Herzensbrecher auf vier Pfoten
er schwach mit dem Schwanz. Dieses Wedeln entsprach in keiner Weise der Art, wie er sonst begeistert mit dem Schwanz auf das Sofa klopfte, sodass sich Natalie inständig wünschte, ihm den Schmerz abnehmen zu können.
Neben Bertie und dem kleinen Jungen ließ sich Natalie auf die Knie fallen. Ob sie wollte oder nicht: Instinktiv kümmerte sie sich zuerst um Bertie, bevor sie dann nach dem Jungenschaute. Er schlang sofort die Arme fest um ihren Hals. Natalie kam er irgendwie bekannt vor; sie zermarterte sich das Hirn und fragte sich, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte. In der Auffangstation vielleicht?
»Ist Bertie okay? Geht es dir gut?« Natalie schluckte schwer und kämpfte mit den Tränen. Bertie! Was war bloß passiert? Was hatte das arme Kind vielleicht gesehen? »Schon gut, alles wird gut, schschsch …«
Atemlos schlug sich Johnny durch das Dickicht, und schon ein paar Sekunden später kam auch Bill zu ihnen gelaufen. Er hatte Lulu im Schlepptau, die wie ein junges Reh anmutig über die Äste hüpfte.
Als der Junge Bill entdeckte, schluchzte er noch lauter.
»Schon gut, Spencer«, beruhigte ihn Bill und kniete neben ihm nieder. Sanft schob er Natalie beiseite, angeblich um den Jungen zu untersuchen, insgeheim jedoch, damit Johnny Bertie untersuchen konnte, ohne dass Natalie etwas davon mitbekam. »Du brauchst nicht zu weinen, Kumpel. Hast du dich verletzt? Oder hast du nur ein paar Kratzer abbekommen?«
Johnny beugte sich über Bertie und versuchte, Natalie die Sicht auf den Hund zu versperren. »Sieh nicht hin, Nat«, erklärte er. »Kümmere dich lieber um Spencer!«
»Ich will aber Bertie sehen«, schluchzte sie. »Was ist mit ihm, Johnny? Soll ich den Tierarzt anrufen?« Mit zitternden Händen kramte sie das Handy hervor. »Er ist doch gerade in der … O nein, ich habe Georges Nummer gar nicht!«
»Was ist denn mit Bertie passiert, Spencer?«, fragte Bill mit der ruhigen, gelassenen Stimme eines Arztes. »Hast du etwas gesehen?«
»Er ist hinter mir hergelaufen.« Spencer schluchzte so stark, dass er kaum Luft bekam. »Und dann bin ich hingefallen. Bertie hat meine Tasche durchstöbert und dann … und dann …«
»Natalie, das solltest du dir ansehen«, erklärte Johnny mit ernster Stimme.
»Und dann hat er meine Sandwiches gefressen!« Erneut brach Spencer in Tränen aus und sah mit tragischer Miene zu Bill auf, bevor er sich ausgiebig auf ihn übergab.
Johnny hielt zwei große Papiere hoch, in die die Sandwiches eingepackt gewesen waren. Beide waren mit Tomatensauce verschmiert, die auch an Berties weißer Schnauze klebte. »Wenn wir Bertie behalten sollten, musst du ihm dringend bessere Tischmanieren beibringen, Natalie«, erklärte er sanft. »Aber für seine Schauspielkünste hat er eine glatte Eins verdient!«
Kurz nachdem Megan alle gebeten hatte, nach einem Siebenjährigen in einem weißen T-Shirt Ausschau zu halten, klingelte Zoes Handy.
»Wir haben den Ausreißer gefunden«, erklärte Bill ihr.
Vor Erleichterung hätte Zoe auf die Knie fallen können. Noch während Bill ihr den Weg beschrieb, lief sie in den Wald hinunter, wo sie bald schon auf Bill, Johnny, Natalie und Spencer traf, die ihr entgegenkamen – zusammen mit Lulu und einem schuldbewusst dreinschauenden Bertie.
Natalie und Johnny wirkten vollkommen erschöpft, und Bill war von oben bis unten, vom neuen Hemd und der Jeans bis hin zu den Wildlederschuhen, mit Erbrochenem bedeckt. Spencer dagegen hatte lediglich einen kleinen Flecken auf seinem T-Shirt davongetragen.
»O mein Gott, was ist passiert?«, rief Zoe entsetzt.
»Spencer. Wir vermuten, dass er etwas gegessen hat, was er nicht sollte, nicht wahr?« Bill sah zu Spencer hinunter, und Zoe stellte fest, dass Bill noch viel wunderbarer war, als sie gedacht hatte. Sogar wenn er mit Erbrochenem bedeckt war. »Du hast Beeren gegessen, oder? Und dann noch die ganze Aufregung …«
Spencer nickte unglücklich.
»Wir fahren jetzt sofort in die Praxis und untersuchendich«, fuhr Bill fort, dem der Zustand seiner Kleidung nichts auszumachen schien. »Mit einem besonderen Test, mit dem wir das Erbrochene überprüfen.«
Spencers Miene hellte sich ein wenig auf.
»Was hast du gegessen?«, fragte Zoe ihn ängstlich. »Spencer, habe ich dir nicht gesagt, dass wir nichts vom Boden essen?« Sie bemühte sich, nicht in Tränen auszubrechen, doch die pure Erleichterung, ihn sicher wiedergefunden zu haben, machte die Sache nicht einfacher. »Ich habe mir solche
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