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Herzen aus Asche

Herzen aus Asche

Titel: Herzen aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Narcia Kensing
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Wildblume, die ihren leuchtend gelben Kopf der Sonne entgegenstreckte. Es war vol lkommen friedlich. Die Baumkronen raschelten im Wind, Vögel sangen und Insekten surrten.
    In einer hinteren Ecke des Gartens, verdeckt unter e inem Lorbeerstrauch, entdeckte sie einen roten Gegenstand von der Größe einer Hand, der eindeutig nicht hierher gehörte. Sie ging darauf zu und bückte sich danach. Ein verschmutztes und angerostetes Spielzeugauto aus Metall. Zwei Räder fehlten. Als sie es berührte, streifte sie flüchtig die Vision von einem etwa fünfjährigen Jungen, der im Garten saß und damit spielte. Der Rasen war gemäht, in den Beeten blühten Krokusse. Aus der Tür, die in den Wintergarten führte, rief eine Frau nach dem Jungen, er solle zum Essen hereinkommen. Sie hatte langes blondes Haar und trug ein wild gemustertes Kleid, das bis über ihre Knie reichte. Sie lachte, und kleine Fältchen bildeten sich um ihre Augen. Dann war es vorbei. Amelie ließ das Auto fallen. Dieser Ort war voll von Erinnerungen, und sie zweifelte nicht daran, dass Leif ihn damit getränkt hatte. Amelie spürte seine flüchtige Anwesenheit auch dann, wenn er nicht körperlich zugegen war. Sie war empfänglicher für solche Dinge geworden, und Leif hatte sie bereitwillig an den Empfindungen teilhaben lassen, die er mit jedem Quadratzentimeter der Villa verband. Sie war eine Seherin, und er hatte ihr erklärt, sie hätte ohnehin empfindlichere Antennen für übernatürliche Kraftfelder. Es verwunderte sie kaum, dass sie immer tiefer in die Geschichte des Hauses eintauchte, sich selbst immer mehr damit identifizierte. Es war wohl auch ihrer Eigenschaft als Seherin zu verdanken gewesen, dass es sie einst wie einen Magneten auf den Dachboden gezogen hatte ...
    Ein Geräusch hinter ihr ließ sie z usammenzucken.
    »Was machst du denn hier?« Amelies Gesichtszüge entglitten ihr für einen Augenblick.
    »Ich wollte sehen, wie es dir geht. Du hast dich ne ulich Abend seltsam verhalten.« Jarik bahnte sich einen Weg durch das Unkraut und kam wie selbstverständlich auf sie zu, als wäre er hier zuhause. Amelie ärgerte sich ein wenig darüber, sie fühlte sich in ihrer Privatsphäre verletzt. Sie hatte sich das Haus mittlerweile so sehr zu eigen gemacht, dass sie sich fühlte wie ein Wachhund, der jeden Eindringling am liebsten vertrieben hätte. Dieser Ort gehörte ihr und Leif, und Jarik verpestete ihn mit seiner Anwesenheit. Sie konnte sich ihre unbegründete Feindseligkeit kaum erklären.
    »Mach dir um mich keine Sorgen.« Amelie gab sich keine Mühe, ihren Unmut zu verbergen.
    »Ich finde es nicht gut, dass du allein hier wohnst.« Er kam noch einen Schritt auf sie zu, Amelie wich unmerklich zurück. Er trug eine dunkle Jeans und Turnschuhe, sein Haar war ungekämmt. Er hatte nie viel Zeit in sein Äußeres investiert, aber heute sah er alles andere als gut aus. Er war blasser als sonst, unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab, als hätte er nächtelang nicht geschlafen.
    »Weshalb kümmert es dich?«, fragte sie harsch. »Du hast meine Mutter bereits auf mich losgehetzt, und jetzt kommst du auch noch persönlich vorbei. Ich bin doch kein kleines Kind mehr.«
    »Deine Mutter hat mir die Hölle heiß gemacht. Und wie ich bereits sagte, finde ich es wirklich schrecklich, dass du hier ganz allein lebst.«
    »Und da hast du geglaubt, du schickst meine Mutter her, damit sie mich überr edet, mit ihr zurück in die Stadt zu ziehen?« Ihre Stimme kippte beinahe vor Empörung.
    »So berechnend bin ich dann doch wieder nicht gew esen. Aber jetzt, wo du es erwähnst, hätte ich das vielleicht sogar begrüßt. Das alte Spukhaus ist nichts für dich.«
    Das Stichwort jagte Amelie einen Schauder über den Rücken. Er war der Wahrheit näher gekommen als er vermu tlich ahnte.
    »Wie kommst du darauf, dass es hier spuken könnte?« Sie versuchte zu lachen, aber es wollte ihr nicht gelingen. Wer über gute Menschenkenntnis verfügte, hätte sofort bemerkt, wie nervös sie war.
    »Ich habe die Leute im Ort darüber sprechen hören. Niemand heißt es gut, dass hier jemand lebt. Man sagt, es hausten Geister hier. Einige wollen sogar Licht hinter den Fenstern gesehen haben, als du noch nicht hier gewohnt hast. Du machst dich nicht gerade beliebt bei der abergläubischen Bevölkerung.« Er ließ den Blick über die Fassade der Villa schweifen. Eines der Fenster schien er einer besonders gründlichen Musterung zu unterziehen, als hätte etwas dort

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