Herzensstürme - Roman
Sie ist verlockend wie ein tiefer Abgrund, in den sich ein verliebter Mann in seiner Lust hineinstürzen möchte …«
Der Klepper schnaubte zornig und stieg mit den Vorderhufen, als wolle er über das Gatter springen. Brianna riss sich von Gordon los und lief zur Stalltür, doch als sie sie öffnen wollte, musste sie einsehen, dass sie nicht die Kraft dazu hatte. Immer noch stand der Wind dagegen, heulend rüttelte er an den Gebäuden, riss das Stroh aus den Dächern und rollte leere Holzeimer über den Hof.
»Müht Euch nicht, ich werde die Tür für Euch öffnen.«
Sie wich zur Seite, als er mit raschen Schritten herankam, doch er war gewandt und schnitt ihr den Weg ab.
»Ihr müsst keine Furcht haben, Lady. Ich bin kein Prahlhans wie mein Bruder - ich weiß zu schweigen.«
Er fasste sie bei den Schultern und wollte sie an
sich ziehen, doch sie wehrte sich zornig, schlug mit den Fäusten gegen seine Brust, so dass er in ihr offenes Haar griff. Brianna schrie auf vor Schmerz und trat mit den Füßen gegen seine Stiefel.
»Weshalb wollt ihr mir einen Kuss verwehren?«, zischte er. »Ihr seid eine Bardin und habt vor anderen Männern gesungen und getanzt. Alle auf der Burg wissen das. Ich bin auf Connors Seite und will ihm beistehen, damit er Euch heiraten kann. Kein Opfer ist mir zu groß dafür. Weshalb soll ich dann nicht meinen Teil verlangen?«
Er drängte sie gegen die Stallwand, presste sich eng an ihren Körper und versuchte, ihre Arme zu bändigen, doch er musste zurückweichen, denn sie spuckte ihm ins Gesicht.
»Hochmütiges Weib! Dir ist wohl zu Kopf gestiegen, dass ein Ritter um dich wirbt. Wer bist du denn? Eine Spielfrau, die von einem Ziehvater großgezogen wurde.«
Seine Züge waren jetzt wutverzerrt, er wischte sich die besudelte Wange und sie erwartete jeden Augenblick, dass er sie schlagen würde - doch stattdessen wandte er sich ab und begann laut zu lachen.
Zitternd stand sie da und presste den Rücken gegen die Stallwand, sein Gelächter klang grell und unheimlich in ihren Ohren.
»Verzeiht mir, Lady Brianna«, stieß er hervor und machte eine kleine Verbeugung vor ihr, als stünden sie in einer festlichen Halle, umringt von adeligen Herrschaften.
»Ich wollte Euch nicht kränken - aber ich musste wissen, ob mein Bruder wirklich eine gute Wahl getroffen hat. Ihr habt die Probe bestanden - nun werde ich Euch zu Kelvin und Rona zurückführen.«
Sie brauchte einen kleinen Moment, um diesen unerwarteten Umschwung zu begreifen und sich zu fassen. Dann stieß sie sich von der hölzernen Wand ab, trat auf ihn zu und stellte sich vor ihm auf die Zehenspitzen.
»Meinen Dank, Sir Gordon, habt Ihr hier!«
Sie bemühte sich, so fest wie möglich zuzuschlagen, und tatsächlich zuckte sein Kopf ein wenig zur Seite, als die Ohrfeige auf seine linke Wange klatschte. Er nahm den Schlag hin, ohne sich zu wehren, und grinste sie dabei sogar an.
»Öffnet die Tür!«, schrie sie wütend.
Er gehorchte ohne Widerrede.
Kapitel 23
Der Hof war menschenleer, ein grauer Kater huschte dicht vor ihr vorbei und verschwand hinter einem Stapel Torfsoden, sie achtete nicht darauf, sondern lief hastig zu Kelvins kleinem Häuschen und klopfte an die Tür. Als sich drinnen niemand regte, wandte sie sich besorgt um, doch Gordon war ihr nicht gefolgt, sie entdeckte ihn auf der Treppe zum Wohnturm.
Der Wind hatte sich ein wenig gelegt, dafür trug er nun die ersten Regentropfen herbei, und sie war froh, als Rona endlich die Eingangstür aufzog.
»Meine Güte - du wärest besser hier bei uns geblieben, Brianna. Schau dir nur an, wie dein Plaid aussieht.«
Ronas Gesicht war gerötet, und sie redete in einem fort, während sie Brianna das Plaid abnahm, um hektisch Staub und Strohhalme herauszuschütteln. Dafür schien Kelvin noch schweigsamer als zuvor, und an seiner Miene war abzulesen, dass er sich geärgert hatte.
Hatten die beiden gestritten, während sie mit Gordon im Pferdestall gewesen war? Weshalb wohl? Brianna fühlte sich unbehaglich, denn sie fürchtete, dass der Streit der Geschwister in irgendeiner Weise mit ihr zusammenhing. Kelvin war zwar nicht unfreundlich zu ihr, seitdem sie in seinem Haus wohnte, aber die Herzlichkeit, mit der er ihr auf der Reise nach Schottland begegnet war, hatte sich nicht wieder eingestellt.
»Geht es deinem Pferdchen gut?«, wollte Rona wissen. »Ach, es muss ein treues Tier sein, wenn du so an ihm hängst. Setz dich dort auf den Schemel gleich beim Feuer, Brianna.
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