Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
seinen Finger.
    »Das ziept«, beschwerte sie sich.
    »Ich wollte dich nur festhalten, damit du mir nicht in den Abendhimmel hineinschwebst, meine Elfenkönigin.«
    Zärtlich fasste sie seine Hand und hielt sie fest.
    »O nein, ich habe vor, hier bei dir in den Highlands zu bleiben. Warte nur, bis meine Lieder fertig sind - du sollst der Erste sein, der sie hören wird.«
    »Das hoffe ich«, grinste er. »Schließlich habe ich bei ihrer Entstehung mitgewirkt. Ohne mich wären dir diese Weisen niemals eingefallen - habe ich recht?«
    »Oh, wie eitel du bist - Connor MacDean.«
    »Nicht eitel. Ich bin nur stolz auf dich und möchte auch einen winzig kleinen Anteil an deiner Kunst gewinnen.«
    »Schönredner«, lästerte sie fröhlich.

    »Nein, Brianna«, sagte er und wurde ernst. »Was ich dir sage, das meine ich aufrichtig.«
    Die Sonne war fast untergegangen, als sie Glenworth Castle erreichten, im schwindenden Abendlicht erschien der See wie eine weite graue Fläche, aus der sich die Umrisse der Burg schwarz und kantig erhoben. Ein großer Wasservogel schwebte dicht über dem Wasser, segelte dem Ufer zu und verschmolz dann mit den dunklen Felsen, als sei er selbst zu Stein geworden.
    »Siehst du die Fahne auf dem Turm?«, rief Connor voller Freude. »Sie bedeutet, dass der Burgherr zurückgekehrt ist. Noch heute Abend wirst du meinen Vater kennenlernen.«
    Sie schwieg, denn die Nachricht löste zwiespältige Gefühle in ihr aus. Natürlich teilte sie Connors Freude - er liebte und verehrte seinen Vater, er freute sich über das Wiedersehen. Vielleicht hatte er insgeheim auch Sorge um ihn gehabt, denn obgleich die Engländer in den Highlands wenig Macht besaßen, war die Gefahr immer gegeben, in einen Hinterhalt zu reiten.
    Auf der anderen Seite würde sie, Brianna, nun vor den kritischen Augen des Burgherrn bestehen müssen. Sie fürchtete sich davor. Viel lieber wäre sie als Bardin vor der Burggesellschaft aufgetreten, dann hätte sie alle mit ihrer Musik und ihren Tänzen bezaubert, dessen war sie sich sicher. So aber war ihr eine andere Rolle zugedacht, und sie zweifelte sehr daran, ob sie ihr gut zu Gesicht stehen würde.
    »Du wirst ihm gefallen, Brianna«, ermutigte er sie. »Sei einfach die, die du bist. Mein Vater wird mich verstehen.«
    Alle zarten Melodien waren aus ihrem Kopf verschwunden,
als sie hinter Connor über die schmale Landzunge zur Burg hinüberritt.
    Man hatte die Tore offen gelassen, denn sie wurden erwartet. Fackeln beleuchteten den Hof, auch in einigen Turmfenstern war Lichtschein zu sehen, denn man hatte die Läden noch nicht geschlossen. Auf dem Burghof eilten Frauen und Mägde umher, schleppten Körbe, Schüsseln und Kannen und der Duft nach gebratenem Fleisch und frischem Brot stieg ihnen in die Nasen.
    »Es wird festlich getafelt werden«, erklärte Connor aufgeregt. »Dann haben wir Anlass zum Feiern. Ob vielleicht gar …?«
    Er stockte, denn in diesem Augenblick trat ein Mann aus dem Turmeingang, blieb an der steilen Treppe, die zum Hof hinunter führte, stehen und starrte von dort oben auf sie herab.
    »Gordon!«, hörte Brianna Connors frohen Ausruf. »Gordon - mein kleiner Bruder. Komm rasch, Brianna. Mein Gott - dies ist wirklich ein glücklicher Tag.«
    Er hatte sie am Arm gefasst und zog sie in heller Begeisterung über den Hof, doch als er mit mächtigen Sprüngen die Treppe zum Turmeingang hinaufstürmte, machte sie sich von ihm los und blieb am Fuß der Treppe stehen. Connor riss den Bruder schwungvoll an seine Brust.
    Sollte sie gerührt sein? Glücklich? Es fiel ihr nicht leicht. Die beiden waren von gleicher Größe, nur dass Gordon ein wenig schmäler als sein Bruder war, auch war sein dunkles Haar schulterlang, während Connors dichte Mähne noch kurz wie die eines Bauern war. Gordons Gesicht war ihr zugewandt, während Connor ihn brüderlich umarmt hielt, und auch in den Zügen des jüngeren war die Ähnlichkeit unverkennbar.

    Die Wiedersehensfreude kam ihr zuerst recht einseitig vor, denn während Connor seinen Bruder fest an sich drückte und ihm zugleich heftige Vorwürfe machte, erkannte Brianna in Gordons Zügen nur ein schwaches Lächeln, das nicht vom Glück des Wiederfindens sprach, sondern eher beklommen, ja fast gezwungen wirkte. Dann jedoch, als Connor ihn von sich abschob und ihm lachend auf die Schulter schlug, ihn einen verdammten Taugenichts nannte, einen Hitzkopf, einen Strohschädel, der sich nicht an seine Anweisungen halten konnte, keine

Weitere Kostenlose Bücher