Herzensbrecher auf vier Pfoten
deshalb die Pubbesucher in eine Ecke gequetscht hatte, um mehr Platz für den Essbereich zu haben. »Was möchtest du trinken?«
»Eine Virgin Mary bitte.« Neben Tee, Kaffee und allem anderen verzichtete Natalie seit geraumer Zeit auch auf ihrengeliebten Weißwein, um ihre Hormone nicht zu beeinflussen. »Johnny, ich will ja nicht nerven, aber solltest du nicht auch lieber etwas … Alkoholfreies trinken?« Sie biss sich auf die Lippe und sah auf ihre Handtasche hinab, die neben ihr auf dem abgewetzten Polster lag. Sie schien sich eher über sich selbst als über ihn zu ärgern.
Johnny wusste nur allzu gut, was sie eigentlich hatte sagen wollen: Erinnerte er sich auch noch an den ärztlichen Rat hinsichtlich seines Bierkonsums? Für gewöhnlich nervte Natalie ihn damit nicht; dies war eines ihrer selbst auferlegten Hochzeitsgelübde gewesen – neben seinem Versprechen, seine Hemden zu bügeln. Doch in diesem Fall musste sie auch gar nicht weiterbohren. Wenn er die Wahl hatte zwischen einem Verzicht auf sein geliebtes Ale und der Aussicht, Horrorschwester Sonia mit den flachen Schuhen die gefürchtete Spermaprobe zur Analyse abgeben zu müssen, war er liebend gern bereit, sich freiwillig zu opfern und ein paar Monate lang auf sein Ale zu verzichten.
Vor einem Jahr hatten sie damit aufgehört, nicht schwanger zu werden. Die vergangenen zwölf Monate waren die längsten seines Lebens gewesen.
Johnny wusste, dass es für Natalie immer noch unglaublich wichtig war, ein Baby zu bekommen. Für ihn auch. Offensichtlich. Für sie beide war es wichtig, denn was immer Natalie glücklich machte, würde auch ihn glücklich machen. Insgeheim war Johnny jedoch überzeugt davon, dass sein Glück ebenso perfekt wäre, wenn es für den Rest seines Lebens nur bei ihm und Natalie bleiben sollte.
»Eine Virgin Mary? Was, Cocktails? Hier im Fox?«, fragte er stattdessen. »Hört sich gut an, ich werde auch eine nehmen. Dann kann Ray schon einmal ein bisschen für die Yuppie-Typen üben, die er herlocken will.«
Natalie schaute auf und lächelte ihn dankbar an, wofür Johnny sie gleich noch ein wenig mehr liebte.
Zehn Minuten später leerte Natalie die letzten Reste des Tomatensafts und schlang sich die Tasche über die Schulter.
»Ich fahre jetzt lieber nach Hause«, erklärte sie mit einem entschuldigenden Lächeln. »Ich weiß, ich bin eine Spielverderberin. Tut mir leid.«
»So früh schon?« Bill verzog enttäuscht das Gesicht. »Heißt das etwa, wir werden alt? Morgen ist nicht einmal Schule! Sieh mal, Mr Hodge ist auch noch hier!«
Natalie packte den Schulterriemen ihrer Tasche. »Nein, ich … ich muss vor Wochenbeginn noch ein paar Berichte zu Ende schreiben, und ich hasse es, das bis Sonntagabend liegen zu lassen. Ich mache es lieber, solange ich alles noch frisch im Kopf habe.«
Als Johnny nach seiner Jacke greifen wollte, schüttelte sie den Kopf. »Nein, hör mal, das ist nicht nötig. Bleib du hier und trink in Ruhe aus. Keine Eile.«
»Wir können uns später ein Taxi teilen«, schlug Bill vor. »Wir machen auch nicht mehr allzu lange.«
»Wenn Johnny vor Mitternacht zu Hause ist, ist alles in Ordnung. Danach verwandelt er sich nämlich wieder in einen hässlichen Frosch. Bis später!«
Sie verließ den Pub und trat in die Nachtluft hinaus, die in den letzten Tagen deutlich kühler geworden war. Der Frühling war noch lange nicht in Sicht, dachte Natalie und schlang sich den Kapuzenanorak enger um den Körper, als sie per Fernbedienung den Mini Cooper aufschloss und sich dann hinters Lenkrad setzte.
Natalie liebte ihren Mini Cooper. Johnny nahm morgens zur Schule den Bus, deswegen war es im Grunde ihr Auto, mit dem sie täglich in das Gewerbegebiet am Stadtrand fuhr, wo sie arbeitete, um dort an endlosen Sitzungen zum Thema Marketingstrategien teilzunehmen. Jedes Mal, wenn ihre Finger über das lederne Lenkrad strichen, stellte sie fest, wie sehr sie dieses Leben genoss. Das Auto war neu und ein kleiner Luxus, doch mit dem Kauf hatten Johnny und sie sich ein Vergnügen bereitet, da es niemanden außer ihnen selbst gab, für den sie ihr Geld ausgaben – anders als ihre Geschwister, die jeden Penny für ihre Kinder brauchten.
Sie hatte beim Kauf das ISOFIX-Befestigungssystem für Kindersitze angekreuzt – nur für den Fall –, während Johnny noch hin und her überlegte, welche Farbe man nehmen sollte, ob Metalliclack oder besser nicht. Eine vernünftige Entscheidung war es in jeder Hinsicht, damit
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