Herzen im Feuer
Booten an, die vor der langen Front Street ankerten. Sie frühstückten im City Hotel, das eine überdachte Veranda besaß und dessen farbenfrohe Einrichtung mit der ebenso farbenfrohen Kleidung der Gäste konkur- rierte. Schon zu dieser frühen Stunde wurde getrunken und gespielt, und draußen auf der Straße rollten unaufhörlich Kutschen vorbei, die die gelöschte Ladung der neu eingetroffenen Schiffe weitertranspor- tierten. Fasziniert beobachtete Mara die Mulikarawanen, die hochbela- den mit Hacken und Schaufeln, Pfannen und Töpfen und anderen Ausrüstungsgegenständen die Stadt verließen. Die erschöpft wirken- den Tiere zogen in Richtung der im Norden liegenden Goldminen. Gekleidet in ihre inoffizielle Uniform, die aus rotem Flanellhemd, weitkrempigem Filzhut, schwarzem knielangen Mantel und unförmi- gen Hosen bestand, machten sich die Goldsucher auf den Marsch zu den Goldminen von Marysville und Hangtown. Sie suchten Land, das bis jetzt noch niemandem gehörte, und wagten sich dafür tief in die steilen Canyons des Yuba- und des Feathers-Flusses hinein, die sich ihr Bett durch die High Sierras gegraben hatten und das begehrte Gold mit sich trugen.
Mara und ihre Begleiter reisten in die entgegengesetzte Richtung. In Sacramento City waren sie von einigen vaqueros des Rancho Villareale empfangen worden, die dort seit über zwei Wochen auf Don Luís' Ankunft warteten. Nachdem eine Kutsche gemietet worden war, hat- ten sie mittels einer Fähre den Fluß überquert und waren zunächst weitergereist. Sie fuhren wieder nach Westen, zunächst durch das breite, flache Great Valley, dann durch die Küstenberge, deren sanfte Hügel von Wäldern und Wiesen voll goldgelber Blumen überzogen waren. Sie kamen nur langsam und mühsam voran, denn die Straße bestand lediglich aus einer von Geröll übersäten tiefen Kutschenspur, die sich durch die Berge zog.
Brendans Laune war auf dem Tiefpunkt angelangt, als sie die Nacht in einem verlassenen adobe verbringen sollten und mit einem undefi- nierbaren Mahl verköstigt wurden, das über dem offenen Feuer zube- reitet worden war. Danach hatten sich die Kalifornier, Don Luís einge- schlossen, in ihre festen, warmen Wollmäntel gewickelt und zum Schla- fen auf dem blanken Boden niedergelegt. Jamie hatte darauf bestanden, daß sie in der Kutsche schliefen. Das war zwar unbequem, aber sie fühlten sich hier immer noch sicherer als in dem verfallenen adobe, das alle möglichen Lebewesen beherbergen mochte.
Es war eine lange Nacht geworden, dachte Mara und gähnte. Dann wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Die Kutsche rumpelte durch ein Schlagloch, und Paddys Hinterkopf fiel hart gegen ihr Kinn.
»Autsch!« schrie Paddy entrüstet auf. Seine braunen Augen schauten sie vorwurfsvoll an, aber Mara blickte gebannt aus dem Fenster. Die Kutsche fuhr durch ein großes, offenstehendes Holztor in einen weiten Hof ein, der von einer hohen, ziegelgekrönten Lehmmauer umgeben war.
Offensichtlich befanden sie sich bei den Stallungen. Don Luís' Pferd wurde bereits abgesattelt, während der Don die Kutsche erwartete. Neben den Ställen befand sich eine Schmiede, deren Schmied mit gesenktem Hammer vor der Tür seiner Werkstatt stand und ihre An- kunft beobachtete. Ein paar Frauen in farbenfrohen Röcken und bunt bestickten weißen Blusen verharrten schweigend neben einem Brun- nen. Über ihren Röcken hingen dicke schwarze Zöpfe herab.
»Willkommen auf dem Rancho Villareale, Doña Amaya«, begrüßte Sie Don Luís vornehm. Seine dunklen Augen glänzten stolz, während er mit einer Handbewegung auf die umgebenden Gebäude wies.
Mara raffte ihren Rock und erlaubte Don Luís, ihre Hand zu nehmen, während sie aus der Kutsche stieg. Bevor sie Paddy hinaushelfen konnte, war der Junge schon selbst gesprungen und auf Händen und Knien im Schmutz gelandet.
»Paddy«, seufzte Mara tadelnd, während sie ihm aufhalf und seine Hose abstaubte. Dann rückte sie den spitz zulaufenden Hut auf den Locken des Kleinen zurecht und runzelte in gespielter Entrüstung die Stirn, als Paddy sie anlachte und ihn zurück in den Nacken schob.
Brendan, der Jamie aus der Kutsche geholfen hatte, schaute sich jetzt mit einstudierter Überheblichkeit um. Ein großer Hahn stolzierte direkt vor seinen Füßen vorbei. Ein ausgehungerter Hund stürzte sich in eine Schar pickender Hühner und scheuchte sie auf. Das aufgereckte Gegak- ker war mindestens ebenso laut wie das wütende Bellen des Hundes.
»Himmel«, beklagte
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