Herzen im Feuer
aus Frankreich, n'est-ce pas? O Mademoiselle, es würde mir bestimmt gut stehen, non? Mama, bitte, ich brauche unbedingt ein Kleid in genau dieser Farbe«, bettelte Nicole und schaute Celeste
flehend an, die sich inzwischen genug erholt hatte, um mit ihrer Familie zu Abend zu speisen.
»Ich kann deine Bettelei nicht mehr ertragen, Nicole. Wir werden uns später darüber unterhalten. Findest du nicht, daß du schon genug Kleider hast?« wies sie ihre Tochter streng zurecht. Sie musterte mißbil- ligend die Schnute ihres Sprößlings.
»Verzeihen Sie das schlechte Benehmen meiner Tochter, Made- moiselle O'Flynn, aber sie ist sehr aufgeregt, da ihre Hochzeit kurz bevorsteht«, entschuldigte sich Celeste für Nicole, dann warf sie Ni- cholas, der schweigend an seinem Wein nippte, einen vielsagenden Blick zu. »Er ist eine gute Partie für Nicole.« Sie knetete nervös ihre dürren Hände, aber ihre Miene drückte eine Entschlossenheit aus, die Mara zuvor an ihr nicht bemerkt hatte.
»Es war immer eine Ehre, in die Familie der de Montaigne-Chantales einzuheiraten«, kommentierte Nicholas beiläufig. Er faßte seine Stief- mutter fest ins Auge, da ihm ihr Tonfall nicht entgangen war.
Celeste lächelte verbittert. »Die Zeiten ändern sich, Nicholas. De Montaigne-Chantale ist zwar immer noch ein ehrwürdiger Name, aber das ist auch alles. Er ist nicht mehr mit Reichtum gleichzusetzen. Damaris«, fügte sie mit einem traurigen Blick auf deren braunes Haar und elfengleiches Gesicht hinzu, während ihre Tochter Paddy eine Grimasse schnitt, »wird nur sehr schwer einen Mann finden. Sie hat nicht Nicoles klassische Schönheit, und sie ist nicht wohlhabend. Warum sollte sich ein Mann für sie interessieren?«
»Ich will sowieso keinen alten Kerl heiraten«, protestierte Damaris wütend, und ihre grünen Augen blitzten streitlustig. »Dazu hab' ich gar keine Zeit. Ich will um die ganze Welt reisen.«
»Das wirst du auch, meine kleine Tigerin«, bestätigte Etienne wohl- gefällig. Als er Celestes Blick auf sich ruhen spürte, schüttelte er den Kopf. »Du hast recht, sie ist anders. Aber siehst du denn nicht, daß sie etwas Besonderes ist, daß unsere wilde, kleine Damaris eine Schönheit sein wird? Bei ihrem Temperament werden ihr die Männer scharen- weise nachlaufen. Du wirst sie keinesfalls wie saures Bier anpreisen müssen, Celeste.«
»Aber über die langen Jahre, bis es soweit sein wird, mache ich mir Sorgen«, antwortete sie ihm unsicher.
Nicholas stutzte, als er das hörte. Ihm hatte auch nicht gefallen, wie sie über Nicoles Hochzeit sprach. »Ich weiß, daß nichts mehr ist, wie es
früher war, aber ich wußte nicht, daß die de Montaigne-Chantales auch ihren Stolz verloren haben!« bemerkte er. »Du verkaufst das Land von Beaumarais an unsere Nachbarn, und jetzt willst du wohl noch selbst zu Kreuze kriechen?«
»Nicholas«, widersprach Celeste, den Tränen nahe, »du bist Philippe viel zu ähnlich, um das jemals verstehen zu können. Du weißt ja gar nicht, was ich durchgemacht habe, seit er tot ist. Überall am Fluß spekuliert man darüber, wie lange es wohl noch dauert, bis der Sumpf Beaumarais zurückerobert hat. Was kann ich denn dagegen unterneh- men?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht mehr. Wir stecken bis zum Hals in Schulden und haben kaum genug Geld, um uns etwas zu essen zu kaufen. Wir mußten Amaryllis das Land verkaufen, wenn wir überleben wollten. Außerdem machte sie mir ein Angebot; ich habe nicht darum gebeten. Aber ich hätte eher gebettelt, als daß meine Kinder hungern müßten.« Hektische Flecken hatten sich auf ihrem Gesicht gebildet.
»Wieviel hat sie dir gegeben?« fragte Nicholas ruhig. Als Celeste es ihm verriet, gruben sich tiefe Falten in seine Stirn. »Verdammt noch mal, sie hat dich bestohlen!«
»Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach, Nicholas«, zitierte Celeste bitter. »Und wenn sie morgen ganz Beau- marais kaufen will, ich werde es ihr nicht verweigern. Das ist mein Recht«, erklärte sie ihm hochmütig. »Nein, laß mich ausreden«, wies sie seinen unausgesprochenen Einwand zurück.
»Du bist auf Bitten deines Vaters zurückgekommen. So sei es. Aber wenn du gekommen bist, weil du dein Erbe einfordern möchtest, muß ich dich enttäuschen, denn für dich ist hier nichts zu holen. Das Geld, das mir der Verkauf von Beaumarais einbringt, brauche ich, um mich mit Jean-Louis und Damaris in Charleston niederzulassen. Dort ge- höre ich hin,
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