Herzen in Gefahr
Dee herausgefunden hätte, dass sie nebenbei hier arbeitete. Dass sie Mrs. Malloy die Bücher führte, durfte jeder wissen. Darauf war sie sogar stolz. Aber dass sie außerdem in der Küche aushalf, behielt sie lieber für sich.
Sie wusste, dass Dee mit ihrer Familie an diesem Vormittag alte Bekannte im Dorf besuchen wollte, und hatte sich daher mit ihren alltäglichen Pflichten zu Hause etwas mehr Zeit gelassen, bis sie ganz sicher sein konnte, dass Dee fort war. Dann war sie gemütlich mit dem Rad zur Pension gefahren, wo sie das Frühstücksgeschirr abwaschen und die Küche sauber machen sollte. Die Buchhaltung für ihre Kunden hatte sie schon erledigt, sodass sie am Nachmittag genug Zeit hatte, um mit den Grants zu dem Hof hinauszufahren, auf dem ihre Cousine aufgewachsen war.
Ein bisschen unangenehm war es ihr schon, hinter Dees Rücken das Dienstmädchen in der Pension zu spielen. Aber daran ließ sich nichts ändern. Dee sollte kein Mitleid mit ihr haben. Sie arbeitete, um Geld zu verdienen, und das war ja wohl keine Schande. Wenn sie genug gespart hatte, würde sie nach Cork oder Dublin ziehen und einen Bürojob annehmen. Und dann würde sie nur noch ihr eigenes Geschirr spülen.
Während sie Wasser ins Becken laufen ließ und sich den ersten Stapel Teller vornahm, fing sie leise an zu summen. Versonnen schaute sie aus dem Fenster und auf das Feld hinaus, wo sie gestern Abend mit Keith getanzt hatte. Unter den Sternen hatte er mit ihr getanzt. Was für ein Blödsinn, schalt sie sich gleich darauf streng. Der Mann hatte keine Bessere gefunden, um sich die Zeit zu vertreiben. Sie war vielleicht unerfahren, aber nicht naiv.
Wenn sie irgendetwas in jenen Minuten empfunden hatte, dann war es nichts weiter als der Reiz des Neuen gewesen.
Sicher, der Mann verhielt sich ungewöhnlich, aber deshalb war er noch lange nichts Besonderes. Es bestand also kein Grund, mitten am Tag an ihn zu denken.
Cathleen hörte, wie die Küchentür geöffnet wurde. »Ich weiß, ich bin spät dran, Mrs. Malloy«, sagte sie entschuldigend, ohne ihre Arbeit auch nur für einen Augenblick zu unterbrechen. »Aber vor dem Mittagessen werde ich auf jeden Fall fertig sein.«
»Mrs. Malloy ist auf dem Markt und kauft Gemüse ein.«
Es war Keith! Cathleen schloss einen Moment die Augen. Als er hinter sie trat und ihr die Hand auf die Schulter legte, fing sie an, mit einer ungewöhnlichen Hektik zu arbeiten.
»Was machen Sie denn da?«
»Das sehen Sie doch.« Sie stellte einen Teller zum Abtropfen in den Spülkorb, um den nächsten in Angriff zu nehmen. »Entschuldigen Sie bitte, aber ich habe es eilig.«
Er erwiderte nichts, sondern ging zum Herd, wo eine Kanne mit heißem Kaffee stand. Schweigend goss er sich eine Tasse ein. An den Herd gelehnt, beobachtete er Cathleen, die sich verbissen mit dem Geschirr beschäftigte. Sie trug einen weiten Overall, der einem ihrer Brüder hätte gehören können. Ihr Haar war nicht wie sonst hochgesteckt, sondern nur mit einem Band locker im Nacken zusammengebunden. Da er sie bloß mit aufgestecktem Haar kannte, war er erstaunt, wie lang die rötlich schimmernde Pracht war. In dicken, glänzenden Locken fiel das Haar über ihre Schultern. Nachdenklich trank Keith seinen Kaffee. Dass sie Küchenmädchen in der Pension spielte, löste zwiespältige Gefühle in ihm aus. Nur zu gut konnte er verstehen, wie peinlich ihr es war, von ihm bei dieser Arbeit überrascht zu werden.
»Sie haben gar nicht erwähnt, dass Sie hier arbeiten«, bemerkte er.
»Nein, das habe ich nicht.« Unsanft stellte sie einen weiteren Teller ab. »Und es wäre mir lieb, wenn auch Sie es für sich behielten.«
»Warum? Sie müssen sich doch dieser Arbeit nicht schämen.«
»Dee braucht nicht zu wissen, dass ich hinter ihr herputze.«
Stolz war ein Gefühl, das er ebenfalls gut nachempfinden konnte. »Okay.«
Über die Schulter warf sie ihm einen prüfenden Blick zu. »Sie werden es ihr nicht sagen?«
»Das habe ich Ihnen doch gerade versprochen.« Das heiße Wasser roch stark nach Spülmittel. Er konnte den Geruch nicht ausstehen. Obwohl schon so viele Jahre vergangen waren, kam ihm die Wut, wenn er Putzmittel roch.
Cathleen atmete hörbar auf. »Danke.«
»Möchten Sie eine Tasse Kaffee?«
Sie hatte nicht erwartet, dass er ihr die Situation so leicht machen würde. Noch immer vorsichtig, doch bereits etwas weniger zurückhaltend, lächelte sie ihn an. »Nein, ich habe keine Zeit zum Kaffeetrinken.« Weil es sie
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