Herz im Zwiespalt (German Edition)
sie Schritt um Schritt vor ihm zurück. »Das ... das ist Wahnsinn«, flüsterte sie zutiefst erschüttert.
George war sich sicher, noch nie etwas Schöneres gesehen zu haben als diese blutjunge Frau. Ihre Lippen schimmerten feucht und waren rot und geschwollen von seinen leidenschaftlichen Küssen. Ihre Brüste hoben und senkten sich verführerisch bei jedem heftigen Atemzug und in ihren Augen las er nackte, unverhohlene Begierde. Sie hatte Recht, dies hier war Wahnsinn.
George wollte sie wieder in seine Arme ziehen, doch sie schüttelte langsam den Kopf.
Ungläubig berührte sie mit den Fingerspitzen ihre geschwollenen Lippen.
Sie konnte einfach nicht glauben, was soeben geschehen war. Konnte nicht fassen, dass sie diesem Fremden solche Freiheiten gestattet hatte.
»Das hätte niemals geschehen dürfen ... Es ... es tut mir Leid.« Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sie sich um und floh in die Nacht hinaus. Sie brauchte Abstand von diesem Mann. Abstand von diesen verzehrenden Gefühlen.
George trat langsam an die Stalltür und beobachtete, wie das Mädchen im Gasthaus verschwand. Das unangenehme Gefühl eines bitteren Verlusts machte ihm mindestens ebenso schwer zu schaffen wie sein ungestilltes Verlangen. Einige Minuten verharrte er bewegungslos und wartete darauf, dass in einem der Fenster Licht anging. Doch alles blieb dunkel.
»Wir werden uns wieder sehen, Kätzchen«, versprach er leise und wünschte sich, wenigstens ihren Namen zu kennen.
Als George gerade in sein Versteck zurückkehren wollte, nahm er plötzlich eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahr. Ein Schatten entfernte sich mit ungleichen Schritten vom Stall und verschmolz gleich darauf mit der Nacht. Das leise Schlurfen eines nachgezogenen Beines verklang beinahe zur selben Zeit.
George zog nachdenklich die Stirn in Falten. Jemand hatte sie beobachtet. Diese Erkenntnis gefiel ihm ganz und gar nicht.
2
Der riesige Saal von Stirling Castle platzte schier aus allen Nähten. Sämtliche Clane waren heute hier vertreten, um ihren neuen König anzuerkennen und ihm ihre Treue zu schwören. James IV. stand, von seinen Beratern und Bischöfen flankiert, am Kopfende des Saals auf einer erhöhten Plattform und ließ den Blick über seine Untertanen schweifen, während der Bischof mit lauter Stimme ein Gebet für den neuen Herrscher über Schottland sprach. Der König war gut aussehend und athletisch gebaut. Sein kastanienbraunes Haar fiel ihm bis auf die Schultern, und seine braunen Augen, obwohl warm und freundlich, ließen erkennen, dass man ihn nicht unterschätzen sollte. Er wirkte zwar sehr jung, doch sein ruhiger Blick verriet Intelligenz und Wachsamkeit.
Zweiteres war auch bitter nötig. Denn obwohl sich die Clane in ihre feinsten Kleider gehüllt hatten, spürte man doch unterschwellig die Feindschaft zwischen den einzelnen Clanen. Trotzdem war der Raum von einer ruhigen und würdevollen Atmosphäre erfüllt. In der Tat war es sogar so ruhig, dass Lizz vor Langeweile am liebsten laut aufgeschrieen hätte. Seit fast einer Woche waren sie nun schon auf Stirling Castle. Sie hätte sich niemals träumen lassen, dass allein eine Krönungszeremonie geschlagene drei Tage dauern konnte, von den folgenden Treueforderungen an die Clanoberhäupter ganz zu schweigen. Seit gut fünf Tagen kniete sie nun schon in Kirchenbänken oder stand sich in irgendeiner völlig überfüllten Halle die Füße in den Bauch.
So sehr sie sich auch auf die Abenteuer und Festlichkeiten bei Hofe gefreut hatte, verspürte sie nun nur noch den dringenden Wunsch, endlich wieder nach Hause zurückzukehren. Sie überlegte kurz, ob es vielleicht auffallen würde, wenn sie sich ganz langsam zum Ausgang vorarbeiten und dann verschwinden würde. Natürlich verwarf sie diesen Gedanken sogleich wieder. Ihre Eltern würden ihr ein solches Benehmen bestimmt niemals verzeihen. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als sich mit dem Gedanken zu trösten, dass auch dieser Tag ein Ende finden würde. Endlich wurde Clan um Clan aufgerufen, um dem König die Treue zu schwören. Manche von ihnen, die sich in der Schlacht bei Sauchie-burn besonders gut geschlagen hatten, erhielten sogar neue Titel und Ländereien zur Belohnung.
Unglaublich spannend. Lizz gähnte hinter vorgehaltener Hand. Sie konnte es kaum erwarten, endlich auf Lady Lous Rücken zu sitzen. Allan hatte ihr nämlich versprochen, dass er sie heute bei einem ausgedehnten Ausritt begleiten würde. Lizz tat einen tiefen Atemzug,
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