Herzklopfen - Down Under (German Edition)
den Garten zu tragen. »Die tun dir nichts«, hatte er versucht, die vor Grauen bebende Nele zu beruhigen. »Völlig harmlose Viecher.« Dass sie allerdings vortreffliche Sprünge machen konnten, hatte er sich verkniffen, zu erwähnen.
Nele machte in dieser Nacht kaum ein Auge zu, immer wieder knipste sie ihr Nachttischlämpchen an, um sich zu vergewissern, dass nicht noch ein weiterer ungebetener achtbeiniger Gast auftauchte. Zum Glück waren sämtliche Fenster und Türen, die nach draußen führten, mit einem Fliegengitterschutz versehen, sodass es selten passierte, dass sich Tiere nach drinnen verirrten.
»Ist vielleicht durch den Kamin geklettert«, mutmaßte Tara am nächsten Morgen. »Glaub mir, wir haben jedes Jahr lediglich zwei- oder dreimal solche Viecher bei uns im Haus, du brauchst wirklich keine …«
»Tara«, unterbrach Shirley mit strafendem Blick. »Lass es gut sein.« Sie legte eine Hand auf Neles Arm. »Keine Sorge. Das wird so schnell nicht wieder geschehen.«
Nele hatte beinahe mit dem Gedanken gespielt, die Flucht zu ergreifen und wieder nach Hause in ihren geliebten Schwarzwald zu fliegen. Doch dieser Vorfall war zum Glück bisher der einzige dieser Art geblieben, und Nele hatte sich wieder entspannt.
Zurück zu den Schlangen. »Sei mir nicht böse, Jake. Aber ich grusle mich vor den Viechern.«
»Kein Problem. Vergessen wir die Schlangen. Du kannst Kängurus, Wallabies, Wombats oder Emus die Pfote schütteln, wenn du magst.«
Ein ganzer Nachmittag mit Jake Stevens. Nele konnte nicht mehr aufhören zu grinsen. Nur sie und er, Hand in Hand über eine wildblumenübersäte Wiese schlendernd. Im Schatten eines knorrigen Eukalyptusbaums würden sie stehen bleiben, und dann – O Gott, allein bei dem Gedanken daran beschleunigte sich ihr Herzschlag – würde er mit einem Finger sanft ihr Kinn anheben, ihr tief in die Augen blicken und sie küssen. Sein Kuss würde zunächst zärtlich sein, unendlich sanft und gefühlvoll, sie würde sich sehnsüchtig an ihn schmiegen. Von Erregung überwältigt, würde er schließlich beide Hände um ihre Taille legen und ihren bebenden Körper hart gegen seinen Unterleib pressen, während sich seine warme Zunge an ihren Zähnen vorbei …
Taras herzhaftes Gelächter, das aus dem Wohnzimmer gegenüber zu ihr drang, riss Nele aus ihren Träumereien. Sie schob die Gedanken an den leidenschaftlichen Kuss beiseite. »Das klingt toll«, schrieb sie zurück. »Ich freue mich!«
»Prima. Wie wäre es, wenn ich euch so gegen zwei Uhr abhole?«
Moment. Nele rutschte näher an den Bildschirm heran. Hatte sie sich verlesen? Nein, da stand es eindeutig. Sie hakte nach. »Euch?«
»Tara und dich.«
Nele stutzte. Tara? Wollte er sie mitnehmen? Weshalb? Warum in aller Welt wollte er ihre Gastschwester dabeihaben? Nele runzelte die Stirn. Ihre eben noch so euphorische Stimmung zerplatzte wie eine schillernde Seifenblase. »Weiß Tara Bescheid?«
»Klar. Sie hat den Ausflug vorgeschlagen.«
Tara hatte was? Wie bitte kam Tara dazu, mit Jake einen Ausflug zu planen? Nele war nun vollends verwirrt.
»Wir sehen uns am Samstag, okay?«
Nele starrte ungläubig auf den Bildschirm. Die Buchstaben begannen vor ihren Augen zu tanzen. Ein schrecklicher Verdacht fing an, in ihr zu keimen. War Jake am Ende nicht an ihr, sondern an Tara interessiert? Nur, warum fragte er dann sie, ob sie Lust hatte, mitzukommen? Ein Dutzend ungeklärte Fragen stürmten gleichzeitig auf sie ein. Da lief doch etwas hinter ihrem Rücken, oder nicht? Sie verspürte den unbändigen Drang, herauszufinden, was Tara dazu zu sagen hatte. Jetzt. Sofort.
»Okay«, verabschiedete sie Jake. »Bis Samstag.«
»See you :)«
Neles gute Stimmung war dahin. Sie loggte sich aus und fuhr den Laptop herunter. Energisch rollte sie ihren Stuhl zurück.
*
Tara lachte laut auf. Diese durchgeknallte Zooey Deschanel hatte es echt drauf. Sie liebte diese Serie und war froh, das Wohnzimmer jetzt für sich allein zu haben. Zum Glück hatte sich Nele schon früh in ihr Zimmer verzogen. Im Moment machte ihre Anwesenheit sie nervös. Sie mochte ihre Gastschwester ja gut leiden, aber deren Schwärmerei für Jake ging ihr furchtbar auf die Nerven. Sie konnte es nicht mehr hören. Mum hatte sich vor ein paar Minuten ebenfalls zurückgezogen. Ihre Stickerei lag sorgfältig zusammengefaltet auf dem Nähtischchen neben ihrem Sessel. Während Tara auf den Abspann der Serie starrte und die letzten Kartoffelchips aus der
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