Herzensbrecher auf vier Pfoten
Es wäre schön gewesen, ihn auf dem Schoß liegen zu haben, doch Zoe gab sich wirklich Mühe, die Regeln zu befolgen, die Megan ihr vorgeschrieben hatte.
Ich muss Grenzen setzen, wiederholte sie immer wieder. Welpen und Kinder brauchen Grenzen. Zoe wünschte, sie könnte sowohl Toffee als auch ihren Kindern gegenüber Megans lässige Autorität ausstrahlen.
Wenigstens schlief Toffee jetzt. Aber es war mal wieder typisch! Ausgerechnet während einer der äußerst seltenen Gelegenheiten, wenn Toffee nichts zerstören, ankauen oder anpinkeln konnte, wenn sie beruhigt hätte einschlafen können, gingen ihr tausend peinliche Momente durch den Kopf, die es ihr unmöglich machten, auch nur ein Auge zu schließen. Es gab eine Menge, worüber Zoe nachdenken konnte; in ihrem Kopf hatten sich ganz schön viele Probleme angesammelt, die sich nun wie eine verknotete Kette anfühlten, die sie nicht entwirren konnte.
Bill. Sie konnte einfach nicht aufhören, an Bill zu denken. Es war vollkommen lächerlich, sich in jemanden zu verknallen, den man gerade erst kennengelernt hatte. Doch nachdem er sie auf Rachels Sofa abgesetzt hatte, hatten sie sich beinahe den ganzen Nachmittag lang miteinander unterhalten – natürlich nur, um sicherzugehen, dass sie keine Gehirnerschütterung davongetragen hatte. Sein Redeanteil war dabei genauso groß gewesen wie der ihre – begleitet von sehr viel Augenkontakt, der mit einer Gehirnerschütterung im Grunde nur wenig zu tun hatte. Dabei hatte er ein paar zögerliche Andeutungen fallen lassen, dass man ja noch einmal gemeinsam mit den Hunden spazieren und dann zusammen Mittag essen gehen könne. Zoe wünschte sich sehnlichst, die ersten fiebrigen Tagträume einer vielleicht neuen Beziehung genießen zu können, doch es kam ihr vor, als hinge eine große dunkle Wolke über ihr.
Erst nachdem sie und Toffee das Hundeheim wieder verlassen hatten, war ihr aufgefallen, dass sie Spencer und Leo mit keinem Wort erwähnt hatte. Hätte sie besser gleich mit der Tür ins Haus fallen und sagen sollen, dass sie geschiedenund Mutter zweier Söhne war? Oder würde sie alles unnötig überstürzen, wenn sie Bill von den Kindern erzählte?
Je länger sie damit warten würde, desto mehr sähe es danach aus, als wolle sie ihm etwas verschweigen. Doch diese hinterlistige Stimme in der Nacht hörte nicht auf, sie immer wieder daran zu erinnern, wie gut sie sich während dieser kurzen Zeit gefühlt hatte, in der sie einfach nur Zoe gewesen war. Und nicht Mum oder die Ex von irgendwem. Nur sie selbst, zum ersten Mal seit Jahren.
Sie schob diesen Gedanken beiseite und holte das Handy unter dem Kissen hervor, wo sie es versteckt hatte.
Es war Spencers Handy, das Geschenk, mit dem David ihn kurz vor seinem Auszug zu bestechen versucht hatte – entgegen Zoes Protesten, dass er dafür noch viel zu klein sei. Bevor sie sich’s versah, flogen ihre Finger über die Tasten, und da waren sie auch schon wieder: die Schnappschüsse von David im Alton-Towers-Vergnügungspark, der mit den zwei Jungs so viel Spaß hatte, wie er ihn sich mit Geld erkaufen konnte. Die Fotos allein waren schon schlimm genug, doch auf einigen war auch noch Jennifer zu sehen, die lächelnd im Hintergrund stand und sich sichtlich alle Mühe gab, den Kindern der allerbeste Kumpel zu sein.
Ihre Strähnchen waren furchtbar. Zoe konnte zwar sehen, dass sie teuer gewesen sein mussten, jedoch ohne jedes Geschick gemacht worden waren.
Hör auf, dir die Fotos anzusehen, ermahnte sie sich. Vergeblich. Es war, als würde sie an Wundschorf herumzupfen. Da Zoe wusste, dass die Fotos auf dem Handy waren, konnte sie sich nicht mehr zurückhalten. Leo schien glücklich zu sein, doch Spencers Miene schien von einer trüben Stimmung überschattet zu sein, die Zoe nur allzu gut kannte. Er gab sich Mühe, sich der Situation wie ein großer Junge zu fügen, doch er war einfach noch zu jung, um sein Unbehagen verbergen zu können.
Zoe zwang sich, das Handy auszuschalten. David hatte die Fotos mit dem Hintergedanken gemacht, dass Zoe sie zu sehen bekommen würde. Dieser intrigante Mistkerl hatte seine neue Freundin mit seinen Söhnen eingerahmt, in dem Wissen, dass Spencer ihr die Fotos zeigen würde – damit David ihr noch einmal deutlich vor Augen führen konnte, dass sie nun nicht mehr zu seiner Familie gehörte.
Zoe schlug sich die Hand vor den Mund, um den Schmerzensschrei zu dämpfen, der tief aus ihrem Inneren aufstieg.
Dabei liebte sie David schon
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