Herzen im Feuer
und verrenkte ihren Hals, damit sie ihm ins Gesicht sehen konnte.
»Ich habe sowieso nichts Besseres zu tun, Madam. Ich dachte, ich kann Sie ja ein bißchen begleiten«, erwiderte er mit breitem Grinsen. Mara konnte es ihm einfach nicht abschlagen.
»Vielen Dank«, antwortete sie deshalb.
Schließlich hatten sie die Pension erreicht, in der Mara, Paddy und Jamie hausten. »Jetzt werde ich Sie verlassen. Vielen Dank und auf Wiedersehen.«
Der Riese betrachtete interessiert das einfache zweistöckige Ge- bäude, das aus Holz und Stein erbaut war. Es war ganz entschieden ein ehrbares Haus.
»Es war mir ein Vergnügen, Madam. Wenn Sie mich jemals brauchen
sollten - ich heiße Karl Svengaard, aber meine Freunde nennen mich nur den Schweden.«
»Das werde ich nicht vergessen«, sagte Mara und lächelte ihn noch einmal freundlich an. Dann nickte sie knapp und trat ein.
Der Schwede hielt ihr die Tür auf und rief ihr noch nach: »Ich wohne im Parker House in Kearny.«
Mara drehte sich noch einmal zu ihm um. »Auf Wiedersehen, Schwede.«
Der Schwede stand noch kurz vor der geschlossenen Tür, bevor er sich umdrehte und den Weg zurückging, den sie gekommen waren. Eine feine Frau, dachte er. Sie gehört vielleicht nicht zur vornehmsten Gesellschaft, aber sie ist ganz bestimmt eine Dame. Und deshalb leider nichts für mich. Sie war eher etwas für Nicholas, dachte er grinsend und stellte sich vor, wie der Kreole sie mit seinen grünen Augen in Bann schlagen würde. Aber Nicholas würde sie schon selbst finden müssen. Der Schwede lachte laut auf und trat in einen Saloon, aus dem laute Musik und Gelächter drangen.
Mara zitterte, als sie die Tür hinter sich schloß. In der Halle war es kaum wärmer als draußen; der Wind pfiff durch die zahllosen Ritzen und Spalten in den Holzwänden.
Als sie sich die Handschuhe auszog und ihre Haube ablegte, be- merkte sie die Besitzerin der Herberge, die schweigend im Hintergrund wartete. Als sie Maras Blick bemerkte, lächelte sie. Ihr verhärmtes Gesicht wurde weicher, sie schloß die Küchentür hinter sich und kam auf sie zu.
»Schönen Tag, Miss O'Flynn«, begrüßte sie Mara. »Lassen Sie sich helfen.«
»Vielen Dank, Missis Markham«, seufzte Mara, als ihr die Frau den schweren Mantel abnahm.
»Bitte nennen Sie mich doch Jenny«, verbesserte Mrs. Markham. »Ich habe das Gefühl, Sie besser zu kennen als sonst jemanden in der Stadt. Immerhin wohnen Sie hier schon länger als alle anderen Gäste.«
»Vielen Dank. Ich heiße übrigens Mara«, antwortete sie der Frau, die höchstens fünf Jahre älter war als sie selbst. Mara hatte sich oft überlegt, daß Missis Markham eine wirklich attraktive Frau wäre, wenn sie nur öfter lächeln würde. Leider gab es für sie wenig Grund zum Lachen. Sie war von der Morgendämmerung bis Mitternacht auf den Beinen, denn sie mußte ihre Pension führen und gleichzeitig ihre drei kleinen Kinder
versorgen. Mara schüttelte den Kopf. Jenny Markham war kaum alt genug, um Mutter von drei lausbübischen Strolchen zwischen drei und sieben Jahren zu sein. Ihr feines Gesicht unter dem unzähmbaren roten Haarschopf sah so jung und unschuldig aus, als dürfte sie eigentlich keine Sorgen kennen.
Jetzt wich Jenny Markham Maras Blick verlegen aus, und Röte stieg ihr ins Gesicht. Schüchtern knetete sie Maras Umhang in ihren Hän- den. »Es wäre mir natürlich eine Ehre, Miss O'Flynn, aber irgendwie finde ich es nicht richtig, einen zahlenden Gast mit Vornamen anzu- sprechen.« Sie zuckte mit den Achseln und lächelte hilflos. »Ich hoffe, Sie nennen mich trotzdem Jenny.«
»Natürlich«, antwortete Mara mit einem ironischen Lächeln. Sie nahm Jenny den Mantel ab, die noch röter wurde, als sie Maras Ge- sichtsausdruck bemerkte. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen. Ich wollte Paddy ein paar Süßigkeiten bringen.«
»Oh, Jamie ist vor kurzem ausgegangen, Miss O'Flynn«, rief Jenny Markham ihr nach. »Sie hat Paddy und zwei von meinen Buben mitge- nommen. Sie wollte dem Jungen ein Paar neue Schuhe kaufen.«
»Das habe ich vollkommen vergessen«, sagte Mara, der es jetzt wieder einfiel.
»Ach, Miss O'Flynn«, sprach Jenny aufgeregt weiter, »ich habe mir eben eine Tasse Kaffee gemacht. Wenn Sie mir vielleicht Gesellschaft leisten möchten... das würde mich sehr freuen.«
Mara schaute sie verwirrt an. Aber allein die Vorstellung von fri- schem Kaffee ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen, deshalb nickte sie und folgte ihrer
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