Herz des Winters (German Edition)
Akademie gehen!“, fauchte sie. „Geh allein, wenn du unbedingt dorthin willst.“
Dass er sie nur schweigend ansah, um auf die fehlende Logik ihres Vorschlages hinzuweisen, machte sie nur noch rasender. Die Kämpfer würden ihm ebenso wenig Gehör schenken, wie die Magier sie hätten vorsprechen lassen. Das hatte nur bedingt mit Exklusivität und Geheimhaltung zu tun, es waren einfach zwei völlig gegensätzliche Welten, die in Moral und Intention aufeinanderprallten. Die Magier fühlten sich den Söldnern überlegen, die auf rohe Gewalt zurückgriffen und ihr eigenes Leben verpfändeten. Die Kämpfer dagegen missbilligten die Weltabgewandtheit der Zauberer und deren unsaubere Mittel, die es möglich machten, mit einem einzigen Fingerzeig ganze Landstriche zu verwüsten.
„Dann nimm doch Sikaîl mit. Auf ihn werden sie eher hören als auf mich.“ Das Knurren in ihrer Stimme war mehr Verteidigung als Angriff, weshalb Berekh auch darauf nicht reagierte.
„Du kannst aus eigener Erfahrung berichten. Ich bin sicher, das wissen sie mehr zu schätzen als einen Boten, der nur Erzähltes wiedergeben kann.“ Sein Ton war ruhig und bestimmt, und sie fühlte, dass er mehr hineinlegte als bloße Überzeugungskraft, doch sie schüttelte die besänftigende Wirkung erbost ab.
„Hör zu, du warst vielleicht kein Held, aber immerhin jemand, dessen Fähigkeiten garantiert niemand in Frage stellt. Aber in den Augen der Akademie bin ich keine Kämpferin. Ich dürfte nicht einmal die Tätowierung tragen! Meine Erlebnisse zählen genauso viel wie die eines Waschweibes aus irgendeinem beliebigen Dorf.“
Nun war es an Berekh, die Zähne zu blecken. Das violette Leuchten, das hinter seinen Augen erschien, ließ Daena zurückschrecken.
„Du kannst auch kaum erwarten, dass jemand dich ernst nimmt, wenn du dich ständig selbst heruntermachst. Du bist nicht mehr das verängstigte Kind, das die Akademie verlassen hat, also benimm dich nicht so. Und was deinen Freund angeht, kann ich dir eines verraten: Ein Schlachtfeld hat der Kerl noch nicht einmal von weitem gesehen, geschweige denn erlebt, was du überlebt hast.“
Über Daenas Arme kroch eine Gänsehaut. Als sie den angehaltenen Atem ausstieß, zeugte die weiße Dampfwolke vor ihrem Gesicht davon, dass sie sich die Kälte nicht nur einbildete, die plötzlich das Zimmer ausfüllte. Sie wusste nicht, was genau seinen Zorn verursachte, doch sie sah von dem Vorhaben ab, ihn davon zu überzeugen, den Saren wenigstens als Verstärkung mitzunehmen. Ohne ein weiteres Wort erhob sie sich vom Tisch und stapfte zu ihrem Bett.
„Wo gehst du hin?“, donnerte es hinter ihr.
„Wonach sieht es denn aus, du Tyrann? Ich packe meine Sachen. Und ich hoffe, du weißt, was das für dich bedeutet.“
„Und zwar?“
„Pack das Essen ein, aber dalli. Und ich will eines von den Flauschetüchern aus dem Bad, egal wie du das anstellst!“
Einige Herzschläge lang fürchtete sie, dass einfach das Zimmer um sie herum explodieren würde. Dann jedoch hörte sie Geräusche vom Tisch her und sie musste sich nicht umdrehen, um seinen belustigten Gesichtsausdruck zu sehen. Die Eiskristalle, die sich an den Butzenscheiben geformt hatten, hatten begonnen zu schmelzen.
7
Beim zweiten Mal war sie schon auf die Erfahrung des Portalreisens vorbereitet. Angenehmer wurde der Vorgang dadurch allerdings nicht.
Das Gefühl, zuerst auseinandergezogen und anschließend auf zu engem Raum wieder komprimiert zu werden, gepaart mit der Unfähigkeit, während des kurzen Durchschreitens des Nichts die nicht vorhandene Luft einzuatmen, war beängstigend und übelkeiterregend.
Der Anblick des gigantischen Gebäudekomplexes, in dem sich die Kämpferakademie befand, ließ ihr Herz noch weiter mit ihrem Magen kollidieren.
Die Akademie beinhaltete ihre eigene kleine Welt und bestand aus zahlreichen Häusern unterschiedlichster Bauart, die im Laufe der Zeit bei Bedarf einfach angestückelt worden waren und so ein Gewirr aus Gassen, Winkeln und Innenhöfen bildeten, in denen sich das Leben und Training der jungen Kämpfer abspielte.
Daenas Blick wanderte über die Fassaden, die sich immerhin in ihrer wehrhaften Erscheinung glichen, hin zu dem schweren schmiedeeisernen Gitter, das den Eingang versperrte. Sie schluckte schwer, ehe sie sich Berekh zuwandte.
„Ich glaube, es wäre besser, wenn du hier warten würdest.“ Ihre Stimme klang dünn und kläglich und erinnerte viel zu sehr an das Kind, das vor einer Ewigkeit
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