Herz des Winters (German Edition)
zerquetscht. Sie stoben auseinander wie Hühner.
Einen von ihnen fing ich in einer ätzenden Schleimblase, während ein weiterer mit einem verbesserten Ebola-Virus infiziert wurde. Was bedeutet, die beiden hätten sich wohl gewünscht, sie wären unter die Faust geraten, denn sie wurden bei lebendigem Leib zersetzt – der eine von innen, der andere von außen. Wie gesagt, meine Methoden damals waren alles andere als sauber. Dafür aber sehr effektiv.
Mittlerweile hatten sich die anderen jedoch gefangen und setzten ihren Angriff fort. Duelle unter Kämpfern und Magiern haben in den Werken der Dichter immer etwas Edles an sich, ein Schlagabtausch unter ehrenhaften Gegnern. Die Wahrheit bei den einen wie den anderen ist allerdings: Derjenige, dessen Schild zuerst zerbricht, stirbt. Also versucht man mit allen Mitteln und schmutzigen Tricks, das der anderen zu zerstören, während zur gleichen Zeit auf den eigenen Kopf Schläge herniedergehen und man versucht, dort alles zusammenzuhalten.
Um es kurzzufassen: Es gab viel verbrannte und verseuchte Erde, jede Menge Soldaten auf beiden Seiten, die von fehlgeleiteten oder abprallenden Zaubern zu Kollateralschäden gemacht wurden, der Tag neigte sich dem Ende zu und die Energiereserven aller Beteiligten wurden allmählich knapp.
Ich konnte drei weitere Schilde durchbrechen und deren Träger vernichten, doch ich selbst hielt mich nur noch mit größter Anstrengung auf den Beinen. Auch meine Barrieren begannen, nachzugeben. Das mussten sie bemerkt haben, denn sie holten zu einem letzten, gemeinsamen Schlag aus. Von dem Knall, mit dem mein Schild barst, muss mir wohl das Trommelfell geplatzt sein, denn mit einem Mal war die Welt herum still. Dann waren da nur noch Feuer und Schmerz.“
***
„Warum sie es damals nicht ordentlich zu Ende gebracht haben, weiß ich nicht“, schloss Berekh schließlich seinen Bericht. „Ich vermute, dass sie nach dem letzten Angriff dazu nicht mehr die Kraft hatten. Aber das kann auch nur mein Ego sein, das ihnen die gleiche Erschöpfung wünscht, wie ich sie verspürt habe. Vielleicht wollten sie mich auch einfach nur liegen lassen als ein Festmahl für die Aasfresser, in dem Glauben, zwischen all den Toten würde mich niemand identifizieren können.“
Seine Stimme, in der zu Beginn deutlich die Scham über seine vergangenen Taten zu hören gewesen war, hatte merklich zu Zittern begonnen, als er die Schrecken seiner letzten Stunden noch einmal durchlebte. So sehr er auch versuchte, sich von den Ereignissen zu distanzieren – der eigene Tod ist etwas, das einem nicht einmal in der Erinnerung gleichgültig sein kann. Seine letzten Worte waren kaum mehr als ein raues Krächzen gewesen.
Die Finger in den Stoff seiner Robe krallend, rang er sichtlich um Fassung.
Alles in Daena drängte sie, seine Qual zu lindern, doch Geschehenes ließ sich nicht rückgängig machen. Ehe sie nach den richtigen Worten tasten oder aufstehen konnte, glühten seine Augen voller Hass auf. Er presste eine Hand derart abrupt an die eigene Wange, dass es einem Schlag gleichkam.
Mit Grausen sah sie die deutlichen Narben, die sein Gesicht verunzierten, als er seine Hand wieder fortnahm und sich ihr zuwandte. Sie sahen nach einer lange verheilten, doch verheerenden Brandwunde aus. Unwillkürlich zuckte sie zurück, während ihre Finger über die eigenen Wundmale tasteten.
Berekh bemerkte ihre Reaktion und erstarrte. Langsam hob er die Hände, die leeren Handflächen in ihre Richtung haltend. Ob diese Geste abwehrend oder entschuldigend sein sollte, war wohl keinem von ihnen so recht klar.
„Man sollte uns das Leben ansehen, das wir geführt haben, findest du nicht?“, fragte er mit belegter Stimme, in der Resignation, Trauer und Zorn um ihr Vorrecht kämpften.
Der Schock machte Daena sprachlos. Sie hätte alles gegeben, könnte sie gewisse Teile ihres Lebens einfach verbergen und vergessen. Wollte er diese Narben tragen wie ein Büßerhemd?
Sie mussten eine Illusion sein, auch wenn sie täuschend echt aussahen – andererseits hatte sie es doch gerochen . Niemand, der in den Minen gelebt hatte, vergaß jemals den süßen Gestank von bratendem oder verbrennendem menschlichen Fleisch.
Sie dachte nicht, dass sich seine Knochen an die zugefügten Wunden erinnerten und sie rekonstruieren konnten. Doch das machte sie nicht weniger schauderhaft. Hatte er sich etwa selbst verbrannt?
„Du hast ein neues Leben, Berekh. Das ist es, welches man dir ansehen sollte“,
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