Herz des Winters (German Edition)
dachten wohl, ich würde einen Aufstand beginnen und endlich auch den Ausgestoßenen und Verfolgten Zutritt zu den Archiven und Reichtümern von Liannon verschaffen. Sie weigerte sich zu sehen, dass ich nichts schaffen, nur zerstören wollte. Am meisten mich selbst.
Schließlich kam es, wie es kommen musste. Die Gilde selbst hält sich aus Kriegen und anderen politischen Angelegenheiten heraus, aber einzelne Magier haben sich immer wieder für kurze Gastauftritte anheuern lassen, doch nie für mehr als das. Der Ausgang einer einzelnen Schlacht bestimmt selten den Verlauf eines ganzen Krieges. Eine Lektion, die Könige immer wieder zu vergessen scheinen.
Bei Dranpol jedoch lag die Sache anders. Scheinbar waren genügend Magiekundige zu der Überzeugung gelangt, dass mir Einhalt geboten werden musste. Es ist äußerst selten, dass man auf einem Schlachtfeld einem zweiten Zauberer gegenübersteht, und selbst wenn, konzentriert man sich dann eben vor allem auf die Unterstützung derjenigen, die man gerade begleitet. Treue lässt sich nicht erkaufen, das ist eine weitere oft verdrängte Lehre des Krieges.
Dort jedoch standen mir plötzlich nicht nur einer, sondern mehr als ein Dutzend Magier gegenüber, die sich nicht im Geringsten für das Kampfgetümmel interessierten, sondern einzig und allein meinetwegen gekommen waren. Ich denke, selbst wenn ich darüber Bescheid gewusst hätte, wäre ich nicht vor der Konfrontation zurückgeschreckt. Immerhin war ich mächtig, mehr als jeder einzelne der Magier damals. Und auch heute. Außerdem hatte ich für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich einmal Schaden nehmen sollte, schließlich vorgesorgt – dachte ich zumindest.
Ausschlaggebend war jedoch vor allem eines: Ich war größenwahnsinnig geworden. Einen anderen Magier zu besiegen war noch etwas, das ein logisches Überdenken der Fakten als plausibel eingestuft hätte. Aber einen ganzen Haufen davon?
Doch selbst wenn ich eine andere Möglichkeit gehabt hätte, wäre ich ihnen entgegen getreten in dem Glauben, sie allesamt zu vernichten und noch vor dem Mittagessen die Magd im nächsten Gasthaus zu nehmen. Wie gesagt, ich war nicht mehr bei Sinnen, schon seit dem Tag nicht mehr, an dem ich meine Familie verloren hatte. Wer weiß, vielleicht hat sich ein Teil von mir auch heimlich nach dem Tod gesehnt.
Ich stand also da, wie immer weit genug von den Kämpfen entfernt, um alles gut überblicken zu können und mich keinen kampfberauschten Soldaten aussetzen zu müssen. Unter mir standen schlotternd oder todesmutig die namenlosen Helden beider Seiten und warteten auf den Befehl zum Angriff. Aber statt des üblichen Geschreis hörte ich plötzlich ein Donnern.
Ich konnte gerade noch meine Schutzschilder aktivieren, bevor Feuerbälle, Eissplitter, Explosionen und kleine schwarze Löcher darauf einprasselten. Ich glaube, einer hatte sogar Stinktiere gezaubert, aber die sind in dem ganzen anderen Tohuwabohu etwas untergegangen.
Bis sich der Rauch um mich herum gelegt hatte, war die Schlacht losgebrochen. Entweder hatte ich den Schrei zum Angriff verpasst, oder sie hatten den Lärm, den die magischen Geschosse verursacht hatten, als Signal genommen. Ich sah nach rechts in der Erwartung, dort den Lord von Virumar, dem ich in Dranpol hätte beistehen sollen, ziemlich aufgebracht über meinen verpassten Einsatz zu sehen.
Stattdessen lag dort nur noch ein Aschehaufen, dessen Partikel langsam in ein Wurmloch gesogen wurden. Offensichtlich hatte ich das Schild nur um mich herum errichtet und was abgeprallt war, hatten er und seine engsten Berater samt ihrer Ausrüstung abbekommen.
Ich kann nicht sagen, dass mich das sonderlich betrübt hätte. Er war immer ein miesepetriger Kleingeist gewesen, der dachte, eine Krone würde ihm uneingeschränktes Recht über alles und jeden verschaffen.
Aber dieses Problem war ich somit ja losgeworden, also konnte ich mich der Herkunft der nächsten Unannehmlichkeit widmen. Und die war schwer zu übersehen, denn auf der anderen Seite des Schlachtfeldes hatten sie sich aufgereiht wie die Lämmer bei der Schlachtbank und reckten die Hälse, um zu sehen, ob ich schon ins Gras gebissen hatte. Diese arroganten Schnösel waren so überzeugt von ihrem raschen Sieg, dass die meisten von ihnen nicht einmal Schutzvorkehrungen getroffen hatten.
Bis sie ihre Fehleinschätzung bemerkten und korrigieren konnten, hatte ich meine mentale Faust bereits in ihrer Mitte niedergehen lassen und mehrere Magier darunter
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