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Herz des Himmels (German Edition)

Herz des Himmels (German Edition)

Titel: Herz des Himmels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Voosen
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prangte. Die schwarzen Metallgitter, die in den Innenhof führten, bebten laut, als sie beim öffnen aneinander rieben. Quietschend gewährten sie ihnen Einlass.
    Die Kirche war alt, sehr alt. Von den Innenwänden bröckelte der weiße Putz und Moos wuchs durch Ritzen, es bedeckte den halben Boden. Tatsächlich sah es hier wie in einer Burgruine aus, es fehlte sogar ein Stück Dach und Sonnenstrahlen beschienen hell und warm die einzige Stelle, an der Pflanzen wuchsen. Aus den zersprungenen Marmorplatten bogen sich Flieder und Mohn.
    „Warum ist die Kirche in solchem Zustand?“, fragte Kaithlyn.
    „Weil hier niemand herkommt. Sie ist das Ende und der Anfang. Geister meide solche Orte, weil hier die Zeit weiter läuft und nicht, wie in der Stadt von Eden, Wort wörtlich eingefroren ist.“
    „Gehört die Kirche denn nicht zur Stadt?“
    „Ja und nein“, sagte Leod und seine schweren Schritte halten durch den weitgehenden Raum. „Sie liegt außerhalb der Stadt, ist aber trotzdem von den Mauern umschlossen. Es ist ein heiliger Ort, deshalb nenne ich ihn den Turm der Weisheit.“
    „Bist du der Einzige, der nicht tot ist? Lebst du alleine hier?“
    „Ich lebe, aber nicht so wie du. Ich bin alleine, aber nicht einsam.“
    Wie äußerst viel sagend.
    „Der Gelehrte lebt also hier?“
    „Er ist der Suchende, der keine Antwort fand und dann einfach blieb.“
    „Aber wieso ist er geblieben? Wie lange ist er schon hier? Und wieso kann er in einer Welt der Toten leben?“, fragte Kaithlyn unsicher. Sie wusste nicht, warum es sie so sehr interessierte. Der Drache seufzte schwer.
    „Ich mag Geister lieber als kleine Mädchen, sie schweigen wenigstens“, sagte er und grunzte. Kaithlyn fand weder, dass sie klein war, noch dass sie unhöflich geklungen hatte. „Entschuldige“, sagte sie trotzig.
    „Geh dort die Treppe hinauf, dort oben wohnt er.“
    Hinter dem Altar war eine kleine Wandnische, in der sich eine Treppe im Kreise nach oben schlängelte. „D – danke.“ Der Drache schlich zurück, zwischen den staubigen Bänken hindurch. „Warte!“, rief Kaithlyn ihm hinterher. „Und wenn er mir nicht helfen kann?“
    „Er ist hergekommen, als er es wollte und deshalb muss er auch einen Ausweg kennen“, antwortete Leod und seine Augen schimmerten im dumpfen, muffigen Sonnenlicht noch silberner. Kaithlyn hatte ein mulmiges Gefühl. Als Leod gegangen war, stand Kaithlyn noch immer unschlüssig vor dem Fuße der Treppe. Sie streifte sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht und sah erschöpft durch das Loch der Decke ins Freie. Der Himmel hier war anders, als alles, was sie je gesehen hatte. Die Sonne flammte hell und der Glanz der gelben, nüchternen Farbe, tauchte den Horizont und die bauschigen Wolken in grünes Licht. Es war ein Farbspiel, das einfach nicht zusammenpasste. Die Luft war auch schwerer als gewöhnliche, selbst im tiefsten Winter, waren die Atemzüge in Kälte nicht so erdrückend. Wie war sie nur an diesen Ort gelangt?
    Mühselig ging sie, die sich windende Treppe hinauf. Am Ende angekommen, trat sie durch einen offene Tür, in ein Zimmer. Es war voll gestopft und stickig hier drin und es roch nach ranzigem Öl. Die Wände waren kahl, der Boden dafür umso voller. Unendlich viele, weiße Papiere bedeckten ihn, Zeitungsartikel, Bücherseiten, Stoffe oder seltsame Gegenstände lagen hier zerstreut herum. Ein Regal stand einsam neben dem Fenster, ein klobiger Holzschreibtisch stand in der Mitte des Raumes, beladen mit Tintenfässern, Pergamentrollen und anderen Dingen. In einer Ecke stand ein Bett, unter einem Buntglasfenster. Woher kamen all diese Sachen? Kaithlyn erschrak kurz, als eine Maus hastig über den Boden huschte und ein paar Blätter zum rascheln brachte. Eine Maus? Ist sie dann eine Geistermaus?
    „Hallo?“, fragte sie zaghaft. „Ist jemand…zu Hause?“
    In der linken und dunkelsten Ecke, regte sich etwas. Kaithlyn kletterte über einen Stapel Bücher und strauchelte, dann stand sie vor einem gewaltigen Papierstapel. Aus diesem Chaosstapel schauten unten ein paar Schuhe, mit abgewetzten Schnürsenkeln heraus.
    „Hallo?“, fragte sie und tippte gegen ein paar Blätter. Die Schuhe bewegten sich und das Papier rutschte zu Boden. Zum Vorschein kam ein alter Mann, der auf einem marmornen Stuhl, mit hohen Lehnen, saß. Im Halbschlaf streifte er das unnütze Zeug von sich und drehte sich auf die rechte Seite. Er schnarchte laut.
    „Entschuldigen Sie, Sir?“
    Der Alte grunzte und

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