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Herzenstimmen

Herzenstimmen

Titel: Herzenstimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sendker
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Feigenbaum, rauchte eine Zigarette und beobachtete sie. Nu Nu hatte ihre langen schwarzen Haare hochgebunden und balancierte einen Krug auf ihrem Kopf. Sie trug ihren besten Longy und eine der zwei Blusen, die sie besaß. Frisch gewaschen. Sie wollte nichts dem Zufall überlassen. Sie hatte nicht mehr den begehrenswerten Körper einer jungen Frau. Aber auch noch nicht den einer alten.
    Sie würde sich anstrengen müssen.
    Sie hatten sich verabredet, ohne Worte. Ein paar Blicke bei der Ankunft der Soldaten, ein paar Gesten hatten genügt. Jeder wusste, was der andere wollte.
    Auch jetzt sprachen sie nicht. Nu Nu setzte den Krug ab und begann mit langsamen Bewegungen, Wasser aus dem Brunnen zu schöpfen. Der Kommandant schaute ihr zu. Sie spürte seinen Blick auf ihrem Körper. Sie spürte, wie er sie taxierte. Ihren schlanken Hals, die muskulösen Oberarme. Wie seine Augen prüfend an ihr hinabglitten, die Andeutungen ihrer Brüste unter dem Stoff der Bluse ertasteten. Ihre Hüfte. Den kräftigen, wohlgeformten Po, der schon ihren Mann so erregt hatte.
    Sie wartete. Er bewegte sich nicht.
    Als sie den Krug wieder anheben wollte, trat er zu ihr.
    »Wo?« Er hatte es nicht einmal nötig zu flüstern.
    Eine leichte Bewegung mit dem Kopf zeigte ihm die Richtung. Sie nahm den schweren Krug und ging voran. Sie liefen an ihrem leeren Haus vorbei, in dem bis vor wenigen Stunden ihre Söhne auf sie gewartet hätten.
    Die Hütte lag am Ende des Dorfes, gleich dahinter begannen die Felder. Sie war seit Jahren unbewohnt. Der alte Aung war darin gestorben, einsam und allein. Seine Frau und die drei Kinder waren nicht alt geworden, und sein Geist kehrte aus Kummer an jedem Neumond zurück, um zu klagen. Aber heute war Vollmond. Und eine Alternative hatte sie nicht.
    Sie stiegen die paar Stufen zur Veranda hinauf, die Tür war angelehnt, wie sie es erwartet hatte. Durch ein Loch im Dach fiel das kalte Licht des Mondes. In der Mitte des Raumes lag ein Haufen Stroh.
    Sie waren nicht die Ersten. Sie würden nicht die Letzten sein.
    Nu Nu stellte den Krug auf den Boden. Sie sah die Lust in seinem Gesicht. Die Geilheit in seinen Augen. Daran würde es nicht scheitern.
    Er legte die Waffe ab, zog seine Uniform aus und stellte die schwarzen, blank polierten Stiefel neben das Bett aus Stroh. Sie betrachtete seinen kräftigen Körper aus den Augenwinkeln. Die Armee ernährte ihre Soldaten gut. Zumindest ihre Kommandanten.
    Sie löste den Knoten ihres Longy und ließ ihn zu Boden gleiten. Mit einer flinken Bewegung streifte sie die Bluse über den Kopf.
    Er wollte sich nicht gedulden. Sie bemühte sich, es hinauszuzögern. Je stärker seine Lust, desto größer ihre Chancen, dachte sie.
    Das Schlimmste waren die Bilder in ihrem Kopf, während er in sie eindrang. Sie sah ihren verstorbenen Mann vor sich. Sie sah ihre Söhne. Sie sah ihre Eltern. Um den Bildern zu entkommen, fixierte sie seine neben ihr stehenden Stiefel. In der Welt, die sie im blank geputzten schwarzen Leder sah, gab es keine Vergebung und keine Liebe. In ihr existierten nur Angst und Hass.
    Es gibt Anblicke, die ertragen wir nicht. Sie machen uns zu anderen Menschen.
    Sie wollte nicht hinschauen, aber es war zu spät.
    Trotzdem wollte Nu Nu noch einmal mit ihm schlafen. Sie hätte mit jedem seiner Vorgesetzten geschlafen und mit jedem seiner Untergebenen. Mit jedem Soldaten seiner Kompanie.
    Nur um ihre Söhne zu retten.
    Sie waren alles, was ihr geblieben war im Leben.
    »Was willst du von mir?« Eine Frage. Die Frage, auf die sich alles an diesem Abend und in dieser Nacht zubewegt hatte. Der erste, kurze Blick. Die verschämten, die ihm folgten. Und die aufreizenden, die sich denen anschlossen.
    Ohne Worte. Nur Gesten, an deren Eindeutigkeit nicht zu zweifeln war. Jede Bewegung, jede Berührung, jeder Kuss, jeder Stoß, den sie erduldete, führte zu dieser einen, einfachen, lebensentscheidenden Frage.
    »Was willst du von mir?« Ausgestoßen, hingerotzt, nicht gestellt. Als wollte er eine lästige Fliege von seiner Oberlippe vertreiben.
    Sie strich ihm über das schwarze Haar. Betrachtete die Narben auf seiner Brust.
    Sie könnte ihn ein zweites Mal verführen. Vielleicht würde es ihn gnädiger stimmen. Sie küsste eine Brustwarze, ließ ihre Zunge spielen.
    »Was willst du?«
    Er war nicht in der Stimmung. Und nur davon hing alles ab. Ko Gyi und Thar Thar. Ihr Lachen. Ihr Weinen. Ihr Leben. Ihr Sterben. Von seiner Stimmung.
    »Meine Söhne«, flüsterte sie. »Sonst

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