Herzklopfen - Down Under (German Edition)
Handgelenke. »Ich war es schon immer. Du hast mich nur nicht erkannt. Mein Glück.« Er zwinkerte ihr zu, doch seine Augen blickten kalt. »Ich wusste nicht, dass du so wild sein kannst.« Ein zynisches Lächeln glitt über seinen Mund. »Wow. Da brodelt eine Menge Leidenschaft unter der stillen Oberfläche, was?« Er stieß einen unheimlichen Laut aus.
Während Nele die neue schreckliche Erkenntnis verdaute, lief ihr Gehirn auf Hochtouren. Seine Unberechenbarkeit und sein brutales, rücksichtsloses Verhalten machten Chris hochgefährlich. Sie musste scharf nachdenken. Sie musste sich etwas einfallen lassen, um ihn zu überzeugen, sie freizulassen. Nur was? »Was willst du von mir?«, fragte sie ihn mit bebender Stimme. Vielleicht ließ er sich in ein Gespräch verwickeln.
Chris hob spöttisch eine Braue. »Was glaubst du wohl?« Sein dunkler, begehrlicher Blick glitt an ihrer Figur hinab und blieb an ihrer Brust hängen.
Heißes Blut schoss Nele ins Gesicht. Die Vorstellung war so furchtbar, dass sie sich nicht gestattete, weiterzudenken. Sie musste fliehen. Doch wie? Körperlich war sie Chris unterlegen. Sie hatte keine Chance, ihn zu überwältigen. Es gab kein Entkommen. Außer mit einem Trick vielleicht …
»Dieser Aufreißer Stevens meint, er ist was Besseres«, stieß Chris hinter zusammengepressten Zähnen hervor, und unterbrach damit Neles Gedankenkarussell.
Wieso erwähnte er Jake? Was hatte er mit all dem hier zu tun? Nele runzelte die Stirn.
An Chris’ Schläfe zuckte ein Nerv. »Schnappt sich all die scharfen Weiber. Meint, sie wären für ihn reserviert. Bloody Idiot. Jetzt bin ich an der Reihe, nicht wahr, schönes Kind?« Er gab eine ihrer Hände frei und fuhr mit sanftem Zeigefinger über ihre Wange.
Sie wich schaudernd zurück. Ohne es zu wissen, hatte Chris ihr soeben das Stichwort geliefert. Die zündende Idee sozusagen. Sie musste es versuchen. Vielleicht gab es noch eine Chance, Chris dazu zu bewegen, sie gehen zu lassen.
*
Jake durchkämmte den gesamten Ort. Mit seiner Suzuki kreuzte er durch sämtliche Straßen, klapperte alle Plätze, Hinterhöfe und Parks ab, die ihm in den Sinn kamen. Ständig überprüfte er den Empfang seines Handys, damit er keinen Anruf verpasste.
Eine geschlagene halbe Stunde durchstreifte er das Schulgelände, schlich zwischen den Gebäuden umher, in der Hoffnung, Nele oder Hunt irgendwo zu entdecken. Die Schule mit ihrem weitläufigen Areal und den verschiedenen Bauten schien ihm ein perfektes Versteck. Da gerade Umbaumaßnahmen stattfanden, wimmelte es nur so von Containern und Baracken. Jake schlug zügig den Weg zur Turnhalle ein und prallte gegen eine Mülltonne, die er im fahlen Mondlicht übersehen hatte. Polternd und scheppernd kippte der Blechbehälter um. In der Nachbarschaft schlug ein Hund an. Auf dem Kiesweg näherten sich eilige Schritte.
»Hallo! Ist da jemand?« Eine männliche Stimme hallte durch die Nacht.
»Shit!« Wütend kickte Jake mit der Spitze seines Turnschuhs gegen die am Boden liegende Tonne. Das blecherne Geräusch ließ ihn zorniger werden. Nochmals trat er mit aller Kraft dagegen. Weil er einfach keine Ahnung hatte, was er noch anstellen sollte, um Nele zu finden.
»Hey du!« Eine dunkle Gestalt richtete den grellen Schein einer Taschenlampe auf ihn.
Instinktiv hob Jake seinen rechten Arm, um sich vor dem blendenden Licht zu schützen.
»Was treibst du dich rum? Sieh zu, dass du Land gewinnst!«
An der schwerfälligen Aussprache erkannte Jake Antonio Ramirez, Hausmeister und heimlicher Latinoschwarm sämtlicher weiblicher Wesen auf der Victor Harbor High. Sein Begleiter, ein goldbrauner australischer Schäferhund, wedelte freudig mit dem Schwanz.
»Ich bin’s, Tony. Jake.« In einer beschwichtigenden Geste hob er beide Hände, während er die Augen gegen das grelle Licht zusammenkniff.
»Ah, Jake Stevens«, entgegnete Tony langsam und musterte Jake von oben bis unten.
»Tony, die Lampe …«, bat Jake.
»Si.« Rasch senkte der Mann das Licht. »Was machst du hier um diese Uhrzeit? Was soll dieser Lärm?«
»Ich suche Nele, Tony. Es ist wichtig.«
Eine steile Falte bildete sich zwischen Tonys dunklen, ausdrucksvollen Augenbrauen. »Nele«, wiederholte er mit seinem schleppenden Akzent, »das deutsche Mädchen?« Es gab kaum jemanden an der Schule, den Tony nicht kannte, was in Anbetracht der überschaubaren Schülerzahl nicht verwunderte. »Hier?«
Jake machte eine ausschweifende Handbewegung.
Weitere Kostenlose Bücher