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Herzensjunge

Titel: Herzensjunge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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bleibe stehen und starre sie an.
    »Wäre das so schlimm?«, fragt Hanna. »Ich gebe dir doch dauernd Alibis, damit du mit Jan herumhängen kannst.«
    Gott sei Dank kann ich lachen. Ich pruste los. Das nimmt die Anspannung.
    »Ich weiß gar nicht, was daran so lustig ist«, sagt Hanna. Wir setzen uns wieder in Trab. »Wir wollen in einen Film mit Überlänge und dann vielleicht noch was trinken gehen. Höchstens bis elf.«
    Ich versäume zu fragen, wer »wir« ist. Erkläre Hanna nur, dass ich eigentlich sie als Alibi eingeplant habe. Das wird wirklich eine große Erleichterung sein, wenn man endlich volljährig ist und keinen mehr um Erlaubnis fragen muss für jedes Vergnügen, das man plant.
    »Was machen wir nun?«, frage ich.
    »Geht es bei dir auch um diesen Abend?«, fragt Hanna.
    »Um die Nacht von Samstag auf Sonntag.«
    Hanna reißt die Augen auf. »Die ganze Nacht«, sagt
sie. Hat was Ehrfürchtiges, wie sie es sagt. Ich bin auch ergriffen.
    »Was hindert uns daran, uns gegenseitig Alibis zu geben?«, fragt Hanna, »solange jede von uns dichthält.«
    Das traue ich mich nicht. Bei mir steht zu viel auf dem Spiel. Nicht nur ein Kinoabend und anschließend ein »Virgin Swimmingpool«.
    »Stell dir vor, mein Vater ruft bei dir an, und deine Mutter sagt, Hanna ist doch bei Ihnen und spielt Monopoly mit Toni«, sage ich.
    »Warum sollte dein Vater bei uns anrufen? Das hat er die ganzen Tage nicht getan«, sagt Hanna.
    »Das waren ja auch Nachmittage. Dann ist er nicht ganz so der Kontrollfreak.«
    Hanna seufzt. »Eigentlich wäre ich jetzt mal dran«, sagt sie.
    »Wieso brauchst du ein Alibi?«, frage ich. »Deine Eltern waren doch immer viel großzügiger als meine.«
    Wir sind vor Hannas Haustür angekommen. Das ist eine aussichtslose Diskussion, die wir da führen. Hanna wäre ja bereit, den Salto mortale zu wagen. Doch ich habe nicht die Nerven dazu.Vor meinem geistigen Auge sehe ich Papa, der an dieser Tür hämmert, vor der ich jetzt stehe, und die Herausgabe seiner Tochter fordert.
    »Sie sind nicht mehr großzügig, wenn es um Kalli geht«, sagt Hanna, »sie verbieten mir den Kontakt zu ihm.«
    »Den verbiete ich dir auch«, sage ich und bin empört.
    Hanna guckt mich an. Bittend. Ganz kläglich sieht sie aus.

    »Du weißt doch, was Liebe ist«, sagt sie, »ich liebe ihn immer noch.«
    Würde ich Jan noch lieben, wenn er mich derart schlecht behandelte?
    »Wann willst du morgen Abend los?«, frage ich.
    »Um sechs«, sagt Hanna.
    »Ich gebe dir das Alibi«, sage ich.
    »Und ich dir das für den Nachmittag«, sagt Hanna.
    Ich schüttele den Kopf. Da fällt mir schon noch was anderes ein. Oma hat ja gesagt, ich sollte mal um die Alster laufen. Da kann Papa nicht wirklich was gegen haben. Er ist doch für ein gesundes Leben.
    »Dann ab Montag wieder«, sagt Hanna.
    Wir geben uns die zwei Küsschen auf die Wangen.
    »Du und ich arbeiten übrigens an einem Deutschreferat«, sage ich, »Leben und Werk von Alfred Tennyson.«
    »Gut, dass du’s sagst«, sagt Hanna. Sie schließt die Haustür auf und dreht sich noch mal um. »Danke«, sagt sie.

44
    Jan und ich treffen uns in der Stadt. Freitagsgedränge um uns herum. Nicht mehr lange, und die Weihnachtsmärkte werden eröffnen.Als ich klein war, da fühlte sich ein Jahr endlos lang an. Jetzt habe ich das Gefühl, die großen Ferien sind gerade vorbei und schon sind wir tief im November.

    Ich brauche eine Winterjacke und habe siebzig Euro von Mama gekriegt. Doch ich habe keine Lust, die kostbare Zeit mit Jan in den Läden zu vertrödeln. Es wird kaum einen wundern, wenn ich ohne Jacke nach Hause komme. Alle wissen, dass ich mich bei Kleidung nur schwer entscheiden kann.
    Jan hat noch nicht viel von Hamburg gesehen. Wir gehen zum Jungfernstieg und blicken über die kleine Alster zur Lombardsbrücke, deren vierarmige Kandelaber mit den Glaskugeln in der Dämmerung leuchten. Ich liebe meine Stadt.
    Im Alex trinken wir eine Cola. Eigentlich ist das Alex der alte Alsterpavillon . Oma sagt, dass sich hier früher die Trutschen getroffen haben, um auf Plüsch zu sitzen, Kaffee zu trinken und Schwarzwälder Kirschtorte zu essen.
    Heute ist das ein Lokal für junge Leute. Andreas und Lena gehen hier abends hin. Jan und ich werden das auch mal tun. Nach dem vierzehnten Januar. Wenn ich die magischen vierzehn Jahre erreicht habe.
    Es ist schön, an die Zukunft zu denken. Eine Zukunft mit Jan. Als ich ihm eben im Bus sagte, dass wir eine gemeinsame Nacht in Omas Wohnung

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