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Herz im Zwiespalt (German Edition)

Herz im Zwiespalt (German Edition)

Titel: Herz im Zwiespalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Alge
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nicht abgelenkt war. Als sich erneut leise Zweifel meldeten, starrte Lizz wütend zur Wand über ihrem Bett.
    Das war ja wieder einmal typisch. Gerade jetzt, wo sie so begierig darauf war, sich mit diesem Douglas zu streiten, dachte dieser natürlich nicht im Traum daran, ihr den Gefallen zu tun.
    Sie wälzte sich im Bett von einer Seite auf die andere. Ihr Körper brannte und eine unbekannte Sehnsucht tief in ihr ließ den Schlaf in immer weitere Ferne rücken.
    Weder ihr Geist noch ihr Körper fanden sich bereit, die Erinnerung an den ersten Kuss in den Armen des schwarzen Ritters endlich zu tilgen. Der dunkle, melodiöse Klang seiner flüsternden Stimme blieb ihr ebenso gegenwärtig wie die fordernde Leidenschaft seiner Lippen. In seinen starken Armen war ihr junger Körper zu neuem Leben erwacht.
    Lizz stöhnte hörbar auf. »Es hat doch keinen Sinn.«
    Sie hatte keine Ahnung, wie spät es war, als sie sich wieder erhob, ihr Kleid überstreifte und ihr Gemach verließ. Sie benötigte dringend frische Luft, um ihre Gedanken neu zu ordnen.
    Lizz wagte es nicht, den Hauptkorridor zu nehmen, da sie keinesfalls entdeckt werden wollte. Deshalb hielt sie Ausschau nach einem der verborgenen Dienstbotenaufgänge, von denen Mary ihr berichtet hatte. Einer musste sich hier ganz in der Nähe befinden. Lizz schob den roten Samtvorhang beiseite. Dahinter verbarg sich eine dunkle Nische. Als sie die schmale Türe gefunden hatte, stieg sie vorsichtig die steilen Stufen hinunter. Nach wenigen Metern bereute sie ihren Entschluss bereits. Falls sie geglaubt hatte, die endlosen Korridore im Gästeflügel wären bereits verwirrend, so fand sie sich jetzt in einem wahren Labyrinth von steilen Stiegen, engen Gängen und schmalen Pforten wieder. Der unangenehme Geruch nach feuchtem Gestein und abgestandener Luft wurde immer schneidender, je weiter sie sich vorwagte. Gerade als sie um die nächste Ecke biegen wollte, öffnete sich eine Tür. Lizz wich rasch in den Schatten zurück und horchte auf, als sie das verzweifelte Schluchzen einer Frau vernahm, die aus der Kammer trat. Ein älterer Diener legte ihr beruhigend den Arm um die Schultern. Auch sein Gesicht war gezeichnet von Schmerz und Hoffnungslosigkeit. »Du weißt doch, dass wir nichts dagegen unternehmen können.«
    »Aber sie ist unsere Tochter!«, schluchzte die Frau. »Wie kann Gott nur so grausam sein und zulassen, dass unser eigen Fleisch und Blut solche Qualen durchleiden muss?«
    »Nicht Gott hat unsere Amélie vergewaltigt, sondern einer dieser blaublütigen reichen Bastarde von oben«, erklärte der Mann voller Pein.
    »Er hat sie so schlimm verletzt, dass sie wohl niemals eigene Kinder haben wird. Wie soll ich ihr das nur erklären?«, schluchzte die Mutter untröstlich. »Kinder waren doch immer Amelies sehnlichster Wunsch.«
    Die beiden entfernten sich mit schleppenden Schritten und Lizz erhaschte einen Blick in die Kammer, bevor sich die Tür von innen schloss. Tränen des Mitleids füllten ihre Augen, als sie ein zierliches, blasses Mädchen auf einem Strohsack erblickte. Der reglose Körper war von einem Laken verhüllt und die weit aufgerissenen Augen blickten starr und teilnahmslos zur Decke. Ihr junges Gesicht war von hässlichen Blutergüssen entstellt, die von brutalen Schlägen zeugten. Nur das leise Wimmern verriet, dass noch Leben in diesem geschundenen Körper steckte.
    Lizz hielt sich die Hand vor den Mund, um einen entsetzten Aufschrei zu unterdrücken. Was für eine Bestie konnte diesem Mädchen solches Leid zugefügt haben?
    Sie war nicht so naiv zu glauben, dass dies ein Einzelfall war. Auch in Stobhall Castle hatten früher solche Übergriffe auf die wehrlosen Dienstmägde stattgefunden. Deshalb vermied sie es auch aufs Peinlichste, ihren Gästen junge Mädchen als Bedienstete zu schicken, sondern zog es vor, ihnen ältliche Mägde oder gar männliche Diener zur Seite zu stellen.
    Tief berührt von dem eben Erlebten huschte Lizz weiter durch die engen Gänge, bis sie endlich eine schmale Pforte zum Garten fand.
    Lizz atmete erleichtert auf. Sie hatte einen Ausgang in die Gartenanlagen gefunden, die sich unweit der Ställe befanden. Einen Augenblick lang zögerte sie. Sie konnte nur hoffen, dass niemand sie entdeckte. Es war ihr mit Sicherheit nicht gestattet, nachts und zudem allein in den Gärten herumzuspazieren. Dennoch wollte sie nicht kehrtmachen. Sie hob den Blick gegen den Nachthimmel. Bis zum Vollmond dauerte es gewiss noch eine Woche, und

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