Herz in Gefahr (German Edition)
drohte es überzulaufen.
Bloomfield hatte es gewagt, sein Wort und seine Ehre anzuzweifeln. Wie konnte er es wagen, einen Edelmann, der kein Geringerer war als Bloomfield selbst, so zu erniedrigen? Das letzte bisschen Stolz, das in ihm brannte, verlangte danach, von seinem Gegenüber Genugtuung zu erlangen.
»Was wollt Ihr damit sagen?«, herrschte er den Sitzenden an und beugte sich noch weiter nach vorn. Wie von selbst griff seine rechte Hand nach dem Dolch, der ihm lose im Gürtel steckte, und verharrte dort, als sich nun auch Lord Robin erhob, der ihn um wenigstens einen Fuß an Körpergröße überragte. Langsam und ohne den Blick von Bloomfield zu lassen, nahm Sir Matthew die Hand vom Dolch und umkrallte stattdessen die Tischplatte. Sie standen voreinander, nur durch den schweren Eichentisch, auf den sie die geballten Fäuste gestützt hatten, getrennt. Auge in Auge standen sie da, fixierten sich mit angespannten Zügen, und ein jeder von ihnen versuchte im Blick des anderen zu lesen, was als Nächstes passieren würde. Es war totenstill in derHalle, sodass man eine Stecknadel hätte zu Boden fallen hören können. Nur die erregten Atemzüge der beiden waren zu vernehmen. Sekundenlang hielten sie einander, ohne sich zu rühren, mit Blicken gefangen, die mehr sprachen, als tausend Worte es in dieser Situation vermocht hätten. In Sir Matthews Kopf jagte ein Gedanke den anderen. Er musste seiner Ehre Genugtuung widerfahren lassen, Respekt und Achtung erzwingen. Sein verletzter Stolz verlangte danach. Gleichzeitig konnte er es sich in dieser Situation nicht leisten, einen Zweikampf herauszufordern. Er durfte Lord Robin jetzt nicht provozieren. Zu dringend benötigte er dessen Geld. Ohnmächtig musste er mit ansehen und anhören, wie der Konkurrent seine Ehre mit geringschätzigen Worten befleckte. Und gerade diese Ohnmacht versetzte Sir Matthew in eine noch größere Wut. Er war Lord Robin auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Hatte je ein Warthorpe eine solche Schmach hinnehmen müssen? »Setzt Euch wieder hin, Sir«, befahl Bloomfield schließlich dem Aufgebrachten mit Nachdruck und nahm selbst Platz. Der Kampf der widerstreitenden Gefühle, der sich auf Sir Matthews Gesicht widergespiegelt hatte, war ihm nicht verborgen geblieben. Fast schon taten ihm seine Worte Leid. Deshalb sagte er nun: »Ich werde euch helfen – um Eurer Verwandtschaft zu Lord Waterhouse willen, der von unserem Handel aus meinem Mund nichts erfahren soll, so Ihr Euch an die Bedingungen haltet. Ich gebe Euch Geld. 500 Goldstücke sollt Ihr haben. Mehr kann ich nicht entbehren. Dafür unterschreibt Ihr einen Kreditbrief, der mir einen Teil Eurer Ländereien zusichert, falls Ihr die Summe nicht zurückzahlen könnt. Wenn Ihr damit einverstanden seid, werde ich das Papier aufsetzen und die Goldstücke abzählen lassen. Nun, Sir? Seid Ihr mit diesem Angebot zufrieden?«
Sir Warthorpe saß mit hängenden Schultern auf seinem Platz und schaute auf die Tischplatte, als stünde dort die Antwort. Dies war wohl der schwärzeste Tag in seinem Leben, schlimmer noch als der Tag nach seiner Hochzeit, an dem ihn sein Weib das erste Mal verhöhnte, schlimmer noch als jener Tag in der Schlacht in Frankreich, an dem der Earl of Clifford den Tod fand. Er wusste, dass seine Zukunft von Bloomfields Gutdünken abhing. Jetzt war nicht die richtige Zeit für dessen Hochmut und Geringschätzung Vergeltung zu üben. Er brauchte das Geld so nötig, dass alles andere warten musste. Sir Matthew Warthorpe nickte schwach mit dem Kopf und sah auf. Lord Robin erschrak über den unbändigen Hass, der aus Matthews Augen zu ihm sprach. Ihm wurde unbehaglich zumute, doch er hielt dem Blick stand. Dann rief er seinen Verwalter zu sich, rollte ein Stück Pergament auf, tunkte den Federkiel in das Tintenrohr und begann zu schreiben.
3. Kapitel
Sir Matthews Besuch auf Waterhouse, sein Heiratsantrag und die bedrohliche, unangenehme Stimmung, die während ihres Gespräches den Raum erfüllt hatte, ließen Helen keine Ruhe. Immer wieder sah sie die kalten Augen Warthorpes vor sich und hörte die letzten Worte, die er zu ihr gesprochen hatte und auf die sich Helen keinen Reim machen konnte. Sir Matthew hatte es geschafft, sie in Unruhe zu versetzen. Hatte sie deshalb auf eine rasche Verlobung gedrängt, weil sie glaubte, bei Robin sicher zu sein? Wollte sie Warthorpe beweisen, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte? Helen fand keine Erklärung, doch glücklicherweise
Weitere Kostenlose Bücher