Herz des Winters (German Edition)
Berekh sich, küsste gekonnt ihren Handrücken und zwinkerte ihr zu. „Mylady, ich fürchte, es wird spät werden. Wartet nicht mit dem Zubettgehen auf mich, ich werde nachkommen.“
Damit ließ er die beiden allein am Tisch zurück, Sikaîl mit vor Wut blass gewordenem Gesicht, Daena mit dem rosigen Farbton der Schamesröte.
***
Nachdem die Tür hinter Berekh ins Schloss gefallen war, wurde sich Daena plötzlich der Nähe des blauhaarigen Kämpfers bewusst. Krampfhaft darum bemüht, kein unangenehmes Schweigen aufkommen zu lassen, fragte sie so beiläufig wie möglich: „Also, wie war deine Reise bisher?“
Seine in Abwehr verkrampften Schultern entspannten sich und ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. „Hart, wie es sich für unsereins gehört.“ Mit einer ausholenden Geste deutete er auf die Männer, die die umliegenden Tische in Beschlag genommen hatten. „Und erfolgreich soweit.“
„Du warst immer derjenige, der alle um sich scharen konnte.“ Sie versuchte, die Bitterkeit zu verdrängen, doch der Gedanke, der diese verursachte, blieb. Sikaîl, um dessen Aufmerksamkeit Männer und Frauen gleichermaßen rangen. Berekh, dem trotz seiner furchteinflößenden Vergangenheit Glauben und Hoffnung geschenkt wurden. Und sie, die nicht einmal ihre eigenen Lehrmeister überzeugen konnte.
In Selbstmitleid versunken, schrak sie auf, als er sie mit einem „Hey!“ anstieß. Erst da wurde ihr bewusst, dass sie eine ganze Weile in ihren leeren Humpen gesehen hatte. „Hmmm?“ machte sie, recht unmotiviert.
„Ich habe gesagt, dass ich froh bin, wieder an deiner Seite kämpfen zu können. Du hattest immer deinen eigenen Stil dabei.“
Sie sah ihn nachdenklich an. „Ich bin nicht froh darüber. Ich glaube, wenn ich das alles überlebe, werde ich mich nach einem anderen Beruf umsehen.“
Sikaîls Gesicht bekam einen Ausdruck, als hätte sie ihm gerade einen Tritt in seine empfindlichen Teile verpasst. „So etwas solltest du nicht sagen.“ Und nicht einmal denken , fügte sein Blick hinzu.
Doch Daena lag nichts mehr an den Wertvorstellungen der Akademie. Sie zuckte nur mit den Schultern. „Ich habe genug gekämpft, genug erlebt und gesehen. Seit der Akademie habe ich kein Zuhause mehr gekannt. Was ist falsch daran, sich ein beständiges Leben zu wünschen?“
Sikaîl war fassungslos. „Hat dir das dein Zauberer eingetrichtert?“
„Hältst du mich etwa für unfähig, selbst über mein Leben zu reflektieren und zu entscheiden?“
„Nein, nein.“ Er hob abwehrend die Hände. „Ich meine nur, dass das nicht nach dir klingt.“
Sie sah ihn an und durch die Fassade seines kämpferischen Aussehens hindurch. Immer beliebt, nach der Ausbildung zurück in sein Heimatdorf gegangen und dort nichts begegnet, das mehr als ein paar Kratzer hinterlassen hätte. Umgeben von Freunden und Familie, ein karges, aber ungefährliches Leben. Berekh hatte Recht gehabt. Sikaîl wusste nichts von der Welt, wie sie wirklich war. Mit dieser Erkenntnis zerbrach eine jahrelang gehegte Illusion.
„Du kennst mich nicht mehr“, antwortete sie betrübt. „Und meinen Zauberer kennst du auch nicht, also maß dir kein Urteil über einen von uns an.“ Sie schob ihren Stuhl zurück und erhob sich. „Ich werde schlafen gehen, wir brechen morgen schließlich früh auf.“
„Du solltest dich von ihm fernhalten. Solche wie er sind gefährlich.“
Sie schenkte ihm einen letzten bedauernden Blick, ehe sie sich umwandte und die Treppe hinauf zu dem Zimmer ging, das Berekh und sie für diese Nacht gemietet hatten.
***
Wider Erwarten schlief sie wie ein Stein, weshalb sie mit dem Dolch in der Hand aus dem Bett sprang, als Geräusche von der Tür her erklangen. Bevor sie noch richtig wach war, stand sie bereits hinter der Tür an die Wand gepresst und bereit zum Angriff.
Die Tür schwang auf und eine dunkle Gestalt betrat den Raum. Daena bemerkte die kleine Flamme, die an Stelle einer Lampe auf der bloßen Hand des Eindringlings flackerte, und ließ den Dolch sinken.
„Verdammt, hast du mich erschreckt“, begrüßte sie Berekh, der bei ihren Worten herumfuhr, seinerseits eine Hand erhoben zu etwas, das verdächtig nach einer magischen Geste aussah.
„Wieso versteckst du dich hinter der Tür?“, fragte er müde und ein wenig verwirrt.
„Ich dachte, du wärst ein Einbrecher!“, flüsterte sie zurück. Die andere Möglichkeit, die sie in Betracht gezogen hatte, ließ sie lieber unerwähnt. Vor allem, da sie selbst nicht mehr
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