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Herz des Winters (German Edition)

Herz des Winters (German Edition)

Titel: Herz des Winters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Puljic
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mochte. Doch manchmal änderte Furcht nichts an den Dingen, die getan oder gesagt werden mussten.
    „Yiryat sagt, wir waren erfolgreich.“
    „Und woher weiß er es?“
    „Er ist ein Tatzelwurm“, erklärte Berekh mit dem geduldigen Tonfall eines Erwachsenen, der ein Kind daran erinnert, dass tagsüber die Sonne scheint und nachts der Mond. „Er sieht es.“
    Sie beschloss, ihre Bemühungen in eine andere, vielversprechendere Richtung zu lenken.
    „Was sollten diese ganzen Bemerkungen über unten und fliegen? Liegt Liannon auf einem Berg? Weiß deshalb niemand, wo es sich befindet?“
    „Sieh aus dem Fenster.“
    „Und was soll …“
    „Mach es doch einfach.“
    Grummelnd leistete Daena seinem Vorschlag Folge, öffnete die Fensterläden und sah nach draußen. „Und jetzt?“, fragte sie missmutig. Sie hasste Rätsel.
    „Was siehst du?“
    „Häuser. Himmel. Wolken. Das war’s. Nicht gerade spannend.“
    „Sonst siehst du nichts?“
    „Was soll ich denn sehen?“ Langsam wurde sie ärgerlich. Sie hasste Rätsel.
    „Nun, Landschaft beispielsweise. Das Zimmer ist hoch genug gelegen, um die Stadt überblicken zu können.“
    Diese Erkenntnis benötigte einige Sekunden, um einzusickern. Dann jedoch tat sie es mit dem Gefühl einer eisigen Hand, die ihren Rücken hinab strich.
    „Selbst vom höchsten Berg aus sollte man etwas von der Gegend rundum sehen. Also wo sind wir?“
    „Die Welt ist noch da, keine Sorge. Sie liegt nur ziemlich weit unter uns. Liannon ist die fliegende Stadt.“
    „Bei den Göttern.“ Sie schloss das Fenster so heftig, dass die Butzen klirrten. Ihre Knie fingen an zu zittern und wurden weich. Sie war nie von Höhenangst geplagt gewesen, aber das hier war doch eine gänzlich neue Erfahrung. Der Gedanke, was geschehen würde, wenn diese großartige fliegende Stadt beschloss, nicht mehr fliegend zu sein, ließ ihren übervollen Magen revoltieren.
    Mit der Grazie einer Betrunkenen wackelte sie zu dem nächstgelegenen Bett und sank in die weichen Kissen. Der Raum hörte dennoch nicht auf, sich zu drehen und bedrohlich zu schwanken.
    „Ist alles in Ordnung?“ Berekhs Stimme drang wie durch einen Nebel zu ihr, aber sie würde einen Besen fressen, wenn sie nicht trotzdem sein Grinsen heraushören konnte.
    „Der letzte Bissen war schlecht“, stöhnte sie. „Aber nur der Letzte. Der Rest war gut, pack ihn ein.“
    Er antwortete nicht, und dafür verfluchte sie ihn nur noch mehr.
    Schließlich flaute der Sturm, der das Zimmer und ihre Eingeweide zu beuteln schien, zu einem mäßigen Wind ab und sie hob zaghaft den Kopf. Wie erwartet saß er immer noch am Tisch, doch sein Gesicht war ernst, als er ihren Kampf gegen die Schwerkraft beobachtete.
    „Schon gut, weiter geht’s“, brachte sie hervor. Zwar ein wenig heiser, doch insgesamt sicherer als befürchtet. Sie räusperte sich, kämpfte sich in eine halbwegs aufrechte Position und war dankbar für die Unmengen an Polstern, die das Bett bevölkerten und sich so hervorragend als Stütze eigneten.
    „Also“, schnaufte sie, „ich dachte immer, Menschen wären das am wenigsten magisch begabte Volk. Wie kommt es, dass hier keine Anderlinge sind?“
    „Gerade weil sie magischer sind als wir.“ Zu Daenas Verblüffung begann er während des Sprechens tatsächlich, die Reste ihres Gelages einzusammeln, wobei er jedes Stück sorgfältig in Leinen wickelte und mit einem Spruch versah, der sich in goldenem Schimmer um die Pakete legte. Wahrscheinlich benötigte er die Beschäftigung, und sie war froh, dass er nicht wieder anfing, mit Feuer herumzuspielen, obwohl dieses vermaledeite magische Zimmer vermutlich selbst gegen Brand gewappnet war. „Was für sie ein natürlicher Umgang ist, sind Dinge, die sich Menschen durch Studium erarbeiten müssen. Mischlinge wie dein Freund Sikaîl wenden Magie oft unbewusst an, weil sie nichts von ihren ererbten Fähigkeiten wissen.“
    Sie wollte widersprechen, aber andererseits ergab es auch Sinn. Sikaîl war oft ein wenig zu sehr vom Glück gesegnet, als dass man an Zufälle glauben konnte, und dabei war er nicht der Einzige.
    „Natürlich würden sowohl die Gelehrten wie auch die Betroffenen und die Anderlinge diese Tatsache abstreiten. Die Arkanen wollen ja sogar glauben machen, es gäbe nur eine Art der Magie, damit niemand auf die Idee kommt, herumzupfuschen. Und die Anderlinge sind froh, wenn man sie in Ruhe lässt. Sie haben schon genug von ihrer Identität eingebüßt.“
    Daena verstand,

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