Herzblut 02 - Stärker als der Tod
nichts, wenn wir die schweren Sachen tragen“, rief Carrie Anne im Vorbeigehen zu.
Anne nuschelte gedankenverloren: „Ist schon gut.“
Carrie, Michelle und ich sahen uns fragend an, dann trugen wir die Sachen zu Michelles Auto. Ich bedankte mich für alles, sah ihnen noch nach und ging wieder rein, als Ron gerade aus der Küche kam.
„Bis morgen“, verabschiedete er sich, während er zu Anne ins Wohnzimmer sah. „Ach, und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.“
„Danke. Tschüss.“
Als er ging, rieb er sich mit einer Hand über den Nacken.
Anne renkte sich auf dem Sessel fast den Hals aus, um ihm durch das Fenster nachzusehen. Ich wartete, bis das dumpfe Wummern seines Autos verklungen war. Dann sagte ich ihren Namen.
Sie drehte sich ruckartig um und sah mich finster an. „Scheiße. Du hast mir einen Scheißschrecken eingejagt!“
„Na Scheiße, tut mir leid“, zog ich sie auf, die Hände in die Hüften gestemmt. „Tut mir auch leid, dass ich diesen Überraschungsgast mitgebracht habe.“
Sie zuckte mit einer Schulter und trommelte mit den Fingern auf die Sessellehne. „Schon gut. Früher oder später wären wir sowieso mal im gleichen Zimmer gelandet.“
„Geht es dir gut?“, fragte ich leise.
„Klar“, antwortete sie automatisch. „Warum auch nicht?“
Ich musste nicht erst ihre Gedanken lesen, um zu wissen, dass sie log. Aber ich ritt nicht darauf herum.
Nach kurzem Schweigen seufzte sie. Anscheinend nahm sie erst jetzt ihre Umgebung wahr. „He, wo sind Carrie und Michelle geblieben?“
„Sie sind gefahren, weil sie für Carries nächste wichtige Klausur lernen wollen.“
Anne runzelte die Stirn. „Hm. Das habe ich gar nicht mitgekriegt.“ Sie wuchtete sich aus dem Sessel. „Noch mal alles Liebe zum Geburtstag.“
„Danke.“
Ich brachte sie zur Haustür. Auf der Schwelle drehte sie sich um und öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen.
„Ja?“, ermunterte ich sie. Sie sah aus wie ein Roboter, dem der Saft ausgegangen war.
„Ach nichts. Gute Nacht. Bis morgen.“ Mit einem knappen Winken, das mich an Ron erinnerte, ging sie langsam zu ihrem Auto.
Erst ein paar Minuten nachdem Anne in die Fahrerkabine ihres Pick-ups gestiegen war, fuhr sie rückwärts aus der Einfahrt. Mit dem rechten Hinterreifen erwischte sie noch die Bordsteinkante, bevor sie sich auf den Heimweg machte.
Wow. So zerstreut hatte ich sie noch nie erlebt. Die Sache zwischen ihr und Ron setzte ihr wirklich zu.
Ich stieß einen langen, lauten Seufzer aus und ging ins Haus, um nachzusehen, welche emotionalen Gefechte sich meine Eltern wohl in der Küche lieferten.
Sie saßen einander gegenüber am Küchentisch. Und sie wirkten … friedlich.
Hätte ich Mom dabei überrascht, wie sie Dad wieder mit Tellern bewarf, wäre ich weniger überrascht gewesen.
„Na, was gibt’s?“, fragte ich sie. Ich musterte erst Mom, dann Dad. Sollte ich einen Schritt weiter gehen und ihre Gedanken lesen? Ich war mir nicht sicher. Vielleicht würde mir nicht gefallen, was ich da fand.
„Hmm?“, machte Mom. „Ach nichts, Liebes. Wir reden nur überden Tag, an dem du geboren wurdest.“
Dad grinste. „Du warst so schön, so …“
„ … wunderbar“, sagten beide wie aus einem Mund und lächelten sich an.
Okay . „Das ist ja … nett. Mom, solltest du nicht …“ Ich deutete mit dem Kopf in die Richtung, in der ihr Wohnwagen stand.
„Ach! Genau. Da fällt mir ein, dass wir noch ein Geschenk für dich haben.“
Unsere einzige Vorwarnung war das Quietschen der Haustür. Dann rief Gowin aus der Diele: „He, hab ich die Party verpasst?“
Dad und ich sahen uns entsetzt an.
„Mom, geh jetzt lieber“, zischte ich. „Hinten raus. Schnell!“
Zu spät. Schon hatte Gowin die Küche erreicht. Ich drehte mich zu ihm um. Mein Herz raste wie wahnsinnig.
Zwei Vampire, eine Halbvampirin und eine Nachfahrin im gleichen Zimmer, das auf einmal viel zu klein wirkte. Das klang wie der Anfang von einem schlechten Witz. Leider war die Situation gar nicht zum Lachen.
„Oh, ich habe die Familienidylle zerstört!“ Gowin fuchtelte überrascht mit einem Geschenk in rosa-silbernem Geschenkpapier herum. „Entschuldigung. Ich wollte Savannah nur das hier geben.“
Er blieb auf der Schwelle stehen und streckte mir das Geschenk entgegen.
Lächelnd ging ich zu ihm. „Danke. Das wäre doch nicht nötig gewesen.“
Er schenkte mir ein kurzes Grinsen. „Das ist das neueste Tablet. Ich dachte, du könntest es für die
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