Herzen in Flammen
Kristen schlief. Ihre Missbilligung äußerte sich in einer Form von schmollender Verdrossenheit, die ihn gewöhnlich überhaupt nicht berührt hätte, doch Royce stellte immer häufiger fest, dass er Darrelle mit Kristen verg l ic h , d ie nic h t sc h mollte und ihren Missmut nicht herunterschluckte, sond ern ihm deutlichen Ausdruck verli eh. Es war seltsam, aber ihre Unverblümtheit erboste ihn weniger als die zahllosen beleidigten Blicke, die er im Laufe der Wochen eingesteckt hatte.
Vielleicht sollte er einen Ehemann für Darrelle suchen, obwohl sie darauf beharrte, nicht heiraten zu wollen.
»Hat deine Schwester einem unserer abgereisten Gäste spezielle Aufmerksamkeit geschenkt?« fragt Royce Alden.
Sie saßen am Spieltisch und spielten einen strategisches Spiel. Alden schenkte der Frage wenig Beachtung, da er gerade am Zug war.
»Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. «
»Dann tue es. «
Alden blickte jetzt auf, und ein breites Grinsen trat auf seine Lippen. »Ich versichere dir, dass dir in der letzten Zeit die seltsamsten Dinge durch den Kopf gehen. Da du davon anfängst fällt mir wieder ein, dass sie lebhafter gewirkt hat, wenn Wilburt in ihrer Nähe war.«
»Corliss' Bruder?« Royce war überrascht, aber als er die Information verdaut hatte, fragte er weiter. »Glaubst du, sie hätte ihn gern zum Mann?«
Alden stieß einen leisen Pfiff aus. »Weiß sie, dass du dir solche Gedanken machst?«
»Wie kann sie wissen, was ich mir denke, wenn sie nicht mit mir redet?«
»Ja , sie ist gar nicht zufrieden mit dir, aber würdest du sie deshalb verheiraten?«
»Es wäre mir zwar lieber, wenn ihr Schmollen auf das Konto eines anderen ginge, aber meinst du nicht auch, dass es an der Zeit ist, sie zu verheiraten?«
»Ja , längst. Aber sie ist nicht bereit, vor dir zu heiraten. «
»Was soll das miteinander zu tun haben?« fragte Royce.
»Jetzt komm schon, Cousin, was glaubst du wohl, warum sie sich seit Jahren weigert, sich von dir verheiraten zu lassen? Sie fürchtet, dass das Haus herunterkommt und schmählich vernachlässigt wird, wenn es keine Hausherrin gibt, und damit hat sie zweifellos recht. «
Royce knurrte. »Wenn du ge wuss t hast, dass das ihre Gründe sind, dann hättest du es mir eher sagen sollen. «
»Damit sie mir grollt, weil ich ihre Geheimnisse ausplaudere? Das muss ein Scherz sein, Cousin. Aber da wir gerade von Hochzeiten sprechen: Wann hast du vor zu heiraten?«
»Wenn ich Zeit dafür habe«, sagte Royce bissig. »Und erzähl mir nicht, ich hätte im Moment die Zeit, denn ich sage dir, dass ich sie nicht habe. «
Alden schüttelte den Kopf. »Wenn du sie nicht heiraten willst ... «
»Ich wollte sie nie heiraten, Alden. Es erschien mir nur angebracht, nachdem... nun ja, es schien mir schicklich. «
»Dann löse die Verlobung.«
» J a, das kann ein Außenstehender leicht sagen«, bemerkte Royce mürrisch.
Alden lachte vielsagend. »Das Leben war wesentlich einfacher hier, bis die Wikinger gekommen sind. « Dafür handelte er sich einen finsteren Blick ein, der ihn nur noch lauter lachen ließ.
Die Aufmerksamkeit beider Männer wandte sich abrupt der Eingangstür zu. Zwei von Royce' Gefolgsleuten waren gerade mit einem Fremden eingetreten. Der Mann war außergewöhnlich groß und muss te von seinem Aussehen her ein Kelte sein. Beides machte ihn interessant, insbesondere letzteres, da sie erst kürzlich Schwierigkeiten mit den Kelten aus Cornwall gehabt hatten.
Er wurde Royce vorgeführt, und man berichtete ihm, dass sie ihn westlich von hier auf dem Grund und Boden von Wyndhurst gefunden hatten. Weit und breit war alles durchsucht worden, um zu erkunden, ob er wirklich allein unterwegs war, wie er behauptete, und man war auf keine weiteren Kelten gestoßen. Er hatte einen klapprigen Gaul geritten, dem man schon vor langer Zeit den Gnadenschuss hätte geben sollen. Er trug bis auf ein altes, verrostetes Schwert, dessen Heft alte keltische Verzierungen aufwies, keine Habe bei sich.
Royce hörte sich all das an, während er den Mann versonnen musterte. Er hatte noch nie einen so gutaussehenden Mann gesehen, und das trotz seines ungepflegten zerzausten Äußeren. Sein Haar war zu lang und mit einem Lederband zurückgebunden. Er war nicht besser gekleidet als der ärmlichste Dienstbote. Sein langärmliges Hemd war mit einem ausgefransten Seil gegürtet, und er trug fadenscheinige Beinkleider mit Löchern.
Und doch war seine Haltung alles andere als unterwürfig.
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