Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
wir bestimmt ein paar Gesprächsthemen, oder?“
Carries zustimmendes Lachen erleichterte mich ein bisschen.
Wir stellten unsere Taschen auf den Tisch.
Dann wandte sich Greg zu mir um. „Holen wir uns was zu essen?“
Ich nickte und ging stumm mit Greg zur Schlange vor der Essensausgabe. Unterwegs hatte ich das Gefühl, als würde jeder Einzelne in der Cafeteria uns beobachten. Selbst als Betreuerin der Charmers war ich für die Gerüchteküche zu uninteressant, also musste es an Greg liegen.
Während wir anstanden und schließlich unser Essen aussuchten, sagte ich kein Wort. Das Schöne an Greg war, dass ich nicht nur ungezwungen mit ihm reden konnte, sondern es ihm auch nichts ausmachte, ab und zu zu schweigen.
Kurz vor der Kasse sagte er: „Ich dachte immer, du wärst einfach nervös, wenn ich in der Nähe bin. Aber eben habe ich kapiert … du bist einfach nicht so wie die meisten Mädchen, oder?“
Meine Schultern verspannten sich, mein Herz schaltete sofort ein paar Gänge rauf. „Wie meinst du das?“
Er zuckte mit den Schultern. „Die meisten Mädchen würden jetzt ununterbrochen reden.“
Langsam stieß ich den Atem aus und rang mir ein Lächeln ab. „Meine Großmutter sagt immer, dass man durch Zuhören mehr lernt.“
„Mhm. Dabei treffen wir uns jetzt seit fast drei Monaten. Weißt du nicht schon alles über mich?“
Dieses Mal zuckte ich mit den Schultern. „Kann man einen anderen überhaupt richtig kennen?“
Er zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts. An der Kasse zahlte Greg zuerst und wartete, bis ich auch bezahlt hatte. Als wir ein paar Schritte gegangen waren, sagte er lächelnd: „Wenn dir einfällt, was du noch über mich wissen willst, sag einfach Bescheid, okay?“
Schade, dass ich nicht genauso offen sein konnte.
„Soll ich dir was zu trinken holen?“, fragte er und deutete mit einer Kopfbewegung auf den Getränkeautomaten zwanzig Meter weiter. „Orangenlimo, stimmt’s?“
„Gern. Soll ich dir das Essen abnehmen?“
„Gute Idee, danke.“ Er gab mir sein Tablett, beugte sich dabei vor und küsste mich auf die Wange. Ich zog mit hochrotem Kopf weiter, während er in die entgegengesetzte Richtung ging.
„Ist der süüüß!“, kreischte Michelle, als ich unseren Tisch erreichte.
Ich musste lachen. Mit einem zustimmenden Nicken setzte ich mich.
„Und höflich.“ Carrie klang richtig überrascht.
„Er war früher bei den Pfadfindern“, sagte ich und stockte. Fühlte ich da etwa … Stolz? Mein Gott. Ich entwickelte mich ja zu einer richtigen Neandertalerin, die ihren Fang vorführte. Dabei hatten wir uns immer über Jungs und ihre Vorzeigefreundinnen lustig gemacht.
Ich schüttelte über mich selbst den Kopf. Dann machte ich mich wie meine Freundinnen über das Essen her. Das war nicht unhöflich, sondern notwendig. Bei unseren zwanzig Minuten Mittagspause hatten wir keine Zeit, mit dem Essen auf Greg zu warten.
Kurz darauf kam Greg im Laufschritt mit unseren Getränken zurück. „Tut mir leid, ich habe meinen Freunden nur gesagt, wo ich heute bin. Ich soll dich überreden, sie morgen kennenzulernen.“
War es eine große Sache, wenn er mich seinen Freunden vorstellte? Es kam mir so vor. Allerdings war Greg mein erster Freund, und ich hatte keine Ahnung, wie so etwas lief.
„Äh, klar, gern.“ Ich versuchte, ein schwachsinniges Grinsen zu unterdrücken, und öffnete mein Getränk. Dabei klimperte etwas gegen die Dose. Oh Mist, mein Armband von den Charmers.
Bei dem Geräusch blickte Anne auf, stutzte und packte meine Hand. „Was ist das denn? Hast du uns was zu sagen?“ Mit der freien Hand hielt sie das Gruppenlogo hoch, als sei es schmutzige Unterwäsche.
„Äh, ja. Ich … ich bin dieses Jahr Betreuerin bei den Charmers.“
Innerhalb von Sekunden stieg die Temperatur an unserem Tisch. Ich konnte fast sehen, wie die Luft sich rot färbte und anfing zu kochen, so wütend waren Anne und Carrie. Hitze strömte über meine Haut, obwohl ich wie immer darauf achtete, alle Gefühle um mich herum abzublocken. Aua.
Vielleicht würden sie sich wegen Greg wenigstens auf die Zunge beißen, bis sie sich beruhigt und die Neuigkeit verkraftet hatten.
„Ach, Glückwunsch!“ Michelles Lächeln verblasste, als sie vonAnne zu Carrie sah. „Oder nicht?“
„Bei den Charmers?“, zischte Anne.
Vielleicht war es ihnen aber auch völlig egal, was Greg über sie dachte.
„Als Betreuerin?“, fügte Carrie noch lauter hinzu. An den umliegenden Tischen
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