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Herzensjunge

Titel: Herzensjunge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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eine echte Bewährung für unsere Liebe. Ausgeleierte Jogginghosen und ein Sweatshirt mit der Aufschrift »Nowhere without Teddy«.
    Doch bevor ich mich auf den Weg zu ihm mache, rufe ich noch Oma an.

69
    Ich steige aus dem Bus und sehe Jan auf der Brücke stehen und in den Goldbekkanal gucken. Ich dachte, wir würden uns im Lokal treffen.

    Er dreht sich um und breitet die Arme aus. Das haben Mama und Papa oft gemacht. »Komm in meine Arme«, haben sie gerufen, und dann kamen Andreas und ich gelaufen und sie haben uns im Kreis geschwenkt. Dafür ist nun auch schon Adrian zu schwer.
    Ich bin es ganz bestimmt, doch Jan schließt die Arme um meine Taille und schwenkt mich hin und her. Mit einer Elfe hätte er es leichter.
    »Den Bootsmann können wir heute vergessen«, sagt Jan, »da ist eine größere Gesellschaft zum Brunch. Keine Chance auf einen Tisch.«
    »Können wir nicht zu dir nach Hause?«, frage ich.
    »Doch«, sagt Jan, »nur dass mein Vater nachher kommt.«
    »Schon so früh?« Ich klinge enttäuscht.
    »Du kannst ihn nicht leiden«, sagt Jan.
    »Ich kann ihn leiden«, sage ich, doch ich bin nicht sicher, ob das die Wahrheit ist. Er ist düster, Jans Vater, obwohl er eigentlich aussehen könnte wie ein Strahlemann. Sportlich.Von Wind und Sonne gegerbt.
    »Ich kenne deinen Vater ja kaum«, sage ich, »ich kann doch nicht sagen, ob ich ihn leiden kann. Aber ich habe den Eindruck, dass er dir nicht guttut.«
    Jan antwortet nicht.
    »Du ziehst dich gerade hinter deine Gedanken zurück«, sage ich.
    Jan guckt mich an. »Gehen wir doch um die Alster«, sagt er, »und dann irgendwo was essen. Ich will nicht nach Hause. Er glaubt ohnehin, dass ich unterwegs bin, darum hat er mich auf dem Handy angerufen.«
    Wir laufen schweigend nebeneinanderher. Erst am Alsterufer macht Jan den Mund auf. »Du hast recht, er
tut mir nicht gut«, sagt er, »Jens tut mir überhaupt nicht gut, seit einem Tag im Juni. Sie hat nicht auf dieses verdammte Boot gewollt.«
    Ich wage kaum nachzuhaken.Will nicht, dass Jan sich gleich wieder verschließt. Doch ich kann nicht anders. Die Frage kreist in meinem Kopf.
    »Ist deine Mutter ertrunken?«
    »Nein. Sie ist erschlagen worden.Von dem verdammten Baum, den Jens neu in sein Boot eingebaut hatte. Der Herr Architekt kann ja alles.«
    Diesen letzten Satz brüllt Jan. Die Leute drehen sich nach uns um.
    Hat Jan nicht mal gesagt, dass er seinem Vater nichts vorwerfe? Vielleicht hat er den schrecklichen Vorwurf, der Vater sei schuld am Tod von Jans Mutter, zu lange in sich verschließen wollen.
    Jan zittert.Wohl kaum vor Kälte. Es ist nicht kalt.
    Ich leite uns zu einer Bank. Sie ist leer.Trotz der warmen Temperaturen setzen sich die Spaziergänger nicht hin an diesem letzten Novembersonntag.
    »Du hast diesen Baum auch an den Kopf gekriegt«, sagte ich.
    »Du siehst, ich habe es überlebt«, sagt Jan.
    »Denkst du manchmal an eine Zukunft mit mir?«, wechsle ich das Thema und staune selbst über die Frage.
    Jan ganz offensichtlich auch.
    Doch auf einmal denke ich nur daran, dass ich Jan ganz dringend heiraten will.Am besten gleich auf dieser Bank hier an der Alster.
    Hoffentlich antwortet er nicht mit einer Gegenfrage. Ich will erst ihn hören.

    »Meine Mutter hat mich immer damit aufgezogen, dass ich gerne plane«, sagt Jan. »Sie hat mir auch das Poster von Lennon geschenkt.«
    Ist das eine Antwort? Ich schweige.
    Jan kneift die Augen zusammen. Er blickt über den See, als versuche er, in die Straßen am gegenüberliegenden Ufer hineinzugucken.
    Zumindest scheint er sich die Antwort nicht leicht zu machen. Doch mir ist ganz elend vor Angst, was er sagen wird.Warum musste ich das fragen.
    »Ich würde gern ein ganzes Leben mit dir verbringen«, sagt er.
    »Dann tu’s doch«, sage ich.
    Jan lächelt. Er zieht mich zu sich und küsst mich.
    Doch er ist immer noch ganz zittrig. Ich spüre es.
    Wir sitzen noch ziemlich lange da und halten uns einfach nur an der Hand.

70
    Ich habe mir eine Mütze gekauft. Bin extra in die Stadt gefahren dafür und in einen Laden in der Nähe des Rathauses gegangen. Alle möglichen Mützen und Kappen für die Seefahrt haben sie da. Kopfbedeckungen, die man nicht in jedem Kaufhaus kaufen kann. Tropenhelme führen sie auch.
    Ich wollte eine Baskenmütze, wie sie die Leute in Frankreich tragen. Bald werde ich wohl drei Wangenküsschen geben, wenn ich jemanden begrüße.

    Hanna hat heute Morgen nur zwei gekriegt. Ich traf sie schon auf dem Weg zur Schule. Sah sie

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