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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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wenig schräg standen? Oder war es sein Lächeln, das immer so gezwungen erschien?
    Als sie in die Halle traten, waren diese Gedanken jedoch weggewischt, denn neue Eindrücke nahmen sie ganz und gar gefangen. Die Halle hatte gegenüber anderen festlichen Sälen, die sie gesehen hatte, eher bescheidene Ausmaße, doch war sie mit großer Sorgfalt und Liebe ausgeschmückt, was ganz sicher Cajas Verdienst war. Mauern und Säulen waren hell getüncht und mit bunten Wandbildern ausgemalt, die so frisch wirkten, als habe der Maler gerade eben den Pinsel aus der Hand gelegt. Auch hatte man die Fensternischen mit Polstern belegt und von der Decke herab hingen mehrere schön geschmiedete, kreisrunde Lampen, auf die man Kerzen gesteckt hatte. Brianna überflog die Wandbilder unwillkürlich mit raschem Blick, und sie war erleichtert, als sie nur verschiedene Wappensymbole und Szenen aus der Bibel erkannte. Nein, es waren keine blutigen Kämpfe dargestellt - wie hatte sie das nur annehmen können?
    Die lange Tafel befand sich an der rechten Seite des Raumes, sie war mit weißen Tüchern bedeckt, silberne Kannen und Trinkschalen funkelten, die Teller und Schüsseln jedoch waren aus bemaltem Ton. Reichtum herrschte hier nicht - dennoch klopfte Briannas Herz zum Zerspringen, als Connor sie nun ohne Umschweife an das Kopfende der Tafel führte.
    Malcolm MacDean erhob sich, als sein Sohn Connor vor ihm stand, und Brianna sah voller Rührung, wie ein Leuchten über die Züge des Burgherrn und
Clanchiefs ging. Wie alt mochte er wohl sein? Es war schwer zu schätzen, denn trotz des ergrauten Haars war sein Wuchs hoch, die Schultern breit, er war ein Krieger wie seine Söhne und sein Körper erschien jung und kraftvoll. Nur die tiefen Furchen rechts und links des Mundes und die dunklen Schatten unter seinen Augen zeigten, dass er alterte. Die Umarmung war herzlich - Malcolm hatte beide Söhne schon verloren geglaubt, nun waren sie wieder zu ihm zurückgekehrt. Jetzt erst bemerkte Brianna, dass Malcolm den rechten Arm nicht heben konnte, denn als er Connor an seine Brust zog, legte er nur den linken Arm um ihn, der andere hing an seinem Körper herunter.
    »Dies, Vater, ist Brianna, der ich mein Leben verdanke …«
    Malcolm sah nur kurz zu ihr hinüber, gönnte ihr ein ernstes Lächeln, dann unterbrach er Connors Erklärungen.
    »Ich weiß, wer sie ist, Connor. Sie soll uns willkommen sein und neben dir an der Tafel sitzen. Heute ist ein froher Tag, den wir feiern wollen. Lasst das Mahl beginnen.«
    Fast war sie erleichtert, denn sie hatte kritische Fragen, Unwillen, vielleicht sogar Ablehnung befürchtet. Nun also war diese so wichtige Vorstellung ganz rasch und ohne Schwierigkeiten verlaufen - war das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?
    Connor, jedenfalls, schien sehr zufrieden, stolz führte er sie an ihren Platz, wartete, bis sie sich niedergelassen hatte, wie es die höfische Sitte erforderte, und setzte sich dann zu ihrer Rechten.
    »Ich wusste, dass du ihm gefallen würdest«, flüsterte er ihr zu. »Gewiss hat ihn meine Mutter schon
vorbereitet - nur noch ein paar Tage, dann wirst du meine Frau sein.«
    »Bist du sicher?«
    »Warum nicht?«, mischte sich jetzt Gordon ein, der zu ihrer Linken Platz genommen hatte und feine Ohren zu haben schien. »Connor ist nicht für halbe Sachen. Wozu eine lange Verlobungszeit? Da könnte es sich die Braut ja am Ende noch anders überlegen!«
    »Auf welcher Seite stehst du eigentlich, Bruder?«, raunzte ihn Gordon ärgerlich an.
    »Auf deiner natürlich, Connor. Und auf der Seite dieser bezaubernden Fee, die du aus England hinauf in die Highlands geführt hast.«
    »Hör nicht auf sein Gerede, Brianna«, lachte Connor, der rasch versöhnt war. »Er will sich nur bei dir einschmeicheln, damit er unser Trauzeuge sein darf. Aber keine Sorge, Bruderherz, du wirst sowieso dran glauben müssen.«
    »Wenn Ihr, Lady Brianna, diesen Burschen unbedingt nehmen wollt, dann ist Euch nicht zu helfen. Lasst Euch von mir warnen, denn mein Bruder ist ein Schürzenjäger, dem alle Damen hier am Tisch zu Füßen liegen …«
    »Wenn du nicht gleich dein Lästermaul hältst, bekommst du diese Kanne über deinen Schädel.«
    »Nicht doch, Bruder. Die Kanne ist ein Geschenk von Sir Gavin, und er wäre gewiss betrübt, sie bei seinem nächsten Besuch mit einer Delle im Bauch zu finden.«
    Brianna war bei Gordons anzüglichen Reden beklommen zumute. Stimmte es tatsächlich, dass Connor ein Schürzenjäger war?

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