Herzen im Feuer
und schaute auf. In der Tür stand ein Mann in Reitstiefeln und Arbeitshosen. Er zögerte, als würde ihn die Versammlung im Salon verunsichern. Als seine hasel- nußbraunen Augen Maras Blick erwiderten, trat er von einem Fuß auf den anderen, als wäre er wegen seines schweißnassen Hemds und seiner schlammbespritzten Schuhe verlegen. Er war wahrscheinlich nur ein paar Jahre älter als Nicholas und schmaler gebaut, aber seine Muskeln unter den hochgerollten Hemdsärmeln wirkten kraftvoll.
»Alain«, rief Etienne freudig überrascht aus, als er seinen Sohn in der Tür stehen sah.
Nicholas stand auf und ging auf Alain zu. Das sonnengebräunte Gesicht des Aufsehers spiegelte die verschiedensten Empfindungen wider, vor allem aber Erleichterung, als er Nicholas erkannte.
»Nicholas. Ich habe gehört, daß du hier seist, aber ich konnte es nicht glauben, bevor ich dich nicht mit eigenen Augen sah.« Alain schaute Nicholas freundlich an und schüttelte seine Hand. »Es ist schön, dich wieder bei uns zu haben«, begrüßte er ihn einfach.
»Danke, Alain«, antwortete Nicholas. »Es ist solange her. Françoise sagte, daß du mich wahrscheinlich empfangen würdest. Das macht es mir wesentlich leichter, denn es gibt so vieles, was ich über Beaumarais wissen möchte.«
»Ich werde dir alles berichten«, versprach ihm Alain. Dann hob er bedauernd die Schultern. »Aber ich würde mich gern umziehen, bevor sich die Dame durch meinen Aufzug beleidigt fühlt.«
»Mara macht das ganz bestimmt nichts aus«, versicherte ihm Nicho- las, denn er erinnerte sich an die vielen schmuddeligen Goldsucher, die sie in Kalifornien gesehen hatten. Dann stellte er die beiden einander vor. Alain verbeugte sich formvollendet und elegant.
»Aber ich würde mich über diese Dinge lieber morgen früh mit dir unterhalten, nachdem ich ausgeritten bin. Danach kann ich besser einschätzen, was alles verändert wurde, seit ich das letzte Mal hier war«, schlug Nicholas vor. Ihm entging nicht, daß Alain diese Ankündigung zu erschrecken schien. »Ich habe noch einiges zu erledigen, bevor es dunkel wird.«
»Natürlich«, antwortete Alain, als hätte er voll und ganz verstanden. »Ich habe morgen den ganzen Tag Zeit. Du kannst mich jederzeit rufen lassen.« Er verbeugte sich vor Mara, warf seinem Vater einen kurzen Blick zu und erklärte: »Ich ziehe mich jetzt zurück. Guten Abend.«
»Alain arbeitet so hart«, erzählte Etienne und sah seinem Sohn traurig nach. »Ich wünschte, er könnte die kleinen Freuden des Lebens genießen, wie ich es tue. Aber er behauptet, ihm mache es Freude, bis zu den Knien im Schla mm herumzuspazieren und Fohlen auf die Welt zu bringen. Noch ein Brandy, Nicholas? Und was hast du eben über ma petite Françoise gesagt? Hast du sie gesehen? Wann? Erzähl mir alles darüber.«
»Wenn Sie mich entschuldigen würden«, mischte sich Mara ein, während Nicholas sich sein Glas vollschenken ließ, »ich möchte mich eine Weile hinlegen. Ich bin ziemlich müde, und ich glaube, Paddy sollte mit mir kommen.« Sie ignorierte die bösen Blicke, mit denen er sie bedachte.
»Natürlich«, sagte Nicholas und bemerkte zum erstenmal die Ringe unter Maras Augen. »Ich hole eine -«
»Nein, bitte, laß einem alten Mann das Vergnügen, einer schönen Frau einen Gefallen tun zu dürfen. Ich habe nicht mehr allzuoft dazu Gelegenheit«, unterbrach ihn Etienne und stand auf. »Natürlich nur, wenn Mademoiselle O'Flynn nichts dagegen hat?«
»Es ist mir eine Ehre, Monsieur Ferrare«, nahm sie sein Angebot an.
»Ich höre nur auf Etienne«, belehrte er sie mit einem charmanten Lächeln. Wahrscheinlich lächelt er immer so, wenn er seinen Kopf durchsetzen will, vermutete Mara.
Sie erwiderte das Lächeln. »Nur wenn Sie mich Mara nennen, Etienne«, erklärte sie.
Etienne tätschelte ihr fast väterlich den Arm. »Meine Liebe, wir werden fabelhaft miteinander auskommen, ganz fabelhaft«, kicherte er. »Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, ich verstehe, warum mein Neffe Sie so schätzt.« Er führte sie durch die Halle, so daß Mara keine Gelegenheit blieb, dieser merkwürdigen Aussage über Nicholas zu widersprechen.
»Und wie finden Sie Beaumarais, Mara?« fragte er erwartungsvoll, während er neben ihr die Treppen hinaufstieg. »Ist es nicht das schönste Haus, das Sie jemals gesehen haben?« sagte er, bevor sie überhaupt antworten konnte.
»Es ist wirklich wunderschön«, bestätigte Mara. »Aber das hatte ich schon erwartet, denn
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