Herzgrab: Thriller (German Edition)
Strom « , rief Scatozza, schaltete den Laptop ein und begann, seine Trolleys auszupacken.
Hin und wieder blickte Gerink ins Zimmer und sah, wie Scatozza Hemden und Hosen im Schrank und in den Kommodenfächern verstaute und seine Kosmetikartikel großzügig im Bad verteilte. Zwischendurch warf der Sizilianer immer wieder einen Blick auf den Monitor.
» Scheiße, die Preise gehen hoch « , murmelte er einmal zu sich selbst, als überlegte er, ob er überhaupt noch mitbieten sollte.
» Wie viel gibst du durchschnittlich aus? « , fragte Gerink, während er durch die Unterlagen der Carabinieri blätterte.
» Zwischen achtzig und hundertzwanzig Euro. «
» Ist dir eigentlich klar, dass die Online-Gebühren in Italien nicht gerade billig sind? «
» Nicht wenn du über eine italienische Telefonwertkarte surfst. «
» Was heißt eigentlich testimonianza ? «
» Zeugenaussage. «
» Aha … davon haben wir neunzehn Stück. « Gerink zog den Leuchtkugelschreiber mit der eingebauten Lampe aus der Tasche, den ihm Elenas Freundin Toni geschenkt hatte. Er zeichnete einen Stammbaum der Del-Vecchio-Familie, der mit Zenobia und Angelo begann. » Was heißt sorella ? «
» Schwester. «
» Und cognata ? «
» Schwägerin. «
» Was ersteigerst du gerade? «
» Geht dich nichts an. « Scatozza kam aus dem Bad. » Hast du einen Waffenschein für diesen Kuli? «
» Hat mir eine Filmkritikerin geschenkt. Ist nützlich, hat eine Lampe. Schau mal! « Er leuchtete Scatozza in die Augen.
» Idiot! Scheinst dich ja rasch zu trösten « , sagte Scatozza und brachte Haarshampoo, Dusch- und Rasiergel ins Badezimmer.
Gerink gab keine Antwort darauf. » Ist überhaupt noch Platz im Bad? « Er beugte sich vor, doch sein Partner hatte den Laptop wieder einmal so auf dem Tisch platziert, dass er nicht auf den Monitor sehen konnte.
Als Scatozza aus dem Bad kam, wurde er sichtlich nervös. Fast sekündlich aktualisierte er die Bildschirmanzeige.
Währenddessen vollendete Gerink den Stammbaum.
Als er in den Originalunterlagen weiterblätterte, stieß er auf ein Farbfoto aus der Pathologie. Der Tote war etwa vierzig Jahre alt, groß, breitschultrig und hatte langes Haar. Was hatte diese Leiche mit Teresas Verschwinden zu tun? » Was heißt forbicine ? « , fragte er.
» Nagelschere « , übersetzte Scatozza. » Scheiße … innerhalb von zwei Minuten auf hundertdreißig Euro! « Er knirschte mit den Zähnen, überlegte kurz, hämmerte schließlich wie besessen auf die Tastatur und verharrte dann emotionslos vor dem Monitor. Kurz darauf klappte er den Laptop erleichtert zu.
» Wie viel hast du ausgegeben? « , fragte Gerink.
» Hundertvierundfünfzig. «
» Gratuliere. «
Mit aufgerollten Hemdsärmeln und den Händen in den Hosentaschen trat Scatozza auf den Balkon. » So eine Schweinehitze! « , maulte er. » Was machen wir als Nächstes? Ich habe Hunger. «
» Sieht so aus, als wäre am Tag von Teresas Verschwinden ein Mord auf dem Grundstück passiert. «
» Wie? «
» Nagelschere im Genick. «
» Uuuh! « Scatozza kniff die Augen zusammen. » Glaubst du, Teresa hat etwas damit zu tun? «
» Kann ich mir nicht vorstellen. Schau dir das Bild von dem Kerl an. « Gerink reichte ihm das Foto. Der behaarte Oberkörper des Mannes war so breit wie ein Scheunentor. » Ihr Cousin Roberto. «
Scatozza warf einen Blick auf den italienischen Text. » Ein weit entfernter Cousin « , korrigierte er.
» Wir sollten uns das Grundstück der Del Vecchios in San Michele ansehen, die Leute befragen und mit Hilfe der Protokolle und Berichte der Spurensicherung rekonstruieren, wie Teresa von dort verschwunden ist. «
» Vielleicht finden wir auf dem Weg dorthin eine Trattoria. « Scatozza gab ihm das Foto zurück. » Gut, dass wir eine Knarre haben. Immerhin haben wir es schon mit Mord zu tun. «
Plötzlich klopfte es an der Tür.
Sie sahen sich einen Moment lang wortlos an.
» Ja? « , rief Scatozza ins Zimmer.
» Polizia! « , dröhnte es vom Gang.
19
Auf der Damentoilette von Rinaldi’s restaurierte Elena notdürftig Tonis ramponierten Blazer und überschminkte das Veilchen, das Viktor ihr verpasst hatte. Anschließend schickte sie das Foto des Ostdeutschen per Handy an ihre Schwester ins Bundeskriminalamt.
Am späten Nachmittag saßen Elena und Monica in der klimatisierten Gästelounge von Rinaldi’s, aßen Käsecracker und tranken Kir Royal. Von dem Fensterplatz im ersten Stock aus sahen sie auf den Stephansdom und die
Weitere Kostenlose Bücher