hatte solche Angst um euch, aber wenn ein Mensch ohne Zauberkräfte es schafft, dachte ich mir, dass ihr es erst recht schaffen müsst und -“
„Rose“, unterbrach sie Melora. „Wie lange habe ich geschlafen?“ Rose wand den Blick ab und schwieg. „Wie lange?“ Rose begann die krummen Äste aufzuheben und stapelte sie neben dem Feuer. Einige warf sie direkt hinein und jedes Mal, wenn das Holz in den Flammen unterging, knisterte es leise und neue Funkern stoben in den dunkelroten Himmel.
„Rose!“, zischte Melora energisch.
„Zu spät“, antwortete sie leise. „Heute ist Vollmond, wir schaffen es nicht mehr, alles war umsonst.“ Ruckartig warf Melora den Kopf nach hinten. Ein kupferroter Vollmond hing am Himmel. Wie kleine Schafe sprangen Wolken abwechselnd vor den Mond und zogen dann rasch wieder daran vorbei
„Vollmond“, hauchte Melora tonlos. „Vollmond.“
„Kaithlyn hat bestimmt einen schrecklichen Traum und weiß nicht, wie sie zurückkommen soll. Vielleicht ist die Welt, in der sie sich befindet, für sie eine Schöne?“, sagte Rose bekümmert. „Meine Welt war zuerst eine Schöne.“
„MIAU!“, schrie Harlow und ihre dunkelgrünen Augen funkelten Rose herrisch an.
„Du hast ja Recht“, sagte Rose entschlossener. „Sie kommt zurück. Sie muss.“
Harlow setzte sich an Kaithlyns Seite. Harlow würde über Kaithlyn wachen.
„Nein!“, sagte Melora und stampfte fluchend mit dem Fuß auf den Boden. „Wir müssen noch Zeit haben! Denkt an die Mondfinsternis. Wir können die Eisblume noch finden!“
Kaine erhob sich mühselig und verschenkte die Arme vor der Brust. „Das funktioniert so nicht“, sagte er. Melora sah ihn hilflos an. „Wir schaffen es nicht mehr, selbst wenn wir noch einen Tag hätten. Diese Reise war
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