Herz in Gefahr (German Edition)
er sich getäuscht haben?
»Nun, da Ihr alles von mir wisst, was habt Ihr vor?«, fragte er schließlich.
»Ich bin weder ein Richter, noch bin ich Gott. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob Ihr mit Schuld beladen seid oder nicht. Warthorpes Leute behaupten, Ihr wäret ein heimtückischer Kindermörder ...«
»Nein, das stimmt nicht!«, unterbrach Robin die Rede des Geistlichen aufgebracht.
»... und Ihr behauptet das Gegenteil«, beendete der Abt seinen Satz.
»Wie kann ich wissen, wer lügt und wer die Wahrheit spricht? Es ist nicht meine Aufgabe auf dieser Welt, über Euch oder andere zu richten. Doch kann ich es auch nicht zulassen, einen vermeintlichen Mörder unter den Schutz der Kirche zu stellen, sodass er seiner gerechten Strafe entgeht.«
»Was also habt Ihr vor?«, fragte Robin wieder, und seine Stimme wurde um eine Spur lauter.
»Zwei Mönche meines Klosters werden Euch morgen nach Canterbury begleiten. Sie bringen Euch in das dortige Augustinerkloster, in dem auch Euer Bruder lebt. Soll der Erzbischof entscheiden, was mit Euch weiter geschieht. Für heute gebe ich Euch ein Nachtlager. Ihr schlaft in meiner Zelle und nicht mit den anderen Gästen im allgemeinen Schlafsaal. Vielleicht ist ja doch einer unter ihnen, dem 50 Geldstücke mehr wert sind als Gerechtigkeit. Ich habe deshalb bei mir eine Holzpritsche aufstellen lassen.«
Robin trat näher, kniete vor dem Abt nieder und küsste seinen Ring.
»Ich danke Euch, ehrwürdiger Vater«, sagte er.
»Nun, mein Sohn, ist es Zeit zum Schlafen«, erwiderte der Abt. »Lasst uns zusammen das Abendgebet sprechen und dann legt Euch nieder. Ob schuldig oder nicht, Ihr werdet in den nächsten Tagen viel Kraft brauchen.«
»Und so verurteile ich Lord Robin Bloomfield in seiner Abwesenheit zum Tode. Von dieser Stunde an gilt er als vogelfrei«; verkündete feierlich der Earl of Clifford das Urteil.
Margaret, die in einer Ecke der Halle saß und die Verhandlung von Beginn an verfolgt hatte, stockte der Atem. Vogelfrei, dachte sie, Robin Bloomfield ein Outlaw ohne jeglichen Rechtsschutz, der von jedermann straffrei getötet werden konnte! Sie sah zu Helen, die den Urteilsspruch, dem Todesurteil, ohne erkennbare Regung zugehört hatte. Auch jetzt blickte sie starr nach vorn zu dem Richtertisch, an dem neben dem Earl of Clifford auch Pater Gregor Platz genommen hatte. Sie saß neben Sir Matthew Warthorpe, der ein zufriedenes Lächeln zeigte und Helen von der Seite beobachtete. Jetzt griff er sogar nach ihrer Hand, die kalt und unbeweglich auf ihrem Schenkel lag. Für einen Moment sah sie überrascht auf, als sie Matthews Hand auf der ihren spürte. Doch sie zog sie nicht zurück, sondern ließ zu, dass er sie besitzergreifend in die seine nahm und festhielt.
»Die Ländereien von Lord Robin Bloomfield ziehe ich zu Gunsten des Lehnsherrn ein«, sprach der Earl of Clifford weiter und umschrieb damit sehr geschickt, dass er sich fortan um viele Hektar Land und unzählige Schafe reicher nennen durfte, »und übergebe sie zur Hälfte an den Geschädigten, Lord Henry Waterhouse, der darauf den Eid abzuleisten hat. Robins Titel ›Lord of Bloomfield‹ fällt an die englische Krone zurück.«
Lord Waterhouse stand auf, trat vor den Richtertischund kniete nieder, sein Schwert zu Füßen. »Ich gelobe meinem Lehnsherrn die Treue«, schwor er und war damit der neue Besitzer über die Hälfte der Bloomfield Manors.
»Damit ist die Verhandlung geschlossen«, verkündete nun der Earl und wollte sich erheben.
»Einen Moment noch«, ertönte da Helens Stimme durch den Raum. Gespannt sahen alle auf die junge Frau, die mit diesen Worten ihr tagelanges Schweigen gebrochen hatte. Sie stand auf, den Rücken gerade, hochaufgerichtet und mit unnahbarer, hochmütiger Miene, und sah auf den Earl.
»Hochwürdiges Gericht«, begann sie. »Ich erhöhe die Fangprämie, die auf den Kopf des ehemaligen Lord of Bloomfield ausgesetzt ist, um weitere 50 Goldstücke auf nunmehr 100 Goldstücke. Außerdem erhält derjenige, der mir den Mann ausliefert, eine Truhe voller kostbaren Silbergeschirrs und feinstem Leinen.«
»Wollt Ihr das wirklich tun?«, fragte der Earl of Clifford überrascht zurück. »Warum? Erscheint Euch die Strafe, die ich verhängt habe, nicht angemessen genug?« Er sprach damit aus, was alle anderen im Saal dachten. Auch der alte Lord Waterhouse zeigte sich verwundert.
»Kind, was hast du dir dabei gedacht?«, fragte er.
»Ihr, Mylord, habt weise und gerecht
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